Tony (2009) | Filmkritik

Täglich begegnen uns dutzende verschiedener Menschen auf der Straße und wir wissen nicht, wie diese Leute ihr Leben in ihren eigenen vier Wänden verbringen. Tony (Peter Ferdinando) sitzt die meiste Zeit in seiner kleinen Wohnung und schaut sich alte Actionfilme mit Steven Seagal, Chuck Norris oder Arnold Schwarzenegger an. Danach wandert er ziellos durch die Straßen und spricht mit fremden Menschen. Der Mann, welcher seit 20 Jahren arbeitslos ist, wirkt wie ein schüchterner Herr mittleren Alters, der sich nur auf der Suche nach Gesellschaft befindet. Wenn Tony diese schließlich in der Form von Junkies oder anderen Fremden findet und sie in seine Wohnung einlädt, offenbart der verstörend wirkende Mann sein wahres Gesicht. Mit einem Hammer erschlagen, mit einem Kabel erdrosselt oder mit einer Plastiktüte erstickt. Seine Opfer verbringen meist noch etwas Zeit in der Wohnung und leisten Tony Gesellschaft, bevor sie ihn stückchenweise und in blauen Mülltüten wieder verlassen. Wenn er gerade niemanden in seiner Wohnung zu Besuch hat, ist er bei den Nachbarn zum Essen eingeladen, macht sich auf den Weg zu einer Prostituierten oder muss zu einem Vorstellungsgespräch. So sieht Tonys Alltag als Serienmörder aus.

Wer sich auf den Film Tony einlässt, sollte sich vorher im Klaren sein, dass er keinen actiongeladenen Film serviert bekommt, der einen Serienmörder bei seinen Taten verfolgt. Man begleitet Tony bei seinem ganz normalen Alltag, zu dem eben auch die Morde zählen. Der Film ist viel mehr ein Thriller ohne Nervenkitzel, ein Horrorfilm ohne Angst, einfach ein Lebensausschnitt eines Serienmörders. Dabei schwanken die Gefühle des Zuschauers konsequent zwischen Verachtung und Mitleid. Denn Tony ist ein Mörder, welcher sich auf der Suche nach Gesellschaft befindet. Dieses Bedürfnis stillt er entweder beim netten Abendessen mit den Nachbarn oder mit einer Leiche, welcher er neben sich in sein Bett legt. Was jedoch den Charakter im Endeffekt so interessant macht, ist die großartige Leistung von Schauspieler Peter Ferdinando (Turnout). Er schafft es Tony ein Gesicht zu verleihen, welches seinen inneren Konflikt nach außen wirft. Es entsteht ein abgekapselter Charakter, der auf die meisten Menschen absonderlich wirkt.

Die Umsetzung des Film geschieht mit einer extrem ruhigen Atmosphäre, von sanften Pianoklängen unterstrichenen und in einer zermürbenden, ruhigen Weise. Leider stört die Kameraführung bei vielen Szenen diese gelassene Atmosphäre mit ihren, ob gewollt oder ungewollt, wackeligen Aufnahmen. Die Geschichte von Tony weist zudem viele Parallelen zum bekannten Serienmörder Dennis Nilsen auf. Dieser bezeichnete sich selbst als „Englands größten Serienmörder“. Wer sich also auf das Erstwerk von Regisseur Gerard Johnson einlässt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er eine Geschichte ohne Anfang und Ende erlebt, eine Geschichte von der Suche nach Gesellschaft und der Angst vom Verlassen werden, eine Geschichte eines Serienmörders. Denn Tony ist alles, nur kein Film. Er will nicht unterhalten, er will empören, entsetzen und schockieren. Denn Tony ist ein Serienmörder und er lässt euch an seinem Alltag teilhaben.

Regie: Gerard Johnson
Musik: Matt Johnson
Darsteller: Peter Ferdinando, Cyrus Desir, Lorenzo Camporese, Frank Boyce, Lucy Flack, Ian Groombridge, Ricky Grover

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