Blut ist dicker als Wasser! Das muss Mirko Talhammer (Lucas Gregorowicz) bald am eigenen Leib erfahren. Der schnöselige Versicherungskaufmann wird nämlich mit seiner Vergangenheit und seiner Familie konfrontiert. Als zwei schräge Raufbolde beschließen, ihn kurzerhand aus der Großstadt zu entführen und beim Schrottplatz des Vaters abzuliefern, wird der eitle Herr buchstäblich aus dem eigenen Leben und seiner Wohlfühlwelt gerissen.
Der Schrottplatz ist nämlich alter Familienbesitz. Doch jetzt, wo der alte Herr tot ist, dreht sich die Frage nun darum, wie es mit dem rumpeligen Altmetall weitergehen soll.
Unter den kritischen Augen des Bruders Letscho (Frederick Lau) sieht sich Mirko das Erbe genauer an. Dies kommt natürlich zur rechten Zeit, denn Mirko hat Schulden. Gewaltige Schulden. Der Verkauf des maroden Unternehmens an Konkurrent Kercher (Jan-Gregor Kremp) könnte dem gescheiterten Versicherungskaufmann wieder auf die Beine helfen. Doch Bruder Letscho hat gewaltig was dagegen, genau so wie alle, die mit auf diesem Schrottplatz arbeiten und leben. So setzt es anfangs für den fremden Neuankömmling reichlich Prügel.
Doch schnell ist die Lösung gefunden: Ein Zugraub! Genauer gesagt der Raub eines Wagons, der bis oben hin voll mit wertvollem Kupfer ist. Allein der Erlös könnte sämtliche Sorgen für immer aus der Welt schaffen. Doch können sich die beiden ungleichen Brüder überhaupt auf die selbe Seite schlagen? Und was passiert, wenn die Gaunerei herauskommt?
Hier prallen wahrlich zwei Welten aufeinander, wenn der piekfeine, studierte Mirko auf den chaotischen und einfach gestrickten Letscho trifft. Von Ikeamöbeln zum Schrotthandel ist eine Reise, die aus dem hochnäsigen, verlorenen Sohn einen bodenständigen Geschäftsmann schmieden könnte. Mit reichlich Komik und vielen kultigen Typen wird Schrotten! zu einem wahren Gaunerstück, dass gut unterhält und dem Zuschauer das Gefühl vermittelt, Teil einer eingeschworenen Familienbande zu sein.
Denn der Schrottplatz schweißt die Gemeinschaft von allerlei kauzigen Gesellen zusammen. Und mitten unter ihnen die hübsche Luzi (Anna Bederke), die vom Hamburger Großstädter anfangs überhaupt nicht angetan ist. Doch im späteren Verlauf natürlich Gefallen an dem verlorenen Bruder findet.
So wird nicht nur ein Familienfilm über zwei unterschiedliche Brüder erzählt und eine Romanze vorbereitet, sondern auch noch ein Eisenbahnraub inszeniert, der für allerlei Spaß und Chaos sorgt.
Fernab von Weltkriegsdramen, kriminellen Lehrern und schlecht genähten Plüschtieren zeigt das deutsche Kino abseits von Schweiger und Schweighöfer, dass es noch mehr zu sehen gibt. Dabei ist Schrotten! tatsächlich wie ein echter Schrottplatz: Unter all dem nutzlosen Tand findet sich manchmal doch noch etwas wertvolles. Und so vergehen die 96 Minuten recht kurzweilig und gut gelaunt, ohne große Überraschungen und Durststrecken.Regisseur Max Zähle (Raju) vereint einen großartigen Reigen an Schauspielern und schafft es, die komplette Handlung fast ausschließlich an einem Schauplatz spielen zu lassen. Die raubeinigen und schmutzigen Gesellen gehen gutmütig ihren Gaunereien nach und präsentieren sich in bester Robin-Hood-Manier gegen den skrupellosen Konkurrenten Kercher, dem man den finanziellen Ruin förmlich wünscht. Quasi ein Aufschrei gegen Monopolisierung und Verdrängung der kleinen Unternehmen, wo noch jeder jeden kennt.
Zwar fehlt es hier und da etwas an Originalität, doch bleiben sich die Figuren stets treu, ohne dass es am Ende zu einer kitschigen Verwandlung zu Gunsten eines Happy Ends kommen müsste. Gerade für Kenner des deutschen Kinos durchaus ein Blick wert, wenn man von amerikanischen Sex-Witzchen und Kifferkomödien den Kanal voll hat.
Lucas Gregorowicz (Goldene Zeiten) mimt perfekt den eitlen Großstädter, der anfangs für Geld einfach alles tut. Die Chemie zu Filmbruder Frederick Lau (Das kalte Herz) scheint gut zu funktionieren. So gegensätzlich die beiden zu sein scheinen, so vertraut geht es in den letzten Schlussminuten zu. Und wenn die Schrottplatzbewohner voller Argwohn bestaunen, wie Mirko sein Frühstück mit Toast und Ei zelebriert, dann kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dass Geld nicht alles ist, lernt man sowieso und auch sonst wird man mit gutem Gefühl aus dem Film gelassen. Sehr schön!
Insgesamt ein recht ansehnlicher Film, den man ohne Zögern empfehlen kann. Es muss ja nicht immer Hollywood sein.
Regie: Max Zähle
Drehbuch: Oliver Keidel, Johanna Pfaff, Max Zähle
Musik: Daniel Hoffknecht, Gary Marlowe
Darsteller: Lucas Gregorowicz, Frederick Lau, Anna Bederke, Heiko Pinkowski, Lars Rudolph, Jan-Gregor Kremp, Alexander Scheer
Bildrechte: Lighthouse Home Entertainment