13 Hours – The Secret Soldiers of Benghazi (2016) | Filmkritik

Eine dramatische, auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte über einen Angriff auf eine Botschaft mitten im aktuellen Krisenherd Libyen, bei der unter anderem ein Botschafter tragisch den Tod fand. Inszeniert vom Regisseur der debil-lauten Transformers–Reihe und eines der größten Kriegsfilm-Desaster der Kinogeschichte? Eine Grundskepsis war durchaus angebracht vor dem Kinostart von 13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi.

Es ist bereits ganze 15 Jahre her, dass Michael Bay sich in Pearl Harbor einem realen amerikanischen Kriegstrauma widmete, um daraus einen bombastischen Blockbuster zu schaffen. Und offenbar ist seit der damaligen Postkartenidyll-Kriegsromanzen-Katastrophe genug Zeit vergangen, um erneut ein Drama nach wahren Begebenheiten zu verfilmen. Doch glücklicherweise ist sein neuester Streifen keine Wiederholung jenes Debakels. Im Gegenteil: 13 Hours ist Michael Bays bislang erwachsenster, weil ernstester, Film und sein bester seit langer Zeit, wenn nicht gar insgesamt! Er bleibt zwar immer noch er selbst, liefert aber packendes, intensives und wuchtiges Actionkino.

Es ist der 11. September 2012: Die erschütternden Anschläge auf das World Trade Center in New York jähren sich zum elften Mal, als eine temporäre US-Botschaft im libyschen Benghazi von einer Gruppe bewaffneter Milizen überrannt wird. Ein sechsköpfiges Team aus US-Söldnern aus einer nahegelegenen, geheimen CIA-Station eilt zu Hilfe und versucht im Chaos zu retten, was noch zu retten ist. Die hochgerüsteten Ex-Militärs können einige der Insassen evakuieren und ziehen sich in einer Stadt, die einem brodelnden Hexenkessel gleicht, in ihr Quartier zurück. Die Lage gerät zusehends unübersichtlicher und die dramatischen Ereignisse, in deren Folge die Kämpfer von Benghazi zu Helden wurden, nehmen ihren Lauf.

Man kann nur erahnen, was in den Stunden der Nacht vom 11. auf den 12. September in Benghazi los gewesen ist und gerade jetzt in Zeiten des Wahlkampfs in den USA gibt es offenbar verschiedenste Versuche, das Geschehen zu deuten und politisch zu beanspruchen. Was 13 Hours jedoch auch gar nicht als Ausgangspunkt nutzt und zu ergründen versucht. Der Film konzentriert sich in seiner Inszenierung auf die sechs Elite-Söldner, die den Konflikt am eigenen Leib miterleben mussten. Selbstverständlich ist ein solcher Film, anders als vom Studio freimütig heraus posaunt, keineswegs unpolitisch. Immer wieder scheinen Andeutungen durch und werden unterschwellig Tendenzen geäußert, aber im Kern geht es tatsächlich um die Erlebnisse und Taten der sechs Protagonisten (gespielt u.a. von John Kasinski, James Badge Dale und Pablo Schreiber).

Und man muss attestieren: Die Unübersichtlichkeit der kriegerischen Eskalation der gesamten Situation wurde lange nicht mehr derart eindrucksvoll inszeniert wie in 13 Hours. Wenn die hochgerüsteten, perfekt ausgebildeten Elite-Soldaten auf ihrer Rettungsmission durch das Botschaftsanwesen und den Stadtteil unterwegs sind, wird in vielen Momenten immer wieder klar: In der schieren Menge an umherlaufenden, bewaffneten Personen wissen auch sie nicht recht wen oder was sie eigentlich töten sollen. In diesen surrealen Momenten wird erst so recht klar, wie unüberschaubar die Lage gewesen sein muss. So sind den Amerikanern mindestens ebenso viele libysche Kämpfer friedlich als auch feindlich gesinnt, was problematisch ist, denn äußerlich unterscheiden sich die militanten Kämpfer kaum voneinander. Der Film schlägt sich dabei voll auf die Seite der Soldaten, bezieht jedoch gerade hieraus seine große Stärke. Er stilisiert sie zwar beinahe zu heldenhaften Überfiguren, sorgt jedoch so für echte Identifikationsfiguren anhand derer das atemlose Geschehen auf der Leinwand erlebbar wird.

Das sechsköpfige Team, bestehend aus ehemaligen Spezialkräften des US-Militärs, wird standardmäßig eingeführt, bekommt seine obligatorischen emotionalen Momente wenn zwischendurch mit den Kindern und Frauen daheim geskyped wird. Die Chemie zwischen den Charakteren und Darstellern stimmt jedoch und so springt der Funke doch schnell über und die Gruppe um Jack Silva (Krasinski) und Anführer „Rone“ (Dale) bilden das emotionale Zentrum des Streifens. Dazu tragen sicher auch die guten Leistungen gerade dieser beiden Schauspieler bei. Das gegenseitige hin und her, die Dynamik innerhalb der Gruppe: Irgendwie schafft es Michael Bay hier, die Hauptfiguren sympathisch zu machen und die gewünschte Wirkung zu entfalten. Ein kleiner Wermutstropfen dabei ist allerdings, dass sie fast alle dank reichlich Bartwuchses sehr ähnlich aussehen und die Unterscheidung nicht ganz einfach fällt. Umso leichter fällt dagegen die Unterscheidung zum Rest der CIA-Mitarbeiter. Die werden hier wenig subtil als bürokratische „Waschlappen“ abgetan, die trotz Harvard-Diplom im Ernstfall doch nicht zu gebrauchen sind.

Die ausgebildete CIA-Agentin (Alexia Barlier) fällt auch prompt auf der ersten Treppenstufe auf die Nase als sie den heroischen Kämpfern einmal zu Hilfe eilen will. Eine gewisse Intellektuellen-Abneigung ist da sicher zu spüren. Es ist das Bay-typische, für Europäer hin und wieder befremdlich wirkende, Menschenbild, dass hier ab und an durchscheint: Wenn es drauf ankommt ist es doch besser den Finger am Abzug zu haben als abzuwarten und zu verhandeln. Im Rahmen des Filmes funktioniert diese Prämisse hervorragend. Ebenso gut funktioniert auch die Tatsache, dass der Feind weitgehend anonym bleibt und eine sehr amerikanische Geschichte erzählt wird. Es geht schließlich um die Geschichte der sechs Soldaten und ihrem Kampf gegen eine Übermacht.

Keine Frage, alles was Michael Bay so unverwechselbar macht, taucht auch hier auf: Übersättigte Farben, viel Slow-Motion, viel Pathos, amerikanische Flaggen im Wind und gute 20 Minuten zu viel Laufzeit. Aber im Gegensatz zu seinen übrigen Filmen vermischt es sich nicht zu einem unappetitlichen Brei, sondern trägt zu einer brodelnd-bedrohlichen Atmosphäre bei. Immer wieder versucht der Film mit seinem pulsierenden Soundtrack und den starken Bildern, die maximale emotionale Wucht hervorzurufen. Und überraschend oft gelingt das sehr gut. Die sich anbahnende Bedrohung vor den Angriffen der Milizen ist jederzeit spürbar und immer wieder schürt der Film diese knisternde Atmosphäre, wie sie die Protagonisten spüren.

Ganz klar, 13 Hours ist kein tiefgehendes Drama, kein menschliches Porträt und hat manche fragwürdige Entscheidung. Vielmehr ist er spannendes Heldenpathos, das die sechs Männer angemessen würdigt und für alle, die sich darauf einlassen können, ein packender, intensiver Kriegsfilm mit krachender Action.

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