Heute war es ausgesprochen windig in Cannes und fast wehte es beim Fotoshooting sogar Emma Stone das Kleid nach oben. Dafür strahlt die Sonne umso mehr und ich sichtete wieder zwei gelungene Filmbeiträge.
Der Tag begann mit dem sehr skurrilen Film The Lobster vom griechischen Ausnahmeregisseur Yorgos Lanthimos. Er führte bereits bei Dogtooth (2009) Regie und räumte dafür den Preis Un Certain Regard in Cannes ab. The Lobster läuft dieses Jahr im Wettbewerb und ist ebenso wie Dogtooth eine abgedrehte Story über eine kaum vorstellbare Welt, gegen die sich einige Protagonisten auflehnen.
Diese finden sich in einer nahen Zukunft wieder, in der es strafbar ist, ledig zu sein. Alle Singles werden verhaftet und in ein Hotel gesteckt, in dem sie 45 Tage Zeit haben, einen neuen Partner zu finden. Gelingt dies nicht, werden sie in ein Tier ihrer Wahl verwandelt und in den Wald verbannt. Als der Versuch von Hauptcharakter David (Colin Farrell) fehlschlägt, flieht er in den Wald und stößt auf aufsässige Ledige mit einer zwielichtigen Anführerin (Léa Seydoux). Ausgerechnet dort verliebt er sich, obwohl es gegen deren Regeln verstößt…
Die Story scheint auf den ersten Blick äußerst abgedreht, allerdings erzählt sie auf eine ganz eigene Weise ein permanentes gesellschaftliches Problem: Die Ausgrenzung von Menschen, die sich an bestimmte Regeln einer höheren Macht – sei es freiwillig oder unfreiwillig – nicht halten.
The Lobster bietet schwarzen Humor vom Feinsten, Kreativität und absurde Szenen, bei denen man sich am liebsten die Hände vor die Augen hält, um dann doch durch einen kleinen Spalt zu spähen. Lanthimos drehte zum ersten Mal mit Hollywoodschauspielern und vereinte ein starkes Ensemble rund um Colin Farrell (Total Recall), Lea Seydoux (La vie d’Adèle), Rachel Weisz (Der ewige Gärtner), John C. Reilly (Guardians of the Galaxy) und Ben Wishaw (Das Parfum), die heute alle bis auf Farrell an einer Pressekonferenz zum Film teilnahmen und abends über den roten Teppich schlenderten.
Direkt im Anschluss trieb es mich in den neuen Woody Allen Film Irrational Man mit Joaquin Phoenix (Walk the Line) und Emma Stone (Birdman) in den Hauptrollen. Im Gegensatz zu seinem letzten Film Magic in the Moonlight (2014) fand ich mich die gesamte Filmdauer über äußerst gut unterhalten.
Die Dreiecksromanze zwischen Professor Abe Lucas, seiner Kollegin Rita (Parker Posey) und seiner besten Studentin Jill hat Biss, glänzt mit Sarkasmus und erhält vor allem dadurch Schwung, dass Abe den erhofften Sinn des Leben darin zu findet glaubt, in dem er einem anderen Menschen das Leben nimmt. Allen, Stone und Schauspielerin Parker Posey (Superman Returns) gaben am Nachmittag ebenfalls eine Pressekonferenz und zeigten sich am Abend der tobenden Menge auf dem roten Teppich.
Nach einem ausgiebigen Spaziergang entlang von Cannes Stränden nahm auch ich mir vor, den Trubel rund um den roten Teppich einmal aus der Nähe anzusehen, da ich von weitem Michelle Rodríguez erspähte. Mit dem Wort Nähe kann man meinen Ausflug jedoch nicht wirklich beschreiben. Tausende Fans verbarrikadieren jede mögliche Sicht. Und wer einmal einen guten Platz im Gewimmel erwischt, erkennt die Stars unter dem ganzen Blitzlichtgewitter auch nicht besser. Letztlich haben die Zuschauer nur über einen Monitor sehen können, welcher Star gerade über den Teppich schreitet. Daher fotografierten die Menschen dann die Stars auf den Monitoren. Glamour geht eindeutig anders.
Für morgen steht erst einmal ein Ausflug an einen Drehort an, der vielen Filmfans bekannt sein dürfte. Im Anschluss werde ich mir wieder den einen oder anderen Film anschauen. Bonne journée! MaryChloe