John Wick: Kapitel 4 ist der beste Ballerfilm aller Zeiten. Nie war Action mit Pistolen kreativer, schöner und unterhaltsamer. Im vierten Teil der Reihe zeigt Regisseur Chad Stahelski sein Gespür für Choreografien. Jedoch gibt es auch Schwächen im Storytelling. Bevor es losgeht mit der Kritik, erstmal die Handlung.
Worum geht es in der Fortsetzung?
Nach den Geschehnissen aus den Vorgängerfilmen ermordet John Wick (Keanu Reeves) den Ältesten, der über der Hohen Kammer steht. In dieser sind die weltweit agierenden Verbrechersyndikate angeschlossen. Währenddessen verliert Winston (Ian McShane) das New Yorker Continental-Hotel.
Der Marquis Vincent de Gramont (Bill Skarsgard) hat die Befugnisse aufzuräumen und alle, die das Ausmaß des Killers Wick in irgendeiner Weise gefördert haben, zu bestrafen. Winston schlägt vor, dass sich der Marquis einem altmodischen Duell mit John Wick stellen soll, um die Verhältnisse wieder gerade zu rücken. Es kommt zu einem Showdown, in dem es nur einen Sieger geben kann.
Echte Handarbeit, gute Kampfchoreos und eine konsequente Fokussierung auf das Wesentliche
Der vierte Teil der Reihe ist mit 169 Minuten Laufzeit zugleich der längste und auch der stärkste. Die Begründung ist recht simpel: Teil vier hat die beste Action. Während zu Beginn des Films noch die Wick-üblichen Szenen wie Bodenrollen, monotone Schießereien und bekannte Kämpfe leichte Ermüdungserscheinungen hervorrufen, dreht John Wick: Kapitel 4 mit fortgeschrittener Laufzeit immer weiter auf.
Mit wunderschön eingefangenen Schauplätzen und einer einfallsreichen Kameraarbeit von Dan Laustsen ballert sich die Action auf ein neues Level. Laustsen hat zudem im letzten Filmdrittel eine Actionszene auf eine ganz neue Art eingefangen. Es ist schön zu sehen, wie eine US-Produktion endlich mal in diesem Standpunkt abliefert. Die animierten Kämpfe und die häufigen Schnitte im Blockbuster-Kino haben dem Action-Genre geschadet.
Echte Handarbeit, gute Kampfchoreos und eine konsequente Fokussierung auf das Wesentliche machen eben den Unterschied. Das hat das John-Wick-Franchise bewiesen. Zudem ist der Film einer der unterhaltsamsten Fast-Drei-Stunden-Filme. Es gibt keine langweiligen Momente.
Dies liegt auch an dem starken Finish, das noch einmal alles auf den Kopf stellt. Eine bestimmte Treppe in Paris wie auch der Arc de Triomphe werden hier zu einem Schauplatz des modernen Actionkinos. Die Kampsequenzen sind sehr übersichtlich, was auch für die Regie von Stahelski spricht. Der Zuschauer hat seine Figuren stets im Blick und weiß genau, wo wer steht. Dies ist in anderen Vertreter es Genres häufig nicht der Fall.
Ultimatives Actionkino auf der Leinwand
Der Arc de Triomphe, den die meisten als spektakulären französischen Kreisverkehr kennen, wird von einer ganz neuen Seite gezeigt. Ihn als Handlungsort für ein Action-Spektakel zu wählen ist schon kreativ. Auch die Treppe in Paris kommt gut zur Geltung. Und nach Joker tritt wieder einmal eine Treppe präsent in Erscheinung. Auch die anderen Schauplätze Osaka und Berlin sind gut gewählt. In Berlin gibt es zudem einen Auftritt eines der bekanntesten Türsteher Deutschlands.
Neben diesen Punkten gibt es jedoch auch Kritik: Die Drehbuchautoren Michael Finch und Shay Hatten haben die Handlung aufgebläht mit dem neuen Gegenspieler und vielen weiteren Figuren. Der Marquis sorgt zwar für eine neue Dynamik, da nun ein klarer Antagonist mitmischt. Jedoch werden die beschriebenen Regeln der Teile eins bis drei auch einfach niedergeschrieben. So gibt es plötzlich keine Grundfesten mehr für Auftragskiller, worauf das Franchise zu Beginn noch viel wert gelegt hat.
Nicht einmal die Hohe Kammer spielt noch eine bedeutende Rolle. Um die Geschehnisse der Vorgängerfilme noch einmal zu toppen, war so eine Drehbuchentscheidung sicher notwendig. Doch Sinn macht es inhaltlich nicht.
Aber wer ernsthaft im vierten Teil der John-Wick-Reihe inhaltliche Meisterklasse erwartet, der hat die Reihe nicht kennengelernt. Denn im neuesten Teil wird wenigstens versucht, mehr als Action zu liefern. Und mit einigen neuen Charakteren hat es auch funktioniert. Nur ergeben deren Motivationen kaum Sinn.
Ein Mann mit vielen Freunden
Immer, wenn John Wick in Gefahr ist, kommt ein Freund vorbei und hilft ihm oder er wird verschont. Auch ist es überraschend zu sehen, wieviele Freunde der Killer auf der Welt hat. Das Konzept wird etwas übertrieben.
Donnie Yen (Ip Man) mimt den blinden Killer Caine wunderbar. Seine Art der Kampfszenen bringen eine neue Eleganz in das John-Wick-Franchise. Zudem wirkt er immer stilvoll und cool. Die Rolle des Trackers (Shamier Anderson) ist hingegen etwas überflüssig. Denn immer, wenn er die Gelegenheit hat, Wick zu töten, wartet er. Auch, dass er einen Hund an seiner Seite hat, wirkt manchmal aufgesetzt.
Enttäuschend ist die Figurenzeichnung der titelgebenden Hauptfigur. John Wick hat kaum noch Dialogzeilen und seine One-Liner sind ermüdend. Gerade bei ihm wäre ein emotionaler Tiefgang greifbar gewesen. In Teil eins war Wick noch gebrochen und sauer, wieder ins Killer-Business einsteigen zu müssen.
Neue Maßstäbe für das Actionkino sind gesetzt
Jetzt wandert der berüchtigte Hitman einfach nur noch durch die Straßen ohne eine Motivation zu haben. Der Auftritt von Scott Adkins (Avengement) im Fat-Suite ist witzig und zumindest für ihn als Kampfspezialisten neu. Seine Tritte haben wie gewohnt Wucht. Zudem spielt Bill Skarsgard (Es) den Antagonisten gut, aber nicht überragend. In seinen Szenen spielt immer ein Hauch Arroganz mit. Insgesamt ist der Cast gelungen besetzt.
Alles in allem ist der John Wick: Kapitel 4 ein Genuss für Action-Fans und ein unterhaltsames Spektakel. Im US-Actiongenre setzt der vierte Teil der Reihe neue Maßstäbe.
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