Possessor (2020) | Filmkritik

Tasya Vos (Andrea Riseborough) arbeitet als Auftragskillerin in einem Cyber-Unternehmen. Nur ist sie keine gewöhnliche Killerin. Denn ihre Firma wendet eine neue Methode an, um die Ziele auszuschalten.

Wer bin ich?

Hierbei wird Tasyas Bewusstsein in andere Körper geleitet. Sie führt die Morde dann sozusagen in fremden Körpern aus. Durch die häufigen Körperwechsel verändert sich jedoch auch Tasyas Persönlichkeit. Ihr fällt es schwerer, sich am Ende eines Auftrags aus den Körpern zu trennen. Dies funktioniert nur durch eine Selbsttötung.

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Also hadert sie und verliert ihr Ziel aus den Augen. Ihre Chefin Girder (Jennifer Jason Leigh) hält allerdings weiter an ihr fest und hofft, dass es nur eine kurze Schwächephase ist. So gibt sie Tasya einen neuen Auftrag, der dem Unternehmen eine Menge Geld einbringen soll. Auftraggeber ist der reiche Reid. Er befiehlt, sowohl John Parse (Sean Bean) und dessen Tochter Ava (Tuppence Middleton) zu töten.

Persönlichkeitsentwicklung trifft auf Körperhorror

Tasya nimmt dabei den Körper von einem Geliebten ein. Tasya hat jedoch Gewissensbisse, welche die gesamte Mission gefährden. Denn eine Auftragskillerin mit Emotionen ist bekanntlich gefährlich für das Geschäft.

Possessor ist sicherlich kein einfach gestrickter Film. Regisseur und Drehbuchautor Brandon Cronenberg, Sohn von David Cronenberg (Tödliche Versprechen), hat sich eine kreative und zugleich auch verwirrende Geschichte für seinen Film ausgedacht. So behandelt der 104-minütige Streifen Themen wie Identitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung in einem Body-Horror-Szenario mit reichlich Blutspritzern.

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Es ist schon interessant, wie ähnlich Brandon und David Cronenbergs Handschriften sind. Hier ist klar zu erkennen, dass ein Cronenberg hinter der Kamera sitzt. Die Stärken des Films sind die Splatter-Szenen und Gewaltausbrüche sowie die ambitionierte Machart. Die Mordsequenzen sind brutal, schockierend und abstoßend – was dem Film guttut. Es gibt wenig Thriller, die sich solche Schocker überhaupt noch trauen. Deshalb erstmal einen dicken Pluspunkt.

Ein ungeschliffener Diamant

Das Drehbuch ist neu und clever, aber leider auch nicht sehr ausgeglichen. So kann in Possessor die ein oder andere Festplatte überhitzen, da wenig erklärt wird und man sich ein paar Puzzleteile zusammenfügen muss. Das führt zumindest zum Teil zu einer Überforderung.

Die Motivationen der Figuren bleiben unklar – einige Handlungen sind ebenfalls konfus. So fehlt es Possessor an Spannung und einer entsprechenden Erzähldynamik. Viele Szenen verpuffen einfach ohne tiefere Spuren zu hinterlassen.

Auch die Charaktere sind eher unsympathisch. Der Zuschauer kann also wenig mitfiebern. Dies drückt das Filmerlebnis etwas hinunter. Und das ist schade, denn mit etwas mehr Feinschliff beim Drehbuch wäre hier ein guter Sci-Fi-Thriller entstanden. Aber so ist es leider ein ungeschliffener Diamant.

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Andersherum ist der Anspruch, den Cronenberg hier verfolgt, hoch. Allein das Thema Identität bekommt einen ganz neuen Touch. So zeigen vorherige Filme verschiedene Identitäten meist bei psychisch erkrankten Personen. In Possessor ist es aber der Körper, der wechselt und dadurch Einfluss in die Persönlichkeit nimmt. Das ist ein kompletter Richtungswechsel, wenn man sich dieses spezifische Genre anschaut.

Ein Gore-Fest der Gewaltexzesse

Ein weiterer Pluspunkt ist die gesamte Optik. Fast jede Szene ist auf Hochglanz poliert und besticht deshalb durch eine gute Bildschärfe und eine Klarheit. Schauspielerisch ist der Thriller in Ordnung, aber nicht mehr. Dadurch, dass alles etwas unerklärt bleibt, fehlen den Figuren auch emotionale Wellen, was die darstellerische Leistung ein wenig drückt. Dennoch zeigt der Cast trotz des eher minimalistischen Spiels eine solide Leistung.

Insgesamt ist Possessor ein wohltuender, erfrischender und zugleich auch unausgeglichener Sci-Fi-Thriller, der einen mit einem dicken Fragezeichen zurücklässt und dank seiner Gewaltexzesse überzeugt. Mit mehr Budget, einem genaueren Drehbuch und besseren Darstellern wäre wahrscheinlich noch mehr drin gewesen.

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