Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung (1999) | Filmkritik

Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung

Star Wars ist DAS Kult-Phänomen schlechthin! Schließlich sind mittlerweile bald 50 Jahre ins Land gegangen, seitdem der erste Streifen der Saga im Kino anlief und immer noch gibt es kleine Burschen, die sich von ihren Großvätern Laserschwerter basteln lassen. Star Wars hat die Werbewelt, die Spielzeugindustrie und nicht zuletzt die Filmgeschichte geprägt wie kaum ein zweiter Film.

Man hätte also wirklich kein Prophet sein müssen, um Episode I: Die dunkle Bedrohung bereits im Jahre 1983 Erfolg vorauszusagen. Genau da endete die alte Trilogie mit Die Rückkehr der Jedi-Ritter nämlich und es dauerte 16 Jahre bis George Lucas 1999 seine Multi-Milliarden-Dollar-Idee abermals auf die Leinwand brachte.

Wenn wir uns nun wiederum 16 Jahre in der Zeit bewegen und in die Gegenwart 2015 reisen, begegnen uns Fans in allen Altersstufen, die den 17. Dezember herbeisehnen, als wäre da Weihnachten. An dieser Stelle ist es nur mehr als angebracht, die Vorfreude zu steigern und die alten Filme noch einmal Revue passieren zu lassen.

Episode I: Die dunkle Bedrohung löste 1999 einen ähnlichen Hype aus, wie wir es dieser Tage erleben. Heute, in einer Zeit, wo Leute auf den Bluray-Release warten, oder Netflix und Amazon-Instant-Video besuchen, kann man sich freilich kaum noch vorstellen, dass es vor 16 Jahren Menschen gab, die nur für den Trailer von Episode I in die Kinos strömten. Vielleicht war der Auftakt der zweiten Star-Wars-Trilogie sogar der am heißesten erwartete Film überhaupt.

Liam Neeson (Qui-Gon Jinn) unterschrieb seinen Vertrag damals, ohne das Drehbuch vorher gelesen zu haben. Was einem merkwürdig erscheint, ist viel verständlicher als es zunächst scheint. Schließlich hatte George Lucas beim allerersten Star-Wars-Film Regie und Drehbuch übernommen und damit total ins Schwarze getroffen. Er ist das Megamind hinter allem. Warum sollte Neeson also nichts auf Lucas vertrauen?

Wenn wir heute zurückblicken, wäre es für Episode I wohl besser gewesen, wenn Neeson das Drehbuch gelesen hätte. Denn möglicherweise hätte er George Lucas dann beiseite genommen, um zu sagen: „Die Macht muss jetzt ganz stark in dir sein, mein Freund. Dein Drehbuch ist großer Mist!“ oder um es mit Jar Jar Binks zu sagen: „Großes Kaka!“

Worum geht es aber in diesem Streifen? Die zwielichtige Handelsföderation bedroht den Planeten Naboo. Der ominöse Bösewicht Darth Sidious scheint im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Als der Jedi-Ritter und Friedensbotschafter Qui-Gon Jinn (Liam Neeson) mit seinem Padawan (Schüler) Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) von Druiden angegriffen wird, spitzt sich die Lage zu. Der Frieden in der galaktischen Republik hängt am seidenen Faden. Mit einer Gefolgschaft aus Naboo, der auch die hiesige Königin Amidala (Natalie Portman) angehört, fliehen die Jedi. Nachdem ihr Raumschiff jedoch in Mitleidenschaft gerät, müssen sie auf dem Wüstenplaneten Tatooine notlanden. Dort kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung zwischen Qui-Gon Jinn und einem jungen Sklaven.

Mancher kluge Kopf wird bereits ahnen, dass sich hinter ihm nur Anakin Skywalker (Jake Lloyd) verbergen kann. Er scheint auf außerordentliche Weise mit der Macht begabt zu sein. Qui-Gon weiß sofort, der Junge muss zum Jedi werden. Sollte diese eine, altertümliche Prophezeiung um einen Auserwählten tatsächlich den kleinen Skywalker meinen?

Und wenn dem so sei, wird er den galaktische Frieden bewahren?

Ein immer wiedekehrendes Motiv in dieser Handlung ist die Politik. Verhandlungen, ernste Gespräche über die Zukunft der Republik, Senatssitzungen, Ratsversammlungen – das alles nimmt bestimmt die Hälfte von Episode I ein. Gerade hier funktioniert das ganze Geschwafel jedoch nicht im Geringsten. Kinder kapieren davon sowieso mal gar nichts. Was ist ein Senat? Was tun Leute bei einem Misstrauens-Votum genau? Was verdammt nochmal bedeutet Handelsembargo? „Oh, guck, da ist eine Laserkanone“ … so denken Kinder! Für die erwachsenen Fans ist es einfach nur langweilig anzusehen. Ständig findet sich der Zuschauer in irgendeinem Raum wieder, wo Leute sitzen und reden, stehen und reden, laufen und reden, fliegen und reden… hatte ich sitzen und reden bereits gesagt?

