Die Figur Jack Ryan ist Filmkennern schon seit unzähligen Jahren ein Begriff. Immerhin wurde die Romanfigur des Thrillerautoren Tom Clancy bereits in mehreren Verfilmungen von großen Schauspielern dargestellt. Bekanntestes Ryan Werk dürfte der Film Jagd auf roter Oktober sein, in welchem Alec Baldwin als CIA Agent gegen Sean Connery antritt, der ein russisches Atom-U-Boot in seiner Gewalt hat.
Später folgte Harrison Ford als Jack Ryan in den Filmen Die Stunde der Patrioten und Das Kartell, bis zuletzt Ben Affleck diese markante Rolle in Der Anschlag übernahm. Jetzt macht sich ein weiterer Kandidat auf den Weg Jack Ryan nicht nur frisches Blut zu verleihen, sondern vielleicht eine Filmreihe zu starten, die mit Jack Ryan- Shadow Recruit ihren Anfang nimmt. Die Rede ist von Chris Pine, den wir zuletzt als jungen Captain Kirk in den beiden Teilen des Star Trek-Reboots von J.J. Abrams auf der großen Leinwand bewundern durften.
Doch kann der junge Schauspieler diesen Spionagekraftakt stemmen oder wird er an der gesteigerten Erwartungshaltung des Fanpublikums scheitern?
Alles nimmt seinen Anfang als 2001 das World Trade Center Ziel eines Terroranschlages wird. Dieses Ereignis bewegt den jungen John Patrick Ryan (Chris Pine) dazu seinem Land an der Front zu dienen. So verschlägt es Ryan schließlich nach Afghanistan, wo er Opfer eines Angriffes wird und nur mit knapper Not überlebt.
Was jetzt folgt, ist quasi die Jack Ryan Biografie im Schnelldurchlauf. Er lernt bei seiner Reha-Maßnahme die bildhübsche Medizinstudentin Cathy Muller (Keira Knightley) kennen und lieben und wird auf Grund seiner Heldentaten an der Front von einem recht beeindruckten CIA Agenten namens Thomas Harper (Kevin Costner) angeworben.
Als Analyst an der Wall Street soll Ryan nun illegale Geldgeschäfte aufdecken, die dazu führen könnten Terrororganisationen zu finanzieren. Da Ryan natürlich ein äußerst cleveres Kerlchen ist, findet er prompt den entscheidenden Hinweis auf einen möglichen Terroranschlag. Und so fliegt Jack, zwar äußerst widerwillig, aber auch neugierig nach Moskau, um dem bösen Geschäftsmann Victor Cherevin (Kenneth Branagh) in die Bücher zu schauen.
Klar, dass Ryan bald der Tod auf dem Fuße folgt und die Luft schnell bleihaltig wird, denn Cherevin hat wahrlich große Pläne, die er in den verhassten USA umsetzen möchte – natürlich im Dienste seiner russischen Heimat.
Fast könnte man meinen, dass der Kalte Krieg zwischen den Supermächten USA und Russland längst zur Vergangenheit eines James Bond gehören sollte, doch angesichts der aktuellen Weltpolitik gewinnt der Film plötzlich wieder an Brisanz. Und der „böse“ Russe ist nun mal für Amerikaner immer noch ein Schreckgespenst mit Wirkung.
Doch wie kann man Jack Ryan filmisch verjüngen, ohne dabei gleich an die Bourne-Filme oder gar Mission Impossible-Verfilmungen mit Tom Cruise zu denken? Ganz einfach, man ändert das Erzähltempo.
Regisseur Kenneth Branagh (Thor), der auch als Schauspieler im Einsatz ist, verzichtet auf Firlefanz wie zittrige Wackelkameras und Explosionen im Sekundentakt und erzählt ein eher ruhigeres Szenario im Kampf um die Sicherheit der ständig in Angst lebenden Amerikaner. So gibt sich Jack Ryan eben eher pazifistisch und nutzt seine Pistole gar nicht erst, sondern lässt sie in der Schublade seines Hotels zurück. Jack ist eben ein Mann mit Köpfchen und nicht mit Fäusten, auch wenn er weiß wie man austeilen kann. Doch statt Martial-Arts Choreografien und Zeitlupentreffern gibt es eher Schleicheinlagen, Hightech und verbale Duelle, was nicht jedem Zuschauer zusagen könnte.
Chris Pine (Das gibt Ärger) gibt den aalglatten Frauenhelden mit Hang zum Patrioten recht souverän und weiß, wie man Sympathien beim Publikum erlangt. Keira Knightley (Fluch der Karibik-Reihe) hingegen wirkt aufgesetzt und der Handlung nur beigefügt, um am Ende das Entführungsopfer in Nöten zu sein. Anders lässt sich ihr Auftritt in Moskau nicht erklären, auch wenn sie dort kurzzeitig als Lockvogel für den Schurken herhalten darf. Aber auch hier verkörpert sie nur die hübsche Schwachstelle des gewieften Agenten.Mag die Regiearbeit von Kenneth Branagh zwar solide sein, so wirkt seine Figur Cherevin eher eindimensional, wortkarg und ähnlich leer wie sein Büro. Schade, da der britische Darsteller mit Shakespeare-Bühnenerfahrung ein wesentlich größeres Repertoire aufweist und dies in anderen Filmen längst bewiesen hat.
Kevin Costner (Man of Steel) als CIA Agent der alten Schule macht hingegen seine Sache gut und bleibt analytisch, kühl und präzise, wie man es von der CIA eben erwartet. Dabei leuchten kurze Momente einer Vaterfigur für Ryan auf, die mit Erfahrung und Weitblick sein Wissen gerne mit dem Protegé teilt. So kommt einem der erste Auslandseinsatz in Russland etwas wie ein Angelausflug von Vater und Sohn vor und wenn Ryan dann noch dem CIA-Vorgesetzten seine Verlobte vorstellt, verkommt Agent Harper endgültig zum (Schwieger-)Vater.
Doch trotz der teilweisen Kritik hat Jack Ryan: Shadow Recruit Spaß gemacht und wusste seine 100 Minuten Spielzeit gut zu unterhalten. Vom hochkarätigen Cast bis hin zur soliden Regiearbeit bleibt der Film kurzweilig, unterhaltend und spannend, ohne zu sehr mit dem amerikanisch, aufgesetzten Patriotismus zu kommen, den Roland Emmerich und Michael Bay gar inflatiös einsetzen.
Auch wenn es an manchen Stellen ruhig spannender hätte zugehen können, war der Film eine gelungene Neueinführung von Jack Ryan für ein junges Kinopublikum, welches die Vorgängerfilme nicht mehr kennen dürfte. Und wenn man diesen Film quasi als Pilotfolge einer neuen Filmfranchise verstehen möchte, so hat es mit dem Appetithäppchen funktioniert und man kann gespannt auf eine Fortsetzung mit dem selben Cast sein.
Regie: Kenneth Branagh
Drehbuch: Adam Cozad, David Koepp
Musik: Patrick Doyle
Darsteller: Chris Pine, Kevin Costner, Kenneth Branagh, Keira Knightley
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