Fack ju Göhte (2013) | Filmkritik

Fack ju Göhte

Zeki Müller (Elyas M’Barek) sieht gut aus, ist tätowiert und nimmt kein Blatt vor den Mund. Außerdem ist er kriminell. Endlich aus dem Knast entlassen, will er an die Beute eines früheren Banküberfalls, die seine langjährige Freundin Charlie (Jana Pallaske) gut verstecken sollte.

Wie sich herausstellt ist das Versteck jedoch eine ehemalige Baustelle. Auf dieser hat die Goethe-Gesamtschule ihre nagelneue Turnhalle gebaut. Schnell wird klar, dass es von außen kein Herankommen gibt. Eine ausgeschriebene Stelle als Hausmeister soll das Problem lösen. Doch dank eines Missverständnisses findet sich Zeki plötzlich als neuer Aushilfslehrer wieder – obwohl er noch nicht einmal einen Schulabschluss hat…

Und als wäre das nicht schon problematisch genug, bekommt er die Problemklasse 10b aufs Auge gedrückt. Mit ruppigen und unpädagogischen Lehrmethoden versucht Zeki sich gegen die unmotivierten Schüler zu behaupten. Damit handelt er sich prompt die Kritik der spießigen Junglehrerin Lisi Schnabelstedt (Karoline Herfurth) ein.

Als sie auch noch herausfindet, dass „Herr Müller“ eigentlich nur in der Schule ist, um seine geheime Beute aus dem Keller zu holen, ist sie erst recht alarmiert. Allerdings ist sie seinem Charme zu diesem Zeitpunkt schon gänzlich verfallen…

Wie in zahlreichen thematisch ähnlichen Filmen müssen sich Lehrer so einiges gefallen lassen. Da überrascht es kaum, dass Uschi Glas mit Burn-Out aus dem Fenster springt und versucht sich das Leben zu nehmen.

Dass es im Bildungssektor einiges zu ändern gibt, bekommt auch Zaki Müller am eigenen Leib zu spüren. Prompt wird er dem Desinteresse und der Motivationslosigkeit seiner Schüler ausgesetzt, obwohl er selbst ohne Ahnung von Unterrichtsthemen kaum ein Vorbild sein kann. Die nicht vorhandene Akzeptanz seiner Person erfährt er schnell in Form von schmerzhaften Streichen, die selbst einem Ex-Knasti die Beine schlackern lassen.

Mit äußerst fragwürdigen Methoden, u.a. attackiert er seine Schüler mit einem Paintball-Gewehr, versucht er die Meute in den Griff zu bekommen und mischt die Problemschüler und auch die Lehrerschaft ordentlich auf. Schnell verschafft er sich die gewünschte Anerkennung – ohne sein ursprüngliches Ziel, das Diebesgut, aus den Augen zu lassen.

Die Schulkomödie Fack ju Göhte ist die zweite Zusammenarbeit von Regisseur Bora Dagtekin und Elias M`Barek, und wieder schrieb Dagtekin ebenfalls das Drehbuch. Sinn für Humor bewies er schon mit der Serienverfilmung Türkisch für Anfänger aus dem letzten Jahr. Und ähnlich wie in dem Inselabenteuer schlüpft M’Barek in den Charakter eines nicht sehr intellektuellen Machos mit viel Charme – diesmal jedoch als getarnter Aushilfslehrer.

Neben seiner Serienpräsenz hat Elyas M’Barek mit Komödien wie What a Man und Offroad den Sprung auf die Kinoleinwand längst geschafft. Nun spielt er an der Seite von deutschen Stars wie Karoline Herfurth, Max von der Groeben oder Katja Riemann, die ebenfalls in Türkisch für Anfänger vor der Kamera stand.

Die Storyline bietet dahingehend, dass sich ein unqualifizierter Scheinpädagoge durchbeißen muss, um sich langsam Respekt zu verschaffen, nichts Neues. Genretypisch darf auch Zekis passender Gegenpart nicht fehlen: Karoline Herfurth als konservative und überkorrekte Lisi Schnabelstedt. Natürlich ist die Liebesgeschichte ebenso unoriginell wie die Wandlung Lisis von der schüchternen Streber-Referendarin zur coolen Lehrerin.

Doch die beiden Hauptdarsteller ergänzen sich fantastisch und auch der restliche Cast bringt ordentlich Schwung in die Geschichte, so zum Beispiel Katja Riemann als knallharte Direktorin Gudrun. Vor allem die Schüler als Spiegelbild der heutigen orientierungslosen Jugend, allen voran Chantal (Jella Haase), sind eine Wohltat für die Lachmuskeln.

Fack ju Göhte trifft in diesem Sinne auch dialogtechnisch den Ton der Zeit und kann als Ode an die deutsche (Jugend)Sprache betrachtet werden. Der Wort und Dialogwitz der „bildungsfernen Schichten“ macht den größten Spaß im Film aus, ist er doch erschreckend nah an der Realität.

Das Prädikat pädagogisch wertvoll wird die Komödie wohl nicht erhalten, jedoch ist Schule durch Fack Ju Göhte so spannend wie lange nicht mehr. Sofern man die realen Probleme im Bildungssektor einmal außen vorlässt und sich auf eine Extremfahrt ins Abseits deutscher Grammatik einlässt (der Titel lässt es schon erahnen), so erfährt man 105 Minuten beste Kinounterhaltung und entdeckt noch viele Details in der Umsetzung, die die vorhersehbare Geschichte aufpeppen.

Bora Dagtekins zweite Kinoregiearbeit knüpft erfolgreich an seinen Vorgänger Türkisch für Anfänger an und liefert einen Lacher nach dem anderen. Zwar zeigt er nichts, was man nicht schon einmal auf der Leinwand gesehen hätte, überzeugt und unterhält aber mit glänzenden Darstellern, frechen Dialogen und einem faszinierenden und wohl nicht weit her geholten Abbild der heutigen Jugend.

Regie: Bora Dagtekin
Drehbuch: Bora Dagtekin
Musik: Michael Beckmann
Darsteller: Elyas M’Barek, Karoline Herfurth, Katja Riemann, Jana Pallaske, Alwara Höfels, Jella Haase, Max von der Groeben, Uschi Glas

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