Jane (Julia Garner) ist morgens im Büro immer die Erste. Sie kocht Kaffee, druckt Seiten für ihre Kollegen aus und reinigt die Büroräume.
The Assistant: Mobbing auf der Arbeit
Die junge Frau ist seit zwei Monaten Junior-Assistentin in einer Filmproduktionsfirma, ist nett zu ihren Kollegen, kümmert sich manchmal auch um die Kinder des Chefs und unterstützt das Team bei seiner Arbeit. Dabei muss sie sich jedoch einiges gefallen lassen.
Mal ist es die Frau des Chefs, die vollkommen hysterisch anruft und eine Affäre ihres Mannes vermutet. Mal sind es ihre Kollegen, die sie mit Papierschnipsel bewerfen. Aber sie steckt es ein und macht ihren Job. Zwischendurch trudeln Stars aus der Filmbranche ein, die sie betreut.
Eines Tages steht eine junge Frau namens Sienna (Kristine Frøseth) bei ihr im Büro. Sie soll als neue Junior-Assistentin von Jane angelernt werden. Warum? Scheinbar versteht sie sich gut mit dem Chef der Filmproduktionsfirma. Jane findet heraus, dass er sie abends im Hotel trifft. Aber Beweise für eine Affäre hat sie nicht.
Aufstand gegen den mächtigen Chef
Deshalb wendet sie sich an einen Betreuer in der Firma, der scheinbar kaum Interesse an ihrem Anliegen hat. Wirklich vertraut scheint er nicht zu sein. Wie lange hält Jane es noch in der Firma aus? Wann schmeißt sie endlich hin?
The Assistant ist ein US-amerikanisches Filmdrama von Kitty Green, bei welchem sie neben der Regie auch das Drehbuch verfasse. Der Film ist zugleich ihr Spielfilmdebüt. Eines vorweg: Ihr Debüt ist gelungen. Denn Kitty Green bleibt ihrer Linie treu. Jede Szene, jede Kameraeinstellung und das gesamte Set passen zusammen.
In konsequenterweise wird in dem Film die Trostlosigkeit in der heutigen Arbeitswelt dargestellt. Vor allem der Berufseinstieg und die Häme, die jeder Anfänger anfangs einstecken muss, werden hier realistisch aufgezeigt. Die Hauptfigur Jane ist ununterbrochenem Leistungsdruck ausgesetzt und hat kaum eine Minute Ruhe auf der Arbeit. Und genau da setzt Regisseurin Green an.
Männer & Frauen in der Arbeitswelt
Sie zeigt einen Tag lang Janes Arbeitswelt. Es ist erschütternd mit anzusehen, wie viel die junge Frau verkraften muss. Eigentlich stellt man sich als Zuschauer nur immer wieder die Frage: „Warum kündigst du nicht einfach?“. Aber Jane möchte stark sein, sich nicht unterdrücken lassen. Deshalb bleibt sie.
Für den Zuschauer wird The Assistant mit anwachsender Spieldauer unangenehmer. Es sind die kleinen Dinge in Mitarbeiter-Gesprächen, in denen Jane herabgestuft wird. Es sind keine Gespräche auf Augenhöhe, sondern klar hierarchisch geprägte Konversationen.
Angeführt wird der 88-minütige Film von der starken Hauptdarstellerin Julia Garner. Zuvor spielte sie bereits Nebenrollen in den Serien Ozark und Maniac. Mit diesem Film setzt sie jedoch ein dickes Ausrufezeichen. Denn sie beweist sich als gute Nachwuchs-Schauspielerin.
Der tagtägliche Kampf in unserer Leistungsgesellschaft
Dies zeigt sie, indem sie ihrer Figur Glaubwürdigkeit und auch eine gewisse Zurückhaltung gibt. Damit ist die junge Jane sehr greifbar für den Zuschauer. Julia Garner mimt die Assistentin nie übertrieben, sonder immer auf den Punkt.
In diesem ruhigen Film spielt sie ihr schauspielerisches Talent aus. Ähnlichkeit hat der Film mit dem deutschen Drama In den Gängen (2018). Dort spielt Franz Rogowski (Victoria) einen jungen Gabelstaplerfahrer, der wie Jane etwas zurückhaltend und ruhig ist.
Anders ist jedoch das Arbeitsumfeld in beiden Filmen. Jane ist vollkommen isoliert. Im Gegensatz zu dem deutschen Gabelstaplerfahrer hat sie niemanden in der Firma, der ihr Mentor sein könnte. Und diese Orientierungslosigkeit wird besonders deutlich, wenn Jane Kritik einstecken muss. Wie eine Erleichterung fühlte sich ein Schulterklopfer eines Kollegen an einer Stelle des Films an. Und genau diese emotionale Distanz sorgt für einen gelungenen Film.
Dennoch fehlt ihm jedoch auch eine gewisse Dynamik in einigen Szenen. Teilweise zieht sich der Film doch zu lang.
Insgesamt ist The Assistant ein ruhiger, thematisch bedeutender Film über junge Menschen in der heutigen Leistungsgesellschaft. Die Highlights sind Hauptdarstellerin Julia Garner und Regisseurin Kitty Green. Zusammen zeigen sie einen tiefen Blick hinter die Fassaden von Filmproduktionen. In 88 Minuten wird ein glaubwürdiges und zutiefst seelenloses Arbeitsleben aufgezeigt.
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