The First Avenger: Civil War (2016) | Filmkritik

The First Avenger: Civil War

Der Superheldenfilm-Hypetrain ist weiterhin in voller Fahrt. Dieses Jahr dürfen sich sich die Zuschauer, nach dem Riesenerfolg von Deadpool, auf die neuen (Anti-)Helden aus Suicide Squad und Doctor Strange freuen, auch die klassischen und altbewährten Gesichter haben erneut ihren Auftritt. Nachdem sich Regisseur Zack Snyder bereits mit Batman v Superman: Dawn of Justice an einem der wohl größten und am meisten erwarteten Showdowns versuchte, so schickt nun auch Marvel ohne großes Zögern seine Zugpferde wieder ins Rennen.

Doch während sich die altbekannten DC-Anzugträger mit nur mittelmäßigen Reaktionen zufrieden geben mussten, hofft das Disney-Imperium, nach dem Mega-Erfolg von Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht, wieder einen draufsetzen zu können. Dieses Mal heißt es aber nicht; „das Böse gegen das Gute“ oder „die helle gegen die dunkle Seite“. The First Avenger: Civil War spielt nur so mit Grauzonen und lässt dem Zuschauer die Wahl auf welcher Seite er schlussendlich steht. Der patriotische Gutmensch Captain America oder der selbstsichere Held in eigener Sache, Iron Man?

Unabhängig von der ohnehin unfassbar bescheuerten Übersetzung der gesamten Captain America-Reihe im deutschsprachigen Raum, kann der Titel des Filmes durchaus irreführend wirken. Dieser Film dreht sich nicht nur um die Geschichte von Steve Rogers und seine Abenteuer. Vielmehr ist er, wie auch schon The First Avenger: Winter Soldier, eine Art Bindeglied zwischen den „wahren“ Avengers-Filmen. Selbstverständlich steht der Captain im Vordergrund der Geschichte und auch die Gegenspieler, die der Film bietet, stammen eher aus den Riegen der Anti-Cap Fraktion. Dennoch bekommt jeder Avenger in diesem Film seine Zeit auf der Leinwand und egal ob man nun ein Fan von Iron Man, Captain America oder gar dem debütierenden Black Panther ist, man darf sich auf reichlich Auftritte seiner Lieblingshelden freuen. Lediglich die mittlerweile eher zweite Riege der Gemeinschaft, sei es nun Hawkeye, Falcon oder Black Widow, spielen eher eine hintergründige Rolle als ebenbürtige Mitspieler zu sein. Dies ist aber nach den Vorgängern bestimmt keine neue Entwicklung und spätestens in den massiveren Kampfszenen bekommt jede Figur seinen eigenen, gebührend großen Auftritt.

Wer nach Marvel’s The Avengers 2: Age of Ultron dachte, man hätte nun ein ordentliches Sammelsurium an Superhelden im Marvel Cinematic Universe, wird in diesem Film erneut eines Besseren belehrt. The First Avenger: Civil War wirft mit Black Panther und Spider-Man zwei weitere, neue Spieler mit ins Feld, die eben dieses nochmal richtig von hinten aufrollen. Beide Charaktere finden ihren eigenen Platz in dem Universum und wirken weder aufgesetzt, noch unnötig. Black Panther spielt eine wichtige Rolle im ausschlaggebenden Konflikt, welcher das Team der Avengers schlussendlich auseinander reißt und auch wenn die Figur des Spider-Man so schnell ins Geschehen geworfen wird, wie es mit jedem anderen Helden unmöglich gewesen wäre, so ist dies für jeden Zuschauer, der nicht die letzten 15 Jahre hinter dem Mond verbracht hat, eine durchaus willkommene Abwechslung. Keine unnötige Zeit wird an Erklärungen oder Hintergrundgeschichten verloren, sondern man kommt schnell und knackig auf den Punkt.

