Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln (2016) | Filmkritik

Sechs Jahre nach dem Sensationserfolg Alice im Wunderland (2010) erwacht die magische Welt, in der man mit Flamingos Croquet spielt oder Kaninchen auf Teeparties trifft, erneut auf der Kinoleinwand zum Leben.

Alice Kingsleigh (Mia Wasikowska) hat die letzten drei Jahre seit ihrem Ausflug ins Wunderland damit verbracht, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten und die sieben Weltmeere zu besegeln. Als sie jedoch nach London zurückkehrt muss sie feststellen, dass sich die traditionellen Ansichten über die Rolle der Frau in der Gesellschaft nicht geändert haben und eine Zukunft nach ihren Vorstellungen nicht möglich scheint. Während eines Empfangs trifft Alice auf die ehemalige Raupe Absolem (Alan Rickman), die sich zu einem prächtigen Monarchfalter entwickelt hat. Dieser führt Alice zu einem magischen Spiegel, durch den sie zurück in das Reich von Unterland gelangt.

Dort trifft sie ihre alten Freunde wieder: das weiße Kaninchen (Michael Sheen), die Grinsekatze (Stephen Fry), die Haselmaus (Barbara Windsor), den Märzhasen (Paul Whitehouse), Diedeldum und Diedeldei (Matt Lucas) und die weiße Königin Mirana (Anne Hathaway).

Doch die Stimmung ist betrübt, denn der verrückte Hutmacher (Johnny Depp) ist nicht mehr er selbst und droht vor Trauer um seine Familie zu sterben. Um ihn vor dem Tod zu bewahren, macht sich Alice auf den Weg zur personifizierten Zeit (Sacha Baron Cohen) selbst. Mit Hilfe der Chronosphäre, einer Kugel, von der alle Zeit ausgeht, will Alice in die Vergangenheit reisen und die Familie des Hutmachers retten. Hier beginnt für sie selbst ein riskanter Wettlauf gegen die Zeit.

Die Geschichten um Alice und ihre Reise ins Wunderland faszinieren schon seit über 150 Jahren. Nachdem Lewis Carroll den Roman Alice im Wunderland im Jahr 1865 veröffentlichte, folgte sechs Jahre später die Fortsetzung Alice hinter den Spiegeln. Sechs Jahre liegen nun auch zwischen den beiden Disney-Produktionen, in denen Alice als junge Frau erneut den Weg ins Unterland findet. Dabei ist Alice im Wunderland 2: Hinter den Spiegeln (Originaltitel: Alice Through the Looking Glass) keine Adaption des zweiten Romans. Nur lose auf der Buchvorlage basierend, ist sie mehr eine Fortsetzung von Tim Burtons 3D Neuinterpretation aus dem Jahre 2010. Das Drehbuch stammt erneut von Linda Woolverton (Maleficent – Die dunkle Fee), welche Alice diesmal auf eine abenteuerliche Zeitreise schickt.

Sämtliche Stars aus der Version von 2010 sind wieder auf der Leinwand vereint. Unter ihnen auch Helena Bonham Carter als die Rote Königin Iracebeth. Zu den altbekannten Darstellern gesellen sich Rhys Ifans (Notting Hill) als Vater des verrückten Hutmachers und Sascha Baron Cohen (Borat) als die Zeit selbst. Matt Vogel (The Muppets) spricht die Rolle des Wilkins, die rechte Hand der Zeit.

Die sechs Jahre Pause zwischen den beiden Filmen bringen so einige Veränderungen mit sich. So ist Tim Burton bei Alice im Wunderland 2 lediglich als Produzent tätig und überließ seinen Platz auf dem Regiestuhl dem Die Muppets (2011)-Regisseur James Bobin. Der britische Filmemacher nahm die Herausforderung an, die von Tim Burton geschaffene Fantasiewelt weiterzuerzählen, und setzte ihr seinen eigenen Stempel auf. Die verstrichenen Jahre Entwicklung in der Filmtechnik bleiben dabei nicht unbemerkt. Die magische Welt hinter den Spiegeln ist noch praller gefüllt mit imposanten Bildern, noch beeindruckender in der Farbgestaltung und Kreativität, die 3D Technik visuell noch ausgereifter und detaillierter. So betritt Alice auf riesigen Uhrzeigern das Zentrum aller Zeit, wo alle Uhren der Lebenden ihr letztes Stündlein schlagen. Zudem fliegt sie durch ein gewaltiges Meer aus Erinnerungen mit meterhohen Wellen als Stationen der Vergangenheit ihrer Freunde.

In diesen erleben die Zuschauer wichtige Momente im Leben der Charaktere und erfahren, was es mit dem riesigen Kopf und der Boshaftigkeit der Roten Königin auf sich hat (und inwiefern die weiße König daran nicht unschuldig ist) oder weshalb der verrückte Hutmacher immer verrückter wurde. Das Wunderland selbst verliert etwas an altbekannter Skurrilität, wird aber umso kinderfreundlicher, da diesmal weder Drachen ihr Augenlicht oder Leben lassen müssen noch Hauptpersonen geköpft werden sollen.

Das Hauptthema der Zeit wird in Alice im Wunderland 2 in oft gesehener Manier aufgegriffen und mündet in der vorhersehbaren Erkenntnis, dass man die Vergangenheit nicht ändern kann. Und so sehr Alice die Zeit davonzulaufen droht, so sehr wird man auch als Zuschauer durch die einzelnen Etappen der Vergangenheit gehetzt. Der Fokus liegt dabei deutlich auf der Geschichte des Hutmachers und der beiden Königinnen, die Rollen der kleinen Freunde kommen daher zu kurz. So wirken der Märzhase, Haselmaus und Grinsekatze nur wie nettes Beiwerk. Ein weiteres Hauptaugenmerk liegt auf der Darstellung der personifizierten Zeit, der von Sasha Baron Cohan amüsant gespielte inkompetente Wächter aller Minuten und Sekunden, in dessen Händen sich wirklich niemand die Zeit wünscht.

Mit musikalischer Untermalung von Grammy-Gewinner Danny Elfman (Charlie und die Schokoladenfabrik) ist Alice im Wunderland 2 eine visuell und auditiv stimmige Geschichte, die trotz vorhersehbarer Handlung voller Detailverliebtheit und der Spannung steckt, ob Alice durch die Reise in die Vergangenheit die Zukunft ihres Freundes, dem Hutmacher, ändern kann.

In Alice im Wunderland 2: Hinter den Spiegeln versammelt sich erneut der bekannte hochkarätige Cast vor einer fantasievollen Kinokulisse und taucht zusammen mit Alice in die Bedeutung der Zeit ein. Bobin schuf einen familienfreundlichen Spaß, in dem das letzte Stündlein der beliebten Figuren aus Lewis Carrolls Abenteuern noch lange nicht geschlagen hat.

Bewertung

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Informationen
Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln | 26. Mai 2016 (Deutschland) 6.1

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