Die Verführten (2017) | Filmkritik

Die Verführten

Ein Mädcheninternat im Amerikanischen Bürgerkrieg, sieben Frauen und ein feindlicher Soldat mit einer Menge Sexappeal – das schreit nach Ärger. Sofia Coppola bringt mit Die Verführten (Originaltitel: The Beguiled), dem Remake des Klassikers Betrogen mit Clint Eastwood aus dem Jahr 1971, die gefährliche Geschichte von Verlangen und Betrug erneut auf die Kinoleinwand.

Die Handlung spiel in Virginia im Jahre 1864: Seit drei Jahren tobt der Amerikanische Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südstaaten und wendet sich langsam zugunsten des Nordens. Im Mädcheninternat von Schulleiterin Martha Farnsworth (Nicole Kidman), einem verwitterten Landhaus inmitten eines Gartens, sind mittlerweile nur noch fünf Schülerinnen verblieben: Alicia (Elle Fanning), die älteste und Rebellischste unter ihnen, Amy (Oona Laurence), Jane (Angourie Rice), Marie (Addison Riecke) und Emily (Emma Howard). Von Miss Farnsworth und der einzigen Lehrerin Edwina Dabney (Kirsten Dunst) unterrichtet, führen die Mädchen ein ruhiges und wenig spektakuläres Leben.

Als die zwölfjährige Amy beim Pilze sammeln einen schwerverletzten Mann findet und ihn in das Internat bringt, ist es um den Frieden im Haus geschehen. Der Mann ist der Nordstaaten-Offizier John McBurney (Colin Farrell). Zwar will Miss Martha nichts mit verfeindeten Soldaten zu tun haben, dennoch entscheidet sie sich, ihn erst einmal gesund zu pflegen. Schnell stellt sich heraus, dass sich alle Frauen zu John hingezogen fühlen. Das behütete Leben im Pensionat gerät durch seine Anwesenheit mächtig durcheinander, denn auch ihm geht es nicht anders, nur vermag er sich nicht so ganz für eine der Frauen entscheiden.

Anders als die Soldaten, die ab und zu am Gartentor des Pensionats auftauchen, um nach dem Rechten zu sehen und den Frauen ihre Hilfe anzubieten, geht von John ein ganz besonderer Reiz aus – das Verbotene, nicht Gekannte erhielt Einzug ins Haus, in dem die Frauen bisher abgeschottet von den Grausamkeiten des Krieges lebten. Aus christlicher Barmherzigkeit gestattet Miss Martha seine Aufnahme und übernimmt die Behandlung seiner Beinverletzung.

Als sie seinen ansehnlichen Oberkörper abtupft und ihr ein erster schwerer Seufzer entfährt, ist ihre Lust geweckt und die von Edwina und Alicia folgt. Abwechselnd statten sie dem Verwundeten in seinem Krankenzimmer Besuche ab und John ist sich sehr bewusst, dass er durch seine Zuneigung zu jeder Einzelnen einen Wettkampf um seine Gunst entfacht.

Die Verführten ist die Neuverfilmung des Stoffes, der ursprünglich dem Roman A Painted Devil von Thomas P. Cullinan entstammt und 1971 bereits von Regisseur Don Siegel (Dirty Harry) unter dem Titel Betrogen verfilmt wurde.

Seine Premiere hatte Die Verführten auf den 70. Filmfestspielen in Cannes 2017, wo er im offiziellen Wettbewerb um den Preis der goldenen Palme aufgeführt wurde und wieder einmal zeigt, dass Oscar Preisträgerin Sofia Coppola den Einsatz filmischer Stilmittel wie keine andere beherrscht. Mit den von Kameramann Philippe Le Sour (The Grandmaster) eingefangenen Bildern des bedrohlichen Waldes und des geisterhaften Internats gepaart mit wunderschönen Kostümen und sehnsuchtsvollen Blicken der Frauen kreiert sie einen Film, der den Zuschauer allein optisch in seinen Bann zieht.

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Trotz optischer Opulenz fehlt es dem Film, so wie vielen Vertretern von Sofia Coppola, an Erzähltempo. Denn der männliche Protagonist ist hier keinesfalls der verwegene und intrigante Macho Clint Eastwood, der die Frauen in Betrogen bewusst ausnutzt und gegeneinander ausspielt. Colin Farrell wird hier schnell die Rolle des devoten Schönling zuteil, welcher der Macht der Frauen hoffnungslos unterlegen ist. Von Beginn an ist er angewiesen auf das Wohlwollen Miss Marthas. Und gerade sie fällt folgenreiche Entscheidungen, die schließlich in einer Eskalation enden, gepaart mit jeder Menge schwarzem Humor.

Sofia Coppola nimmt der männlichen Hauptperson die ursprünglich vorgesehene Dominanz und ersetzt diese durch geballte Frauenpower. Damit reiht sich Die Verführten wunderbar in ihr Gesamtwerk ein, das die weiblichen Heldinnen in den Vordergrund stellt und die männlichen Vertreter zu kleinlauten Wichten schrumpfen lässt. Hier liefert Coppola, die für Lost In Translation mit dem Drehbuch-Oscar ausgezeichnet wurde, ein zeitgemäßes feministisches Pendant zum chauvinistischen Kino aus den 1970er Jahren.

Mit einem exzellent besetzten Cast präsentiert sie verschiedene Facetten des Begehrens. Zu sehen ist erneut Kirsten Dunsts, die 1999 bereits die Lux in The Virgin Suicides sowie 2006 die kindliche Königin in Marie Antoinette spielte. Ebenso wie Elle Fanning verleiht sie ihrem Charakter eine gekonnte Spannung zwischen Sehnsucht, Überlegenheit und Sinnlichkeit. Nicole Kidman mimt die Vernunft, die stets versucht den kühlen Kopf zu bewahren, trotz aufkeimender Lust.

Die Verführten ist ein Film über Verlangen und Macht, der zwar langsam in Fahrt kommt, aber optisch beeindruckt sowie schlussendlich mit rabenschwarzem Humor und Frauenpower punktet, die den männliche Protagonisten zum „Verführten machen“.

Cast & Crew

Regie: Sofia Coppola
Drehbuch: Sofia Coppola
Musik: Phoenix
Darsteller: Colin Farrell, Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Elle Fanning, Angourie Rice, Oona Laurence

Bewertung

Trailer

Informationen
Die Verführten | 29. Juni 2017 (Deutschland) 6.3

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