The First Avenger: Civil War macht vieles besser als Batman v Superman. Nicht weil es zwingend ein viel besserer Film ist, sondern weil es als Bindeglied einer ganzen Reihe von Filmen so unglaublich viel besser funktioniert als sein DC-Konkurrent, welcher den Beginn eines neuen Universums einläuten sollte. Niemand weiß ob Batman v Superman nach mehreren Batman-Filmen, einer früheren Geschichte rund um Wonder Woman und mehreren Erzählungen rund um die Justice League besser funktioniert hätte. Doch es ist genau das, was Marvel in den letzten Jahren einfach richtig gemacht hat und ihnen weiterhin den Erfolg sichert. Der neue Ableger der Captain America-Reihe versucht nicht fünf Superhelden, drei Superschurken und vier Comicbücher zu erzählen. Vielmehr baut er auf all das auf, was der Zuschauer kennt und baut aus all diesen Elementen ein neues Gerüst, welches darauf setzt, dass der Zuschauer bereits weiß wie dieses Universum strukturiert ist. Als Zuschauer ist man natürlich etwas verwirrt, wenn The First Avenger: Civil War völlig unvorbereitet sieht, doch ist es um einiges wahrscheinlicher, dass man sich selbst als gelegentlicher Kinogänger mal in einen Marvel Film verirrt hat und damit bereits einige der Charaktere wiedererkennt.

Die Russo-Brüder schaffen es nach The First Avenger: Winter Soldier ein weiteres Mal einen der stärkeren Marvel Filme abzuliefern. Während sich der zuvor genannte Film eher als Polit-Thriller mit seinen gelungenen Wendungen auszeichnen konnte, so ist Civil War ein Aufeinandertreffen von Gewalten, welche gar nicht so einfach zu beherrschen sind. Doch trotz der Menge an Charakteren und Fähigkeiten ist der Film ein rundes Erlebnis mit wunderschönen Choreographien, spannenden Kampfszenen und auch so mancher Wendung. Zwar sind diese bei Zeiten meilenweit vorauszusehen, doch funktionieren sie durch gute Eibettung in der Geschichte und drehen immer wieder den wahren Konflikt der Superhelden in unterschiedliche Richtungen.

Einzig die Präsentation einiger Storytwists wirkt altbacken und aufgesetzt, so dass sich der Zuschauer entweder in seiner Intelligenz angegriffen oder zumindest zu sehr an die Hand genommen fühlt. Die Kampfsequenzen hingegen bilden nicht nur den Dreh- und Angelpunkt der gesamten Geschichte, sondern wirken wunderbar durchdacht und vielseitig. Kein Charakter kommt zu kurz oder wird von seinem Kontrahenten in Grund und Boden gestampft, sondern liefert sich ein ebenbürtiges Kräftemessen. Diese unterschiedlichen Perspektiven zwischen verhältnismäßig gleichstarken Helden halten das Geschehen immer wieder frisch und die zahlreichen Helden bieten eine Unmenge an interessanten Auseinandersetzungen.

An der Schauspielerfront ist der Film wie gewohnt ein absolutes Brett, Chris Evans (Snowpiercer) spielt einen grandiosen Captain, Robert Downey Jr. (Sherlock Holmes) verkörpert weiterhin die Rolle seines Lebens und auch der Rest der Avengers bietet eine durchaus beachtliche Leistung. Sebastian Stan (Der Marsianer) zeigt in seinem zweiten großen Auftritt als Winter Soldier ein weiteres Mal einen spannenden, ebenbürtigen Antihelden und auch Newcomer Chadwick Boseman (42 – Die wahre Geschichte einer Sportlegende) macht als Black Panther eine gute Figur. Tom Holland (Im Herzen der See) hat wohl in seiner Rolle als Spider-Man eine der undankbarsten Aufgaben, da speziell diese Figur aufgrund seiner zahlreichen Darstellungen bereits eine eingefleischte und überzeugte Fanbasis aufweisen kann. So könnte speziell dieser Charakter, wenn auch erschreckend Comicgetreu und schön in das Universum eingebunden, wahrscheinlich einigen Zuschauern schnell auf die Nerven gehen.

