Estland 1944. Ein Land in den Wirren des zweiten Weltkrieges. Nachdem die Sowjetunion mit Androhung von Gewalt das Land unter seine Kontrolle gebracht hatte, kommen nun die deutschen Soldaten und drohen das eigentlich neutrale Land in den Klauen des zweiten Weltkrieges zu zerstören. Die eine Hälfte der jungen, waffenfähigen Männer ist im Dienst der Roten Armee, die anderen Marschieren unter dem Banner von Hitler auf.

In der ersten Filmhälfte von Brüder – Feinde (Originaltitel: 1944) folgt der Zuschauer dem jungen Soldaten Karl Tammik (Kaspar Velberg) in die Schützengräben seiner Einheit. Er ist der Waffen SS beigetreten, nachdem die Rote Armee seine Familie nach Sibirien verschleppt hat. Aus Hass auf die Sowjetunion versucht er nun, sein Land von der russischen Armee zu befreien. Dabei keimen immer wieder Schuldgefühle und Selbstzweifel auf. Warum konnte er seine Familie nicht retten? Hätte er mehr tun können und sollen?
Seine Kameraden halten eisern die Stellung, als die ersten Panzer heranrollen. Es gilt, die Soldaten fernzuhalten, so lange es noch geht.

Die zweite Hälfte des Films beschäftigt sich mit Jüri Jögi (Krisjan Üksküla), einem Soldaten im Dienst der Roten Armee. Davon überzeugt das richtige zu tun, ist er in Tallin stationiert und muss, anders als Karl, nicht in einem Schützengraben ausharren. Die Zerstörungen in der estnischen Stadt hat die russische Armee auf die Waffen SS der Deutschen geschoben, dabei ist sich selbst Jüri da nicht so sicher. Als er auf die Deutschen trifft eröffnet er das Feuer auf einen Soldaten des Feindes, nur um festzustellen, dass dies ein Landsmann war. Jüri findet in der blutigen Uniform einen letzten Brief des Soldaten an seine Schwester. Er beschließt diesen der jungen Frau (Maiken Schmidt) zu übergeben. Ob er ihr erzählen wird, dass er der Mörder ihres Bruders ist?

„Die Unschuldigen fühlen die Schuld, die Schuldigen fühlen gar nichts.“ Mit diesen Worten bringt es Karls Schwester Aino auf den Punkt. In diesem Krieg gibt es keine Helden, nur Täter und Opfer. Regisseur Elmo Nüganen bringt es in Brüder – Feinde auf den Punkt. Statt donnernden Effekten und Heldenpathos, konzentriert er sich auf die stillen Momente, auf den Zweifel und die Sinnlosigkeit des Krieges. Die Zweiteilung des Films ist dabei ein gelungener Schachzug, um hinter beide Fronten des Krieges zu schauen. So macht es der Film dem Zuschauer nicht zu leicht, in Gut und Böse zu unterteilen. Alle Soldaten verbindet die selbe Hoffnung und das selbe Bangen. Sind am Anfang die Russen noch gesichtslose Soldaten, die im Kanonenfeuer der Schützengräben fallen, werden sie in der Geschichte Jüris wieder zu Menschen mit einzelnen Schicksalen.

Wer also einen tieferen Einblick in die Vergangenheit Estlands erhaschen möchte, der sollte Brüder – Feinde wirklich unbedingt schauen. Ein Film, der an manchen Stellen unter die Haut und in den Kopf geht. Hier geht es nicht darum zu zeigen, wer der Gute und der Böse ist, denn das kann man im Krieg sowieso nicht mehr auseinanderhalten.

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