Ein kritischer Blick auf den neuesten Marvel-Film und die Zukunft des Cinematic Universe

The Marvels

Da ist er nun endlich, der lang ersehnte, heiß erwartete neue Streich aus den Marvel Studios. Der Filme wie Oppenheimer, Barbie, Dune: Part Two oder den neuen Planet der Affen-Film alt aussehen lassen wird.

Können Disney und Marvel die Kurve kriegen?

Ich wage mich schon ungesehen darauf zu versteifen, dass The Marvels das Kino nachhaltig revolutionieren wird. Und die ersten überschwänglichen Kritiken bestätigen mich in dieser Überzeugung!

Ein weiteres Meisterwerk aus dem Hause Disney, nach zuletzt innovativen und bahnbrechenden Produktionen wie Dr. Strange & Fake-Prof. X gefangen im Evil Dead-Remake, Egalna… Eternals, Black Panther 2: Die gähnende Langeweile oder Ant-Man…ach was soll’s, Paul Rudd ist ja irgendwie ein sympathischer Kerl.


Ja, ihr fragt euch zurecht: Woher kommt diese Häme? Was ist passiert, dass jemand so auf dem allseits beliebten Marvels Cinematic Universe herumtrampeln muss? Es sind doch so harmlose, so nette und witzige Filmchen, die einem den Alltag versüßen. Ist doch alles töfte im Land der kunterbunten Umhangträger.

Lichtblicke in der Dunkelheit: Die wenigen Erfolge nach End Game

Ich gebe sehr gerne zu, ich habe das MCU bis zu einem gewissen Punkt sehr gerne geschaut. Natürlich gab es in dieser Franchise-Massenabfertigungsfabrik immer schon viele Gurken, aber immer noch wenig genug, dass man die guten Sachen genießen konnte. Der erste Guardians of the Galaxy zum Beispiel ist zu seiner Zeit ein so erfrischender und unverbrauchter Film gewesen.

Selten kam Marvel nochmal auf dieses Niveau, trotzdem hatte das Rahmenkonzept einen nicht von der Hand zuweisenden Sog. Bis dann schließlich nach End Game alles erzählt zu sein schien.

© Disney

Drei halbwegs gelungene Filme hat Marvel seitdem noch auf die Leinwand gekriegt: Der eine ist Shang-Chi. Der zweite Spider-Man: No Way Home, der zwar in erster Linie den Nostalgiefaktor der Gen Y getriggert hat, aber trotzdem noch eine packende Handlung mit Hand und Fuß zu erzählen weiß. Und dann ist da noch der dritte Guardians-Film. Viel ist nicht mehr geblieben von der Klasse des Ersten, unterhaltsam ist er aber allemal noch.

Höhepunkt der Enttäuschung: Thor: Love & Thunder unter der Lupe

Dann wurde es still in den Köpfen der Autoren. Die sogenannte Phase IV (oder sind wir schon bei Phase V?), sie schaut sich zu weiten Teilen wie eine The Asylum-Kopie der vorangegangenen Phasen. Man stellt sich ein riesiges Gehege vor, in dem die Schreiberlinge in ihren Hamsterrädern mit Stromschocks dazu angetrieben werden mehr Abziehbilder dieses doch stets funktionierenden Comic-Konstrukts zu produzieren.

Und damit kommen wir zum Höhepunkt dieser Wutrede: Thor: Love & Thunder. Ein Film, der bereits letztes Jahr erschienen ist und alles vereint, was bei Disneys Franchising-Gedanken falsch läuft. Ein Werk, das so anbiedernd und kaltherzig produziert wurde, dass selbst dem eingefleischtesten Marvel-Fan mulmig werden müsste.

© Disney

Die erste Hälfte des Films wirkt in etwa so: Der kleine Taika (9) ist ein riiieeeesengroßer Mavel-Fan. Am liebsten mag er Guardians of the Galaxy, weil der Film so lustig ist und die Figuren so drollig sind. Leider haben ihm Mama und Papa zu Weihnachten nur die Actionfiguren von Thor geschenkt. Naja egal! Dann spielt Taika halt mit Thor, Jane & Co. seinen Lieblingsfilm nach, holt noch eine Plüsch-Ziege aus dem Regal (der einzig gute Gag des Films, aber auch nur beim ersten Mal) und ab geht die wilde Post!

Christian Bale in Love & Thunder: Ein verlorener Glanz in der Infantilität

Taika hat richtig viel Spaß, leider ist ihm nicht bewusst, dass gleichzeitig Millionen Menschen vor dem Fenster hocken und ihm beim Spielen zugucken. Irgendwie eine ziemlich weirde Situation.

Genauso weird wie dieser Film: Thor und Jane wirken in dieser albernen Möchtegern-Persiflage wie befremdlich leere Hüllen, in die Ryan Reynolds-Klone gestopft worden sind. Ein Highlight der Banalitäten ist eine Zusammenkunft der Götter, die so blutleer und pseudo-lustig inszeniert wird, dass man nicht wegschauen kann wie bei einem Autounfall.

Und dann ist da noch Christian Bale, ein herausragender Schauspieler, in dessen wenigen Szenen zum Teil zum Vorschein kommt, wo der Film vielleicht irgendwann mal hinwollte. Schlussendlich wirkt sein Gorr aber einfach nur verloren in diesem infantilen Gewitter an Merkwürdigkeiten.

© Disney

Umso erstaunlicher, dass es der Film gegen Ende tatsächlich doch noch schafft das Ruder etwas herumzureißen, und ein, zwei packende Momente zu kreieren. Das alles steht aber in so einer seltsamen Divergenz zu den ersten 60 Minuten, dass Love & Thunder als Gesamtpaket einfach nicht funktioniert. Und nicht nur nicht funktioniert, sondern einen mit tausend Fragezeichen zurücklässt.

Zwischen Mittelmäßigkeit und Hoffnung – Die aktuelle Lage des MCU

Was haben wir hier gesehen? War das ein kurzer Blick hinter die Kulissen? Kevin Feige, der sich im Schnittraum mal so richtig hat gehen lassen und die falsche Fassung dem Verleih eingereicht hat? Wir werden es vermutlich nie erfahren.

Es gibt ja dieses bekannte Sprichwort: Es ist nicht alles Kot, was stinkt. Und so hat die überschwängliche Produktion von größtenteils mittelmäßigen Serien immerhin dazu geführt, dass wir mit Loki eine ganz nette Geschichte bekommen haben. Nicht herausragend, aber durchaus unterhaltsam. Auch der Trailer zur neuen Echo-Serie gibt Hoffnung, nicht zuletzt dank der Tatsache, dass mit Vincent D’Onofrios Kingpin und Charlie Cox‘ Daredevil zwei Figuren in das MCU kommen, die herausragend gespielt sind und in der (sehr gelungenen) Netflix-Serie bereits umfangreich eingeführt wurden.

Vielleicht kriegen Disney und Marvel ja hier nochmal die Kurve, auch wenn die Kritiken zum anlaufenden The Marvels nichts Gutes verheißen, sich zum Teil lesen wie ein Rewind von Love & Thunder. On Top werden hier sogar die schlecht gemachten Effekte bemängelt. Und wenn das visuelle Schutzschild bröckelt, dann kommt der dramaturgische Abfall dahinter immer mehr zum Vorschein.

Bildrechte: Marvel / Disney

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