Die Pest (2018–2019) | Serienkritik

Die Pest

Die Pest erzielte die höchsten Einschaltquoten, die jemals eine Serie in Spanien verbuchen konnte, sogar höher als US-Produkte wie Game of Thrones oder Walking Dead. Die Zuschauer-Wertung bei IMDb ist hervorragende 7,2/10. Die Kritik weltweit fallen sehr gut aus.

Ein packender Mix aus Thriller- und Historienserie

Es muss auch niemand jammern „schade, dass die nicht fortgeführt wurde“, denn die Serie ist von Anfang an auf zwei Staffeln konzipiert und mit dem runden Ende der zweiten Staffel zufriedenstellend abgeschlossen. So etwas machen die Spanier öfter.

Auch bei der ebenfalls hervorragenden Historienserie Ohne Grenzen gab es eine Fahrt, die geschildert werden sollte und die wurde vollständig verfilmt, weshalb gar keine weiteren Staffeln mehr möglich wären.

© Polyband/WVG

Als Filmkenner, der von dem heldenfixierten Einheitsbrei Hollywoods langsam genervt wird, sind die spanischen Produktionen ein Lichtblick, denn sie überwältigen mit historischer Genauigkeit, sehr sachkundigen Details, grandiosen Kostümen und Bauten, starken Dialogen, Härte, Nacktheit, Dreck, kritischen Themen und unverbrauchten Darstellern der obersten Qualitätsklasse.

Spanische Filme & Serien im Fokus

Kurzum: Es kann einem historisch gebildeten oder zumindest interessierten Menschen nichts besseres passieren als eine spanische Produktion der letzten 30 Jahre auf den Bildschirm zu bekommen, z.B. die Serien Isabel, Carlos, Rey Emperador, La corona partida, El Cid, Hernan, Malinche, Ohne Grenzen, Conquistadores Adventum, Libertad, Alles was die Zeit vergisst und die Filme Ignatius von Loyola, Agora und Isabel – La Reina.

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Die Pest macht in der ersten Staffel nur ein Viertel der Hintergrundgeschichte aus und spielt in der zweiten gar keine Rolle mehr. Das ist gut so, denn in der um 1580 in Sevilla angesiedelten Handlung gibt es viel interessantere Dinge als eine Krankheit. Als zentraler Faden zieht sich die schlechte Behandlung der Frauen durch beide Staffeln.

Mord, Intrigen und Verrat vor dem Hintergrund der spanischen Inquisition

Besonders die Prostituierten haben zu leiden. Die Regeln damals besagten: Prostituierte müssen über 12 Jahre alt sein, ohne Eltern und keine Jungfrau. Das sagt viel. Spannend, wie die positiven Charaktere ihnen helfen wollen.

In Staffel 1 kommt als Kriminalfall eine Reihe Ritualmorde durch christliche Fanatiker hinzu. Äußerst fesselnd die detailreichen Ermittlungen mit den damals noch kaum vorhandenen Ermittlungsmethoden. Gipfelnd in Spurensuche in unheimlichen, geheimnisvollen Räumlichkeiten erwecken viele Passagen einen Eindruck wie Der Name der Rose – und Die Pest ist die erste Produktion, die an die enormen Qualitäten des Rose-Kinofilms von 1986 anknüpfen kann – in Raffinesse, Atmosphäre, Räumlichkeiten und ekligem Dreck.

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In Staffel 2 wird das Thema organisiertes Verbrechen behandelt und der Puls des Zuschauers wird durch die Gemeinheiten dieser Schurken hochgetrieben. Intrigen in Slums und Regierungspalast, Information über Regeln der damaligen Zeit, optisch ein perfektes Bild des Jahrhunderts.

Ein Mördersucher wider Willen

Ein neuer Stadtregent bringt erbitterte Bemühungen um Gerechtigkeit und Aufklärung in die Stadt, doch auch dieser gute Mann ist nicht allmächtig.

Die komplette Serie schafft es real zu wirken, als würde man sich in die Historie teleportieren. Überfüllte Straßen voller Matsch und Dreck, zerlumpte Menschen, prachtvolle Oberschicht, sensationell gute Schauspielerleistungen, brutale Gewalt und sehr sinnliche Nacktszenen.

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Es gibt so viele belliebte Werke, die hier reinspielen: Der erwähnte Name der Rose. Dann Das Parfüm, weil der junge Mann dem Mörder sehr ähnlich sieht, aber einen besseren Charakter entwickelt, und weil auch der Dreck des parfümierten Films hier Parallelen findet. Dann ist eine wichtige Nebenrolle eine Art Fegin (aus Oliver Twist), ein alter Kerl, der eine Bande aus kleinen Jungs zum stehlen abrichtet.

In den Fußstapfen großer Vorbilder

Die Passagen um die Neue Welt (denn kaum 100 Jahre zuvor wurde Amerika entdeckt) wecken Erinnerungen an Ohne Grenzen und 1492. Auch Gemeinsamkeiten zu Alatriste gibt es.

Diese Reihung von Elementen gern gesehener Filme bedeutet aber nicht, dass Die Pest mit Versatzstücken arbeiten würde. Ganz im Gegenteil. Man entwickelt mit verwandten Elementen eine völlig neue und eigenständige Geschichte, weit ab von jedem Klischees. Ein Meisterwerk von Serie.

Bewertung

Trailer

Informationen
Die Pest | 19. Juli 2018 (Deutschland) 7.2

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