Mad Max: Fury Road (2015) | Filmkritik

Mad Max: Fury Road

In den Zeiten der Reboots, Sequels, Prequels und Spin-Offs, um auch den letzten Tropfen Geld aus jedem erfolgreichen Franchise zu quetschen, ist es vielleicht gar nicht mehr etwas Besonderes, dass eine Filmreihe nach 30 Jahren eine Fortsetzung bekommt.

Rückkehr in die Donnerkuppel

Und schon Prometheus und die Star Wars Prequels haben bewiesen, dass die Rückkehr des Original-Regisseurs noch lange kein Garant für einen überzeugenden oder gar ebenbürtigen Film ist. Doch Mad Max: Fury Road ist kein erzwungener Neustart einer Serie wie Prometheus oder eine unübersichtliche, verwirrende Hintergrundgeschichten-Reihe wie die Star Wars Prequels.

Mad Max: Fury Road ist eine eigenständige Geschichte rund um die Legende von Max Rockatansky und seine Erfahrungen im postapokalyptischen Ödland. Ohne Verbindung zu Vorgängern oder möglichen Nachfolgern steht das Werk alleine als brandheißer Actionfilm, welcher sich nicht, wie beispielsweise Star Wars: Das Erwachen der Macht, von Hommage zu Nostalgie-Moment hangeln muss, sondern schlicht und einfach seine eigene, selbstständige Erzählung ist. Das Werk ist nicht nur der wahrscheinlich beste reine Actionfilm der letzten zehn Jahre; es ist genau die Fortsetzung, die jeder andere Film unserer Zeit sein möchte.

In den Fängen von Immortan Joe

Max Rockatansky (Tom Hardy) ist ein Einzelgänger. In einer postapokalyptischen Welt flieht er nicht nur von seiner Vergangenheit, sondern kämpft in jedem Moment um sein eigenes Leben. Die Menschheit hat sich auf wenige, kleine Oasen verteilt, welche sich durch ihre eigenen, wertvollen Ressourcen kennzeichnen.

Treibstoff, Waffenmunition und Wasser sind hoch gehandelte Waren und bestimmen den Alltag der wenigen Überlebenden. Max fällt den Anhängern von dem Tyrannen Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) in die Hände. Die Warboys, die sich durch ihre weiß gefärbte Haut und ihre schier blinde Vergötterung ihres Anführers kennzeichnen, fangen den einsamen Wanderer und kennzeichnen ihn, wie bereits andere Sklaven vor ihm, als Blut- und Organspender für die restlichen Wahnsinnigen.

© Warner Bros.

Zeitgleich beauftragt Joe seine Imperatorin Furiosa (Charlize Theron) damit, mehr Treibstoff für die Zitadelle aus einer nah gelegenen Farm zu beschaffen. Die scheinbare Routinemission entpuppt sich jedoch schon bald als gerissener Coup der hochrangigen Furiosa um die, von dem verrückten Anführer als Sklaven gehaltenen, Frauen zu entreißen und in die Freiheit zu geleiten. Aufgebracht durch den Verrat der Imperatorin beginnt eine brachiale Straßenschlacht durch die unergiebige Wüste und eine unendlich scheinende Jagd durch das Ödland beginnt. Plötzlich befindet sich auch Max, benutzt als tragbarer Blutspender für den kranken Warboy Nux (Nicholas Hoult), zwischen den Fronten.

Action ohne Atempause

Die Geschichte von Mad Max: Fury Road ist simpel. Eine Heldin versucht einige junge Frauen von einem Tyrannen zu retten und trifft derweil auf einen weiteren Pistolero, der sich zwischen den Seiten entscheiden muss. Klar sind die Regeln von Anfang an gesetzt: Der unbarmherzige, brutale Diktator Immortan Joe regiert mit eiserner Hand über sein Volk voll von mutierten, kranken Menschen. Er sieht sich selbst als Befreier und Gott der Massen; Herrscher über die wichtige Ressource Wasser. Frauen sind lediglich Besitztümer und Gebrauchsgegenstände. Sie agieren als Brutmaschinen, um neue Kinder für den Tyrannen zu schaffen oder gar nur als Spender von Muttermilch, ähnlich wie Masttiere.

