The Shallows (2016) | Filmkritik

Haie kann man wahrscheinlich neben Spinnen, Clowns und Schlangen zu den allgemein größten Ängsten vieler Menschen zählen. Seit Spielbergs Der weiße Hai (1975) hat sich die Beziehung zu den Tieren vor allem auch auf der großen Leinwand verschlechtert. Trotzdem sind klassische Hai-Filme wie Spielbergs Klassiker über den weißen Hai, Open Water (2003) oder Deep Blue Sea (1999) im Kino quasi nicht mehr vorhanden.

Stattdessen ist der König der Meere in B-Movies und Trashfilmen wie Sharknado (2013), Dinoshark (2010) oder Megashark vs. Giant Octopus (2009) gefangen. Jaume Collet-Serra versucht mit The Shallows: Gefahr aus der Tiefe einem totgeglaubten Genre wieder Leben einzuhauchen aber irgendwie schafft es der Film nie auf einen richtigen Nenner.

The Shallows erzählt die Geschichte von Nancy (Blake Lively), die mit ihrer Freundin Urlaub in Mexiko macht. Als Hobbysurferin steht vor allem ein geheimer, ominöser Strand, der ein perfekter Ort für das Wellenreiten scheint, ganz oben auf ihrer Liste. Auch wenn ihre Freundin sie im Stich lässt, gibt Nancy nicht auf und macht sich schnurstracks alleine auf den Weg, den geheimen Ort zu erkunden.

Die Beziehung zu ihrer Freundin und eigentlichen Partnerin für das Abenteuer ist absolut irrelevant für die Geschichte und ist quasi reduziert auf eine Form der Exposition, um den Hauptcharakter als selbstständig darzustellen. Dass Nancy den Trip auch einfach alleine hätte machen können, scheint irgendwie logischer. Aber wie bei zahlreichen Stellen in diesem Film muss einfach dringend alles haargenau erklärt werden, was den Hauptcharakter definiert anstatt den Zuschauer einfach eins und eins selbst zusammenzählen zu lassen.

Als sie nach einer Fahrt durch den tiefsten Dschungel endlich an ihrem ersehnten Ziel ankommt, scheint alles schöner als wahr zu sein. Doch was wie eine absolute Idylle wirkt, entpuppt sich bald als Alptraum für die junge Amerikanerin. Nachdem die Geschichte eingeleitet und der Drehort vorgestellt ist, geht der Film auch relativ schnell zur Sache, denn Nancy verschwendet keine Zeit und wirft sich sofort in die brechenden Wellen.

Nach einem kurzen Treffen mit anderen Surfern ist die Texanerin plötzlich alleine an dem nun ausgestorbenen, wenn auch wunderschönen Strand. Als Nancy einen Gestank bemerkt, erkennt sie in der Ferne einen verstorbenen und verrottenden Wal und schon bald merkt sie auch, dass sie nicht die erste ist, die von dem Geruch des Tieres angelockt wurde. Als Nancy aus Versehen zwischen einen Hai und seiner vermeintlichen Beute, dem Wal, kommt, beginnt ein Kampf ums Überleben.

Wer bei dem Aufeinandertreffen von Mensch und Hai ein schnelles Ende vermutet, ist in einem Haifilm natürlich etwas falsch aufgehoben. Denn statt kurzem Prozess mit der blonden Surferin zu machen, beginnt plötzlich eine Schlacht, in der die Protagonistin eher wie eine Mischung aus MacGyver und John McClane (Stirb Langsam) wirkt. So findet die fixe Amerikanerin immer wieder Wege den Hai zu überlisten oder sich selbst gekonnt zu verteidigen. Diese Ideen variieren jedoch von „eventuell möglich“ bis „absolut hirnrissig“ und lassen den in seinen großen Momenten so übermächtig wirkenden Hai immer wieder wie einen tollpatschigen Idioten aussehen. Klar kann man bei einem Kampf zwischen Mensch und Fisch nicht viel Realismus erwarten, aber die Herangehensweise des Raubtieres ist bei Zeiten einfach nur dumm.

Blake Lively (Gossip Girl, Green Lantern) macht ihren Job gut. Egal wie trashig die Szene ist, die gerade auf der Leinwand abgespielt wird, die Schauspielerin bleibt absolut überzeugend. Auch der Hai selbst ist auf technischer Seite einfach grandios. Vor allem wenn der Film eben nicht den Hai in seiner vollen Größe präsentiert, sondern im Hintergrund lässt, kommt das Tier seinem echten Ebenbild in nichts zu kurz. Genau durch diese großartigen Animationen und die allgemein schön eingefangenen Bilder der Wellen und des Strandes machen den Film zu Beginn wirklich spannend wie wunderschön zugleich. Die Action ist das, was den Film schließlich aus der Bahn wirft und sich der Hai vom zielorientierten Raubtier zum wahllosen Mörder entwickelt. Statt einem spannenden Katz und Maus-Spiel verfällt der Film immer wieder in ein blutiges Spektakel.

Der Titel beschreibt den Film an sich ganz gut. Denn seicht ist die Geschichte, die hier erzählt wird allemal. Die Hintergrundgeschichte von Nancy ist so klischeebehaftet und banal, dass sie mit weniger als fünf Worten zusammengefasst werden könnte. Auch die Anzahl an Menschen in diesem Film an sich ist tatsächlich so gering, dass man sie an einer Hand abzählen kann. Doch das ist auch nicht schlimm, denn Nancy und der Hai sind die einzigen beiden wichtigen Spieler in diesem Schachspiel, das leider einfach nicht so clever ist, wie es sein könnte.

Wer sich in dem Genre schon lange nicht mehr richtig versorgt fühlt und dringend einen neuen Actionfilm mit Haien sehen möchte, welcher zur Abwechslung mal nicht von den Asylum-Studios kommt, der ist mit The Shallows gut bedient. Ein überdurchschnittlicher Film ist das neue Werk von Jaume Collet-Serra (Unknown Identity, Non-Stop) jedoch leider nicht. Aber wer in Zukunft einen Filmabend voll mit Jaume Collet-Serra-Filmen und seiner Muse Liam Neeson plant, könnte durchaus überlegen The Shallows mal mit in den Mix zu werfen.

Cast & Crew

Regie: Jaume Collet-Serra
Drehbuch: Anthony Jaswinski
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Blake Lively, Óscar Jaenada, Brett Cullen

Bewertung

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