Der See der wilden Gänse (2019) | Filmkritik

Ein Gangster auf der Flucht, hunderte Polizisten in seinem Nacken und zwei Gangs im Bandenkrieg: Der See der wilden Gänse ist eine Mischung aus Drive (2011) und Auf der Flucht (1993), die stilistisch wie inszenatorisch heraussticht und vor allem Fans von Gangsterfilmen anspricht.

Worum geht es in Der See der wilden Gänse?

Die Geschichte des Films dreht sich um Zenong Zhou (Ge Hu), der durch eine Verkettung von Unfällen zum Gejagten wird. Auslöser des Ganzen ist ein Treffen von zwei chinesischen Clans.

Dort geht es in erster Linie um den Diebstahl von Rollern, Mofas und Motorrädern im ganz großen Stil.

© eksystent Filmverleih

Bei der Verteilung der Gebiete geraten einige Gangmitglieder in einen Streit und die brenzlige Situation eskaliert endgültig. Einer der Kriminellen zückt seine Pistole und schießt einem Rivalen ins Bein. Daraufhin entsteht eine Massenschlägerei.

Roller-Diebe unter sich

Zhou geht dazwischen und schafft es tatsächlich nach ein paar Minuten alle wieder zu beruhigen. Da die Vergabe der Orte nicht weiter verhandelt werden kann, soll ein Wettkampf diesen Zwist entscheiden. Welche Truppe in einer Nacht mehr Roller stiehlt, bekommt den Zuschlag für das populäre Gebiet.

Bei dem Duell kommt es jedoch zu einem Mordanschlag. Zhous Kollege wird getötet. Er selbst kann schwer verletzt fliehen.

Jedoch erschießt er aus Versehen einen Polizisten, den er für einen Feind gehalten hat. Er taucht unter und sucht die Hilfe seiner Frau. Zum vereinbarten Treffpunkt erscheint allerdings eine andere Frau.

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Der See der wilden Gänse ist eine wahre Augenweide und eine klare Empfehlung wert. In Neonfarben und mit dem Charme der Nacht inszeniert Regisseur Yi’nan Diao einen bitter-brutalen Gangsterfilm. Und dieser ist so anders als viele Filme aus dem beliebten Genre und nicht mit einem beispielsweise Outrage zu vergleichen.

Schnell, hart und stylisch

Jedes Bild hat eine visuelle Ästhetik, ohne jedoch bedeutungsschwanger zu werden. In dieser Hinsicht hat China den Amerikanern etwas voraus, denn bei zahlreichen amerikanischen Filmen mit einer schönen Ästhetik geht dies meist zu Lasten der Inszenierung.

So entstehen viele Längen und reichlich Leerlauf. Regisseur Yi’nan Diao verliert allerdings nicht den Fokus. Nach dem einen schönen Kameraschuss folgt einfach die nächste brillante Einstellung.

Fairerweise muss man zugeben, dass nach der ersten Stunde eine kurze Verschnaufpause eingelegt wird. Aber insgesamt ist Der See der wilden Gänse schnell, hart und stylisch. Positiv sind auch die überraschenden Gewaltspitzen, die wahrscheinlich kaum jemand vorhersieht.

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An dieser Stelle sei gesagt „Vorsicht, Messer“ und „Klapp deinen Regenschirm auf“. Auch die Machart des Films ist gelungen. In kurzen Rückblenden wird die bisherige Geschichte der Hauptfigur einfach nacherzählt und nach und nach treten neue Figuren in den Vordergrund.

Ein gelungener Gangsterfilm aus China

So nimmt das Schicksal seinen Lauf, könnte man zumindest meinen. Neben der guten Inszenierung und der überragenden Kamera fällt die grundlegende Story des Films etwas ab. Ein Gangster auf der Flucht ist nichts Neues. Für wen es am Ende gut ausgeht, ist auch absehbar.

Trotzdem sind es die kleinen Feinheiten, die diesen chinesischen Film besonders machen. Es sind eben nicht große Drogen-Deals, Shoot-Outs oder endlose Faustkämpfe, sondern eben Roller-Diebstähle im ganz großen Stil.

Getragen wird der Mafiafilm von einem starken Hauptdarsteller. Ge Hu mimt den gejagten Ganoven stets cool und glaubhaft. Jede Szene mit ihm steigert den Unterhaltungswert.

Alles in allem ist Der See der wilden Gänse ein guter Gangsterfilm aus China, der den Vergleich mit großen amerikanischen Vorbildern nicht scheuen muss. Die Bildsprache und auch die Ruhe geben der Geschichte den richtigen Tiefgang.

Das Genre bekommt durch diesen Film einen ganz neuen Anstrich. Und zwar in Neonrot und mit chinesischen Schriftzeichen.

Der See der wilden Gänse als Mediabook

Derzeit läuft eine Kampagne, um Diao Yinans Der See der wilden Gänse in bester Qualität als Mediabook mit Bonusmaterial zu veröffentlichen. Wer dieses Vorhaben unterstützen möchte, kann über die Plattform Startnext.com noch bis Ende März 2021 aktiv werden.

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