Dem entgegen steht die Retterin Furiosa, die versucht den jungen, hübschen Sklavinnen von Joe eine besser Zukunft zu bieten. Sie erzählt von einem grünen Paradies abgelegen von dem tristen Leben in der Zitadelle, einer Oase in der Ferne in welcher noch alle Menschen gleich geachtet werden und Frauen keine Intoleranz und Tyrannei fürchten müssen. Max steht dazwischen. Mit seinem simplen Überlebensdrang muss er genau abschätzen wem er vertrauen kann. Unabhängig von Agenden, Zukunftsaussichten und Hoffnungen versucht er lediglich den Wahnsinn des Ödlandes heil zu überstehen.

Trotz oder vielleicht genau wegen dieser geradlinigen Erzählung ist Mad Max: Fury Road durchgehend unterhaltsam und hält den Zuschauer ständig auf Trab. In etwa 2 Stunden ohne Atempause und ständigem Wechsel von Actionsequenz zu Actionsequenz, schafft es der Film dennoch immer wieder neue Gegenspieler und Mitstreiter vorzustellen ohne die vorherigen Antagonisten aus den Augen zu verlieren. Immer wieder erscheinen völlig neue Konfliktparteien, die eine Wendung vorbereiten oder einfach nur eine neue Nuance mit in die Schlacht führen. Zu keiner Sekunde wirkt dies in der gesetzlosen, chaotischen Welt jedoch irgendwie aufgesetzt oder nicht nachvollziehbar. Das erbarmungslose Ödland hat einfach nur zahlreiche, vom Überlebensdrang getriebene, Wahnsinnige geschaffen, welche in jeder Auseinandersetzung die Erschütterung des ohnehin verstörenden Status Quo fürchten und versuchen ihren eigenen Stand in der postapokalyptischen Welt zu sichern.

© Warner Bros.

30 Jahre nach dem letzten Teil der Reihe präsentiert George Miller eine der besten Fortsetzungen aller Zeiten. Mad Max: Fury Road ist einer der besten Actionfilme der letzten Jahre und das ohne sich als mehr zu verkaufen was es wirklich ist. Am überraschendsten ist die Mischung Millers aus aktuellen Trends wie rasanten, schlagartigen Schnitten und seiner Liebe fürs Detail mit einem Set-Design, welches seines gleichen sucht. Die schnellen Schnittsequenzen in vielen Kampfszenen funktionieren viel besser als in Filmen wie Taken, weil Miller in seinem Schnitt keine Choreografie versteckt, sondern sie in Szene setzt.

Mad Max funktioniert auch heute noch

Jede Einstellung ist geplant, detailorientiert und verständlich, egal wie kurz sie auch sein mag. Genau durch diese Liebe zum Detail gelingt dem Regisseur das Bild einer absolut überzeugenden, wie furchterregenden Welt. Jedes Fahrzeug, jede Person und jeder Ort sind so detailverliebt und gleichzeitig eindeutig erschaffen, dass der Zuschauer sich niemals fragen muss welcher Charakter zu welcher Fraktion gehört oder was ihn antreibt. Jede Partei hat ihren individuellen, irren Stil und stellt ein eigenes Element in dem endlosen Überlebenskampf dar.

Neben den zahlreichen Akteuren in der endlosen Schlacht sind jedoch selbstverständlich die Hauptprotagonisten die, die dem Film erst seinen wahren Charakter verleihen. Sei es der wortkarge Max, der abseits dem eigenen Leben nichts mehr auf der Welt als wichtig zu betrachten scheint oder Furiosa, eine scheinende, weibliche Heldenfigur in einer tristen Welt voller Sexismus und Gewalt.

Furiosa als ebenbürtige Heldin

Beide Figuren sind ebenbürtig in ihrer Rolle als Befreier, doch rückt Max immer wieder in den Hintergrund, wenn er dies als logische Schlussfolgerung erkennt. Durch dieses Zusammenspiel entwickeln die beiden ein gefährliches Team. Die Imperatorin etabliert sich als emanzipierte, starke Frauenrolle, wie es sie seit Sigourney Weaver nicht mehr zu gegeben haben scheint. In einem sonst von Männern dominierten Genre ist dies eine mehr als willkommene Abwechslung und bietet dem Film so einen weiteren interessanten und differenzierten Aspekt.