Natürlich klingt mein Urteil vernichtend und deswegen will ich mit einigen positiven Eigenschaften des Prequels fortfahren. Ich werde dabei allerdings nicht verschweigen können, dass beinahe jeder der folgenden Punkte auch einen negativen einschließt.

In Filmkreisen gilt ein ungeschriebenes Gesetz seit langer Zeit: Eine Story ist nur so gut wie ihr Bösewicht. Die alte Star-Wars-Trilogie wird ja vor allem dafür geliebt, dass sie mit Darth Vader und dem Imperator zwei der ikonischsten Antagonisten der Leinwandgeschichte hervorbrachte. Sogar der nur am Rande auftauchende Boba Fett wird von vielen innig geliebt. Episode I bietet uns gleich eine ganze Reihe an Schurken. Allen voran der Sith-Lord Darth Sidious mit seinem Schüler Darth Maul.

Beide kommen unglaublich bedrohlich und mysteriös zugleich daher. Darth Mauls Doppellaserschwert verleiht ihm noch eine zusätzliche Portion Macht, die bei Zeiten Gänsehaut erzeugt. Jedoch hat George Lucas dieses große Potential verschenkt, denn die Sith tauchen viel zu wenig auf. Darth Maul sagt kaum drei Sätze während des Films und kaum huscht er länger als eine halbe Minute über die Leinwand, ist er auch schon tot. Schauen wir auf geniale Bösewichte wie den Joker, oder Hannibal Lecter, bemerken wir jedoch, dass auch sie über sehr wenig Screentime verfügen.

Das Problem von Episode I ist also vor allem ein anderes und das sind die kleinen Bösewichte der Nebenschauplätze. Sie sind ein schlechter Witz. Ich meine natürlich die Droiden der Handelsföderation. Schon als kleines Kind kamen mir diese Roboter-Skelette billig vor. Sie strahlen nicht im Geringsten eine Bedrohung aus. Man hat das Gefühl, ein zu starkes Niesen genügt, damit sie auseinanderfallen. Es kommt einem beinahe so vor, als hätte George Lucas á la Michael Bay einfach nur etwas gesucht, das er möglichst oft in die Luft sprengen kann.

Denn auf große Bilder versteht sich George Lucas ja bekanntlich. Hier und da stellt er das auch in Episode I unter Beweis. Das Atlantis der Star-Wars-Universums namens Gungan City, der Planet Naboo im Allgemeinen oder Mos Eisley auf Tatooine sind wunderbar anzusehen. Auf der anderen Seite ist der Film jedoch sehr schlecht gealtert, weil die Hälfte davon vor dem Green-Screen gedreht wurde. Denselben Fehler wiederholte ja erst vor kurzem Peter Jackson mit seiner Hobbit-Trilogie. Bei Star Wars ist es freilich noch schlimmer. Beispielhaft dafür steht die Schlacht zwischen den Gungans und der Droiden-Armee. Da ist gar nichts echt… wirklich nichts! Weder das Gras, noch die Reittiere, geschweige denn die Kontrahenten. Es sieht heutzutage also auch nur noch wie ein Computerspiel aus, das man auf dem Grabbeltisch vom Flohmarkt bekommt.

In diesem ganzen Spektakel sind der Crew von Episode I jedoch zwei Dinge außerordentlich gut gelungen. Der finale Laserschwert-Kampf zwischen Obi-Wan, Qui-Gon und Darth Maul, sowie das nervenaufreibenden Pod-Rennen, bei dem es um Anakins Freiheit geht. Hier erfüllen die Spezialeffekte ihren Zweck, wie es sein sollte.

Ein Lacher an dieser Stelle: Wusstet ihr, dass laut Qui-Gons Aussagen, die Reflexe eines Jedis von Nöten sind, um einen Pod zu steuern? Komisch nur, dass an diesem Rennen jede noch so primitive Gestalt der Galaxis teilnehmen kann. Aber Scherz beiseite!

Das schlimmste Missgeschick von Episode I ist sicherlich die Charakterzeichnung. Meines Erachtens ist Qui-Gon Jinn eine Figur, auf die George Lucas am besten verzichtet hätte. Der Jedi erfüllt keinen zukunftsweisenden Zweck in der kompletten Erzählung. Später ist es schließlich Obi-Wan Kenobi, der zu Anakins Meister und Freund wird. Obi-Wan verbringt die meiste Zeit jedoch nörgelnd oder auf seinem Hintern hockend in einem Raumschiff, fern ab vom Geschehen. Wäre es nicht viel überzeugender gewesen, wenn wir bereits in Episode I den jungen Obi-Wan kennengelernt hätten? Ja, wenn er derjenige gewesen wäre, der den Auserwählten entdeckt? Stattdessen kommt Obi-Wan erst in Episode II wirklich zur Geltung, weil Qui-Gon, der danach nie wieder auftaucht, ihm die Zeit stielt.

