Ein Mädchen kehrt aus persönlichen Gründen nach vielen Jahren in das Haus ihrer Kindheit zurück, um für eine Weile mit ihrem Vater zusammen zu wohnen. Schnell bemerkt die junge Frau jedoch, dass etwas mit dem Haus nicht stimmt. Spukt es in den alten Gemäuern oder sind es lediglich ihre Visionen, die sie plagen. Klingt wie eine neue, einzigartige Geschichte? Bestimmt nicht, aber ein Film muss das Rad ja auch nicht neu erfinden, um unterhaltsam zu sein. Jessabelle arbeitet genau in den simplen Sphären, die Horrorfilme häufig definieren, bleibt dabei aber eine angenehme, kurzweilige Abendunterhaltung für Fans des Genres.
Jessie (Sarah Snook) steht mit beiden Beinen fest im Leben und ist bereit, ein neues Leben mit ihrem Partner zu beginnen als ein plötzlicher Autounfall sie aus ihrer scheinbaren Idylle reißt. Die Kollision mit einem Lastwagen nimmt ihr nicht nur den Verlobten (Brian Hallisay), sondern führt auch zu einer Fehlgeburt und bindet sie obendrein für eine längere Zeit an den Rollstuhl.
Gebrochen und erschüttert sieht sich die junge Frau gezwungen ihren Vater Leon (David Andrews) zu kontaktieren, mit welchem sie seit Jahren keinen Kontakt hatte. Ihre Mutter war bereits kurz nach ihrer Geburt durch einen Gehirntumor von ihr gegangen. Bereits kurz nach ihrer Ankunft bemerkt Jessie, dass das alte Haus ein Geheimnis birgt und auch ihr Vater benimmt sich merkwürdig. Als Jessie mehrere verstörende Videoaufnahmen ihrer Mutter Kate (Joelle Carter) findet und sie von Alpträumen geplagt wird, scheint der Horror perfekt.
Unterstützt wird Jessie von ihrem alten Schulfreund Preston (Mark Webber), welcher ihr trotz der Skepsis seiner Ehefrau hilft, die Wahrheit hinter dem Geheimnis zu lüften. Was steckt hinter dem Mädchen, welches Jessie terrorisiert und was haben die Botschaften ihrer Mutter aus dem Jenseits damit zu tun?
Jessabelle erfindet, wie schon erwähnt, das Rad nicht neu. Der Film arbeitet mit altbewährten Mitteln des Horrorgenres und bietet dem erfahrenen Gruselfan wahrscheinlich nichts was er nicht schon einmal gesehen hat. Die Schockmomente, gruseligen Zufälle und der Spuk, den das Haus erfährt, sind nichts, was es nicht bereits in unzähligen Filmen gegeben hat. Doch dem Film ist durchaus zuzuschreiben, dass er sich entgegen vieler seiner Filmkollegen nicht von Schreck zu Schreck hangelt.
Stattdessen nimmt er sich Zeit die Geschichte etwas genauer zu umschreiben und konfrontiert den Zuschauer nicht vehement mit den gruseligen Visionen des Hauptcharakters. Eher wird genau erkundet wie es zu der aktuellen Situation gekommen ist und welche Ereignisse das Unheil, welches das alte Haus heimsucht, eingeleitet haben. Nun ob diese Erklärungen schlüssig sind, ist wohl eine ganz andere Frage.
Wie viele Horrorfilme kämpft der Film mit Logik und Realismus. Selbstverständlich muss der Zuschauer sich in einem gewissen Maß von Realität entfernen und sich in einer Welt voller Grusel verlieren, doch sollte auch das nicht eine schwer nachvollziehbare Handlung als korrekt titulieren. So ist der Charakter des Vaters den Film durchweg nur sehr schwer nachvollziehbar und die Emotionen, welche Jessie nach dem lebensveränderten Unfall zeigt sind nahezu nicht vorhanden.
Aufgrund einer mittelmäßigen Performance der meisten Darsteller, der höchst fragwürdigen Motiven und Handlungen einzelner Personen, kratzt die Geschichte immer wieder an der Schmerzgrenze der Glaubwürdigkeit. Speziell eine Szene, welche hier nicht näher erläutert werden soll, beheimatet eine unfassbar haarsträubende Aktion der Hauptcharaktere, die den Zuschauer wirklich daran zweifeln lassen sollte, für die Protagonisten zu fiebern. So macht es sich der Film bei Zeiten doch zu einfach, durch gewisse Handlungen eine Wendung in der Geschichte herbeizurufen ohne jemals einen triftigen Grund für das Vorgehen zu bieten.
Doch dies kann in einer Horrorgeschichte meist verziehen werden. Dass Mark Webber (13 Sins) als alter Schulfreund sein gesamtes Privatleben im Stich lässt, um seiner alten Bekanntschaft zu helfen, kann genauso verziehen werden wie die Erzählung der Hintergrundgeschichte von Sarah Snooks (Predestination) Hauptcharakter in knappen fünf Minuten. Zwar fallen dennoch viele Handlungen einiger Darsteller zum Ende des Films komplett aus dem Rahmen des Nachvollziehbaren, doch kann man dank einer soliden Geschichte und einer netten Auflösung auch gerne darüber hinwegsehen.
Wer sich auch von kleineren technischen Ungereimtheiten was Synchronisation und Kameraführung angeht nicht von einem soliden Horrorstreifen abhalten lässt, darf sich getrost auf das Abenteuer einlassen. Für Fans und Genießer des Genres definitiv kein Muss, aber durchaus einen Blick wert.
Regie: Kevin Greutert
Drehbuch: Ben Garant
Musik: Anton Sanko
Darsteller: Sarah Snook, Mark Webber, David Andrews, Joelle Carter, Ana de la Reguera