Tom Hardy spielt in der Titelgebenden Hauptrolle einen wortkargen, aber dennoch aussagekräftigen Protagonisten. Wie auch als Bane in The Dark Knight Rises findet er sich zu Beginn des Films hinter einer Maske gefangen und schafft es dennoch, bereits durch seine Mimik und Gestik alle seine Emotionen verständlich zu präsentieren. Wie auch schon von Mel Gibson in den Vorgängern verkörpert, kommt Max mit nur verhältnismäßig wenigen Worten zurecht um seine Intentionen klar zu machen. Klar steht Charlize Theron jedoch als Furiosa in einer Rolle einer Frau, die sich zu jeder Zeit beweisen und verteidigen muss. Ihre Rolle ist so untypisch in einer Welt, in welcher sich die meisten Menschen ihrem Schicksal fügen, dass sie diese immer wieder entgegen ihren Gegenspielern wie auch ihren Mitstreitern beteuert. Durch dieses Zusammenspiel entwickeln die beiden Protagonisten eine Bindung, die sie gemeinsam vorantreibt.

© Warner Bros.

Mad Max: Fury Road ist so viel mehr als nur ein Actionfilm. George Miller bleibt in seinem Werk so erbarmungslos echt wie schon in dem ersten Teil der Reihe. Er arbeitet kaum mit Computereffekten und CGI sondern zeigt reale Stunts, gefährliche Kollisionen und brachiale Action. Jede Szene wirkt so tief, komplex und detailliert wie es kaum ein anderer Film tut. Das ist vielleicht in Filmen ähnlich der Herr der Ringe-Trilogie keine Seltenheit, doch die Kombination aus dem rasanten, antreibenden Schnitt und der Liebe fürs Detail schaffen ein absolut rundes Filmerlebnis, wie es in diesem Genre absolut nicht Gang und Gäbe ist.

Ein Weckruf für das Actiongenre

Die ständige Stilisierung aller relevanten Handlungen in die Mitte des Bildes; die individuell, wie liebevoll designeten einzelnen Parteien in allen Konflikten des Filmes; die simple Geschichte, die es dennoch schafft klare, moderne Ansätze wie Feminismus anzusprechen. Alle einzelnen, kleinen Elemente bilden ein so perfektes, abgeschlossenes Bild wie es nicht nur allgemein selten, sondern im Action-Genre sogar einzigartig erscheint. Der Film ist genau das was er sein will: Ein Actionfilm mit wenig Handlung und reichlich Action. Trotzdem vergisst er nicht was einen Film ausmacht, den Zuschauer mitfiebern lässt und unterhält.

Keine Seite des Films leidet daran, dass einem anderen Element mehr Fokus geschenkt wird. Mad Max: Fury Road ist nicht nur irgendein sehr guter Film. Er ist eine kleine Revolution in einem Genre, dass sich immer wieder fest zu fahren scheint und auf den nächsten Zug aufspringt. Sei es damals der verletzliche Held McClane aus Stirb Langsam oder heute der Trend zur ’shaky cam‘ und dem rasanten Schnitt, vorgestellt in der ursprünglichen Bourne-Trilogie, der sich durch nahezu jeden Film zu ziehen scheint. Das Action-Genre braucht wieder einen Weckruf für neue Ideen.

Mad Max: Fury Road ist vielleicht oberflächlich eine Fortsetzung, doch in Wirklichkeit ist das neueste Werk von George Miller so unglaublich viel mehr!

Regie: George Miller
Drehbuch: George Miller, Brendan McCarthy, Nico Lathouris
Musik: Junkie XL
Darsteller: Tom Hardy, Charlize Theron, Nicholas Hoult, Hugh Keays-Byrne, Rosie Huntington-Whiteley, Riley Keough, Zoë Kravitz, Abbey Lee, Courtney Eaton

Handlung:

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Bildrechte: Warner Bros.

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