The Big Sick (2017) | Filmkritik

The Big Sick

Romantische Komödien sind ein Genre mit einer langen Geschichte aber einem fast ebenso schlechten Ruf. Viele Ableger sind einfache Romanverfilmungen, filmisches Malen nach Zahlen: uninspiriert und einfach. Manche Schauspieler fürchten sich in genau diesem Genre fest zu fahren und auf ewig in tragischen Liebesgeschichten gefangen zu sein.

Und dann ist da noch meist die abgehobene, unrealistische Erzählweise von Mr. Und Mrs. Right, mit der perfekten Beziehung mit dem perfekten Partner. Umso sympathischer ist es, dass ein Schicksal und eine Liebesgeschichte in der Realität so interessant und spannend ist, dass sie verfilmt wird.

Kumail (gespielt von sich selbst) ist ein junger pakistanischer Comedian in Chicago. Oft zwischen seinen religiösen, traditionellen Wurzeln und seinem eigentlich progressiven Lebensstil gefangen, sucht er nach seinem Weg im Leben. Seine hinduistische Kindheit hat großen Einfluss auf seine Karriere und seine Familie ist ihm enorm wichtig, dennoch ist er vielen alten Bräuchen abgelehnt und eckt an vielen Stellen mit seinen Eltern an.

Seine Karriere als Komiker oder sein Desinteresse an einer arrangierten Hochzeit ergeben eine immer größere Kluft zu seinem elterlichen Zuhause. Sein Cousin wird ihm immer wieder als negatives Beispiel vorgehalten. Er hatte sich für eine weiße Frau entschieden und damit gegen seine eigene Familie.

Eines Tages trifft Kumail auf Emily (Zoe Kazan), eine junge Studentin. Die beiden finden schnell Gefallen aneinander und nach anfänglichen Bindungsängsten scheint aus den beiden ein echtes Paar zu werden. Doch Kumail ist noch nicht bereit, seinen Eltern die Beziehung zu offenbaren und plötzlich wird Emily aufgrund einer Infektion auch noch in ein medizinisches Koma versetzt.

Auf einmal sieht sich der junge Pakistani völlig überwältigt. Seine Familie wendet sich gegen ihn, als sie die Wahrheit erfährt, seine Karriere fährt auf das Abstellgleis und die erste Begegnung mit Emilys Eltern Beth (Holly Hunter) und Terry (Ray Romano) neben deren bewusstloser Tochter könnte nicht unangenehmer sein.

Doch Kumail will nicht aufgeben. Er kämpft um seine Beziehung, seine Familie, gegen Emilys Eltern und versucht irgendwie sein eigenes Leben in den Griff zu bekommen.

Kumail Nanjianis Leinwanddebüt als er selbst ist urkomisch, tragisch und wunderschön zugleich. Der Zuschauer verliert sich genauso schnell in der wunderbar ehrlichen Beziehung zwischen dem jungen Comedian und seiner großen Liebe, wie in der lustigen Chemie seiner Familie. Auch wenn Nanjiani häufig etwas deplatziert in seiner eigenen Rolle wirkt, so wird man das Gefühl nicht los, als würde er mehr nach Erinnerung als nach Anweisung arbeiten.

Dies lässt den Film häufig noch sympathischer wirken, oft wirkt Kumails fehlende Erfahrung aber auch gegen ihn. Holly Hunter, Ray Romano, Zoe Kazan und seine ganze Familie spielen den doch recht jungen Darsteller gnadenlos an die Wand.

The Big Sick
Jetzt bei amazon.de bestellen!

Aber genau diese Unbeholfenheit macht den Hauptcharakter oft so sympathisch und real. Diese Erzählung ist keine 0815-Liebesgeschichte. Es ist eine voller Hindernisse und Schwierigkeiten, die der junge Kumail genauso unbeholfen verarbeitet wie es fast jeder tun würde. Der Zuschauer verliert sich eben deswegen in der Geschichte, eben weil sie so roh und nah ist.

The Big Sick erzählt die (fast) wahre Geschichte von Kumail Nanjiani und seiner Frau Emily V. Gordon. Eine Erzählung voller Höhen und Tiefen, eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Die Geschichte um die beiden Hauptdarsteller ist wunderschön und herzzerreißend zugleich, realistisch und gleichzeitig hochkomisch.

Wir alle finden uns mehr oder weniger in den Charakteren wieder, auch wenn ihre Geschichte freilich eine ganz eigene ist. Aber genau das macht diesen Film so sympathisch. Die Romanze zwischen Emily und Kumail scheint so simpel, so klar. Doch das Leben ist einfach nicht fair und keine Beziehung ist ohne Fehler.

Während sich jeder andere Film aber einen Konflikt aus dem Ärmel zaubert, wirkt das Wechselbad der Gefühle, durch welches der Zuschauer hier gezwungen wird, real und irgendwie bekannt. Kein Streit wirkt erzwungen oder unrealistisch, keine Tat wirkt schwer nachvollziehbar. Wir fühlen und leiden mit den Protagonisten und wir freuen uns mit ihnen.

The Big Sick ist keine einfache romantische Komödie. Er erzählt eine größere Geschichte rund um die Herausforderungen, die uns das Leben entgegen wirft, bleibt aber dabei so realitätsnah wie kaum ein Film in diesem Genre. Der Film ist romantisch aber nie romantisiert und neben der tragisch-schönen Geschichte rund um das Paar Emily und Kumail einfach unheimlich lustig.

Trailer

Cast & Crew

Regie: Michael Showalter
Drehbuch: Emily V. Gordon, Kumail Nanjiani
Musik: Michael Andrews
Darsteller: Kumail Nanjiani, Zoe Kazan, Holly Hunter, Ray Romano, Anupam Kher

Bewertung

Ähnliche Beiträge

Megalopolis (2024) | Filmkritik

Tanz der Vampire (1967) | Filmkritik

Rosemaries Baby (1968) | Filmkritik