1858, zwei Jahre vor dem Bürgerkrieg: Eine kleine Gruppe von männlichen Sklaven wird von den Speck Brüdern quer durch Texas gepeitscht. Unter ihnen ist auch der Sklave Django (Jamie Foxx), welcher von seiner Frau Broomhilda getrennt wurde. Während die Sklaven angekettet durch die kalte Nacht wandern, betritt Dr. King Schultz (Christoph Waltz) die Bildfläche – ein deutscher Kopfgeldjäger aus Düsseldorf und gelernter Zahnarzt.
Nachdem die Speck Brüder nicht auf einen Handel von Schultz eingehen wollen, macht dieser kurzen Prozess mit dem Gespann und unterbreitet anschließend Django ein überraschendes Angebot: Wenn dieser dem Kopfgeldjäger hilft, die Brittle Brothers, eine Verbrecherbande, die nur der Sklave identifizieren kann, zu töten, beteiligt Schultz Djanjo am Gewinn und schenkt ihm die Freiheit.
Nach erfolgreicher Tat löst Schultz sein Versprechen ein und setzt Django auf freien Fuß. Doch der Weg der beiden Männer trennt sich anschließend keineswegs. Gemeinsam eröffnen sie die Jagd auf Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) und reisen zu dessen Plantage „Candyland“. Django will seine Frau Broomhilda (Kerry Washington) finden und retten. Dr. King Schultz erkennt einen Helden in seinem Schützling und begleitet ihn auf seinem Rachefeldzug.
Nachdem uns Regisseur Quentin Tarantino im Jahr 2009 mit seinem kontrafaktischen Kriegsfilm Inglourious Basterds bereicherte, in welchem eine Elitetruppe aus jüdischen Soldaten Vergeltungsschläge gegen Nazis durchführt, setzt der Filmschaffende nun seine lose Rachetrilogie mit dem Werk Django Unchained fort.
Sein Setting dieses Mal: die amerikanischen Südstaaten im Jahr 1858. Dabei erfüllt sich Quentin Tarantino seinen Traum, einen Italo-Western zu realisieren, welcher als Hommage an Sergio Corbuccis Arbeit aus dem Jahr 1966 zu verstehen ist. Damals übernahm Schauspieler Franco Nero die Hauptrolle des wortkargen Django, welcher ständig einen Sarg hinter sich her schleift. Durch seine Brutalität und seinen schwarzen Humor unterschied sich der Film stark vom damaligen amerikanischen Western und enthielt zudem eine stark zeitgenössische gesellschaftskritische Komponente.
Was Quentin Tarantino im Jahr 2012 auf die Leinwand bringt, ist ein Genrefilm durch und durch – aber kein Remake. Überwiegende Themen sind Rache und der Kampf gegen den Rassismus, welcher bald seine Manifestation im Bürgerkrieg finden wird. Um dies zu erzählen nimmt sich der Regisseur ganze 165 Minuten Zeit und kostet dabei jede Szene vollkommen aus, ohne den Zuschauer jedoch zu langweilen. Lange Dialogpassagen werden immer wieder durch überraschende Wendungen unterbrochen.
Diesen Genuss spiegelt bereits die Einführung der Figur des Dr. King Schultz dar, welcher von einem grandiosen Christoph Waltz verkörpert wird. Langsam nähert sich der mutmaßliche Zahnarzt aus der Dunkelheit der Szene und beginnt ein Gespräch mit den angeketteten Sklaven ohne den Speck Brüdern groß Aufmerksamkeit zu schenken. Als diese irgendwann die Nase voll haben von dem Auftritt der skurrilen Gestalt, zückt der Kopfgeldjäger mit einem breiten Lächeln seine Flinte und erledigt die Störenfriede, nur um seinen Dialog mit dem Sklaven Django in aller Ruhe fortsetzen zu können.