The First Avenger: Civil War steht seinem direkten DC-Kontrahenten in punkto Simplifizierung der Konflikte jedoch in Nichts nach. Die Beziehung zwischen Steve Rogers und Tony Stark, die ohnehin in allen vorherigen Filmen mehr als angespannt war, wirkt bei Zeiten so aufgesetzt erhitzt, dass man sich durchweg die Frage stellt, wie die Beiden jemals gemeinsam in einem Team funktioniert haben. Stark, der sonst nur als Held in eigener Sache und absoluter Egomane dargestellt wird, ist plötzlich von einem Erlebnis bekehrt, welches banaler nicht hätte ausfallen können. Und auch die Wege der restlichen Avengers und ihre Seitenwahl beim auftretenden Konflikt wirken absolut haarsträubend. Einige Figuren agieren plötzlich nur noch als hirnlose Bauern, deren Seite durch vorherige Beziehungen vorbestimmt scheint, anstatt eigene Interessen zu verfolgen oder gegebene Tatsachen zu hinterfragen.

Leider fallen einige Charaktere, durch den Fokus auf den direkten Konflikt zwischen Captain America und Iron Man, zu sehr in den Hintergrund. Gewisse Figuren werden sogar speziell und ausschließlich für eine Kampfszene im Film vorgestellt, um danach sang- und klanglos wieder zu verschwinden. Freilich ist dieser Film kein Avengers 3, aber dennoch wurde hier die Kerngeschichte der Comics, zwei erbitterte und überzeugte Fraktionen zu kreieren, weit in den Hintergrund geworfen, um die direkte Auseinandersetzung zwischen Rogers und Stark immer an vorderster Front zu halten. Interessant zu sehen ist jedoch, wie nah die Russo-Brüder mit diesem Film dennoch der erfolgreichen Marvelformel kommen. Im Vergleich zum Vorgänger zeigt Civil War ähnlich der Avengers-Filme einiges mehr an Humor und lässt die seriösen, ernsten Aspekte etwas stärker hinter sich.

So gut der neueste Ableger des Marvel-Universums auch ist, so ist er nicht frei von Fehlern. Dennoch zeigen die Regisseur-Brüder ein weiteres Mal ein gutes Händchen für Hau-drauf-Action mit einer interessanten Hintergrundgeschichte. Natürlich sind die üblichen Kritikpunkte vieler Comic-Verfilmungen auch dieses Mal wieder durchaus präsent. Viele Helden wirken einfach unkaputtbar und die Geschichte steht weit, weit, weit hinter der Action des Films und ist bei Zeiten einfach nur Füllmaterial bevor ein weiteres Mal die Fäuste fliegen.

Doch wer die bisherigen Marvel kennt und mag wird sich auch hier ein weiteres Mal gut unterhalten wissen. The First Avenger: Civil War erfindet das Rad nicht neu, es fährt das Rad nicht mal besonders weit, sondern scheint es viel mehr nach den Ereignissen aus The Avengers 2: Age of Ultron einfach ausrollen zu lassen. Wer aber dennoch auf dem Laufenden bleiben möchte wie es mit den Avengers weitergeht und wer sich mal wieder mit einem Regen aus CGI berieseln lassen möchte, für den ist die neueste Auskopplung aus dem Marvel-Universum genau das Richtige.

Handlung:

Fotos


alle Bilder >>

Ähnliche Beiträge

D23 Fan-Event in Brasilien: Neuer Trailer zu „Captain America: Brave New World“

Hagen (2024) | Filmkritik

Neuer Trailer zu „Red One – Alarmstufe Weihnachten“ mit Dwayne Johnson