Der zweite überflüssige Charakter ist Jar Jar Binks. Ich könnte wohl ein ganzes Buch darüber füllen, wie sehr ich ihn inzwischen verabscheue. Wenn man bedenkt, dass George Lucas ihn als erste Figur der Prequels konzipierte, dann kann man nur stöhnen. Es verstehe mich bitte niemand falsch. Viele Kinder werden Jar Jar und seine Tollpatschigkeit lieben, aber Star Wars ist ein generationsübergreifendes Phänomen. Während C3PO und R2D2 in der alten Trilogie witzig für jedermann waren, ist Jar Jar ein Vergnügen auf Zeit. Spätestens mit 12 ist dieses Kerlchen für einen das nervigste Wesen auf dem Planeten. Er macht Pups-Witze, posaunt mit schriller Stimme eine Dummheit nach der anderer heraus und hüpft durch die Gegend. Ich erinnere nur daran, dass wir immer noch von einem Star-Wars-Film sprechen und nicht von einer Ausgabe des Scary-Movie-Franchises. „Michse hassen Jar Jar Binks!“

Als letztes stößt einem eingefleischten Fan noch eine Neuerung sauer auf. Da ich zu diesen Leuten gehöre, verzeihe man mir meinen Sarkasmus. George Lucas hatte die kongeniale Idee, nun endlich einmal zu erklären, was die Macht eigentlich genau ist. Dafür wählte er die Mediclorianer, eine mikroskopisch kleine Lebensform, die in unserem Blut herumschwirrt. Sehr technisch und naturwissenschaftlich, nicht wahr? Erinnern wir uns noch einmal an Yoda, der einst in Das Imperium schlägt zurück sagte:

Die Macht ist mein Verbündeter, und ein mächtiger Verbündeter ist sie. Das Leben erschafft sie, bringt sie zur Entfaltung. Ihre Energie umgibt uns, verbindet uns mit allem. Erleuchtete Wesen sind wir, nicht diese rohe Materie. Du musst sie fühlen, die Macht die dich umgibt. Hier, zwischen dir, mir, dem Baum, dem Felsen dort.

Diese mystische, ja beinahe spirituell-religiöse Deutung begegnet uns nicht nur in der alten Trilogie, sondern auch in Episode I. Qui-Gon Jinn scheint bei einer Verschnaufpause im Kampf mit Darth Maul zu meditieren. Anakin Skywalker gilt als prophezeiter Auserwählter, der unbefleckt empfangen wurde. Und jetzt kommt George Lucas und konterkariert diese Motive mit einer perfekten Erklärung. Ich muss dazu gar nicht mehr sagen als: Magie zerstört!

Nun soll aber endlich Schluss sein mit dem Meckern. Wer als Fan Episode I schaut, wird sich das eine oder andere nostalgische Seufzen nicht verkneifen können, denn die Einführung der bereits bekannten Figuren ist äußerst gelungen. R2D2, C3PO, Jabba, Yoda… untermalt von einem epischen John-Williams-Soundtrack… einfach nur herrlich. Da erging es mir wie beim Schauen des Trailers zu Star Wars 7: Das Erwachen der Macht. Wenn Chewies Brüllen erklingt, fühle ich mich zu Hause.

Alles in allem bleibt Episode I ein mittelmäßiger Film. Und das ist nicht gut! Ganz und gar nicht gut! Denn die alten Filme gelten zu Recht als nahezu perfekt. Der Start der Prequel-Reihe ist – Hand aufs Herz – für Kinder ganz cool, aber für ältere Fans ein zwiespältiges Unterfangen. Zum einen ist es natürlich immer noch ein Star-Wars-Film. Zum anderen wirkt der Streifen jedoch über weite Strecken langweilig, absurd, oder wie aus Plastik. Er ist vielleicht wie diese Freundin, von der deine Kumpels sagen, dass sie nervt. Du selbst denkst dir nur: Lieber eine Freundin haben als keine, oder?

In diesem Sinne können wir uns für den 17. Dezember auf jeden Fall eines wünschen: Mach’s besser JJ! Wir zählen auf dich!

Regie: George Lucas
Drehbuch: George Lucas
Musik: John Williams
Darsteller: Liam Neeson, Ewan McGregor, Natalie Portman, Jake Lloyd, Ian McDiarmid, Anthony Daniels, Kenny Baker, Pernilla August, Frank Oz

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