Nachdem Christoph Waltz für seine Darbietung in der Rolle des SS-Standartenführer Hans Landa in Inglourious Basterds mit dem Oscar für die Beste Nebenrolle ausgezeichnet wurde, darf sich der österreichische Schauspieler auch für seinen Auftritt in Django Unchained Hoffnungen auf die begehrte Trophäe machen. Mit Sicherheit ist dieses Lob gerechtfertig, doch eigentlich nimmt der Kopfgeldjäger für den Part einer Nebenrolle recht viel Leinwandzeit ein und hätte auch als Hauptrolle ins Rennen gehen können. Interessant ist ebenfalls, dass er dieses Mal nicht wie in Inglourious Basterds und The Green Hornet den Part des Bösewichts einnimmt, sondern als einziger Weißer für das Wohl der Sklaven einsteht.
Der Posten der Hauptrolle wurde dann doch wohl eher mit Jamie Foxx besetzt, der bereits 2005 als Bester Schauspieler in einer Hauptrolle für Ray ausgezeichnet wurde. Nun verkörpert er den von Rache getriebenen ehemaligen Sklaven, der das Handwerk eines Kopfgeldjäger erlernt und seine Frau aus den Zwängen von Calvin Candie befreien will. Charakterfest begleitet der Zuschauer die Figur von einem einfach Sklaven bis hin zu einem eiskalten Racheengel. Für eine Oscar-Nominierung als Bester Schauspieler hat es dieses Mal jedoch nicht gereicht, was wohl vor allem an dem starken Nebencast liegt, welcher der Figur des Django des öfteren die Show stiehlt.
Ziel des ungleichen Gespanns: Leonardo DiCaprio. Dieser erbringt eine Leistung, die ebenfalls mit einer Nominierung als beste Nebenrolle hätte prämiert werden müssen. Als gnadenloser Plantagenbesitzer verkörpert er seine erste wirklich bösartige Rolle und läuft dabei zu Hochform auf. Eine ebenfalls tragende Nebenrolle wird von Samuel L. Jackson verkörpert, dem als treuer Diener Stephen nichts verborgen bleibt. Eine der wohl besten Leistungen des Schauspielers seit Jackie Brown (1997). Für das geschulte Auge hat der Film zudem einige nette Cameo-Auftritte parat. Während sich Regisseur Quentin Tarantino relativ auffällig die Ehre gibt und einen geldgierigen Cowboy mimt, tritt der italienische Schauspieler Franco Nero und originale Django Darsteller in einer kurzen Szene als Bargast in Erscheinung.
Insgesamt wird Django Unchained wie sein Vorbild von Brutalität und schwarzem Humor dominiert. Die Gewalt des Werkes wird vor allem durch die Mandingo-Kämpfe deutlich, bei welchen schwarze Leibeigene um ihr Leben kämpfen. Natürlich beinhaltet der Film auch Western-typische Schießereien, welche durch B-Movie ähnliche Blutorgien begleitet werden. Dabei schwenkt die Kamera gekonnt weg, sobald die Sklaven gepeinigt werden und die Qualen der grausamen Halter dominieren die Leinwand. Der schwarze Humor spiegelt sich unter anderem in einer Szene wieder, wenn Befürworter der Sklaverei mit weißen Masken losreiten. Die Anhänger des Ku-Klux-Klan beginnen jedoch vor ihrem Überfall eine ausführliche Diskussion über den Nutzwert ihrer Kopfbedeckung und reden sich dabei in Rage, bis schlussendlich einer der Gruppe beleidigt von Dannen zieht.
Bei der Musikauswahl hat sich der Regisseur kräftig an den Stücken von Ennio Morricone bedient, welche sein Werk gekonnt untermalen. Fremde Klänge von 2Pac und James Brown fallen eher aus dem Rahmen und lassen das Publikum kurz aufschrecken. Die Auswahl Tarantinos ist wie in all seinen Werken facettenreich, jedoch passen manche Songs nicht immer zur Szene und wirken daher verstörend auf den Zuschauer.
Rassismus kann man Quentin Tarantino auf keinen Fall vorwerfen, so wie es z.B. Regiekollege Spike Lee tat und den häufigen Einsatz des Wortes „Nigger“ kritisierte. Der tiefe Respekt vor dem Thema Sklaverei und die Kritik am Rassismus behält durchgehend die Überhand. Django Unchained ist ein klassischer Tarantino, der mit einer gekonnten Mischung aus Rache und Western unterhalten kann.
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