Der junge Steven Avery ist gerade mal 23 Jahre alt, als er für eine Vergewaltigung zu einer Gefängnisstrafe von 32 Jahren verurteilt wird. 18 weitere Jahre ziehen ins Land, bevor die Verbesserung von DNA-Methoden Steven Averys Unschuld letztendlich beweisen. 18 Jahre unschuldig im Gefängnis für eine Tat, die er nie begangen hatte. Dies ist nicht die Hintergrundgeschichte für die Dokumentarserie Making a Murderer, sondern lediglich die Prämisse für einen verstörenden, furchterregenden Realthriller, denn nur knapp zwei Jahre nach seiner Entlassung, wird Steven Avery im Jahre 2005 ein weiteres Mal angeklagt. Dieses Mal für einen Mord, der ihn für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen soll.

Denn Steven hatte Penny Beerntsen nicht vergewaltigt. Beweisfälschungen, getürkte Fahndungsfotos und die schiere Korruption hinter dem Fall eröffnen einen Abgrund, der den Zuschauer schaudern und erkennen lässt, zu was für Taten selbst die Justiz fähig zu sein scheint. Der Fall um Penny Beerntsen kostet Steven Avery 18 Jahre seines Lebens.
Nachdem neue DNA-Befunde den Wisconsin-gebürtigen Avery aus der Haft befreien beschließt dieser, den Staat und die Justizgewalt auf Schadensersatz zu verklagen. Mehrere Politiker unterstützen sein Vorhaben und immer mehr Fakten rund um den ursprünglichen Fall verdeutlichen die Unprofessionalität der Polizeibeamten des Manitowoc County und deren Wunsch Steven Avery hinter Gittern zu halten. Die Klage zieht sich jedoch in die Länge, beeinflusst zwar eine Gesetzesvorlage, die künftigen Opfern von Justizirrtümern helfen soll, doch zu Averys Ungunsten soll sich das Blatt ein weiteres Mal wenden.

Die Serie Making a Murderer ist eine spannungsgeladene Achterbahnfahrt, die keine dramatische Vorlage benötigt, sondern beweist wie furchterregend und verstörend die Realität selbst sein kann. Die Erzählung der beiden Fälle, die das Leben von Steven Avery gezeichnet haben, ist mitreißend und gleichzeitig beunruhigend. Trotz seines dokumentarischen Stils zeichnet sich die Serie, wie die meisten Netflix-Produktionen, mit dem Marathoncharakter aus, da immer wieder zum Schluss einer Episode eine neue Erkenntnis oder eine Wendung den Zuschauer am Ball hält und einen Cliffhanger auf die nächste Folge bietet.

Besonders für Fans von Serien wie Medical Detectives – Geheimnisse der Gerichtsmedizin oder Cold Case Files ist Making a Murderer ein absolutes Muss. Doch beschränkt sich die Sendung nicht auf Labore und Interviews, sondern erzählt eine tief emotionale Geschichte einer Familie, die an der Justiz und ihrer Willkür zerbricht. Davon, sich vor der Serie bei Wikipedia über den Fall schlau zu machen ist absolut abzuraten, da so das Ende der Serie geradezu obsolet ist. Denn Making a Murderer spielt mit dem offenen Ende der Geschichte und dem Kampf der Averys gegen die Polizei.
Die Erzählung der Gerichtsverhandlung ist verstörend, emotional und gleichzeitig furchterregend. Es soll hier nicht zu viel über die spannende Geschichte rund um Steven Avery verraten werden, doch lässt sich ohne Zweifel sagen, dass es sich bei Making a Murderer um eine der spannendsten, mitreißendsten Dokumentationen der letzten Jahre handelt.
Episodenübersicht zu Making a Murderer
Idee: Laura Ricciardi, Moira Demos
Länge pro Episode: ca. 47-66 Minuten
Bilder © Netflix


