Der Rausch (2020) | Filmkritik

Der Rausch Mads Mikkelsen

Langeweile im Beruf und Probleme mit der Ehefrau: Das Leben von Geschichtslehrer Martin (Mads Mikkelsen) ist eingerostet. Da kommt ihm eine Theorie eines Philosophen genau richtig. Demnach seien die Menschen mit einem Alkohol-Defizit von 0,5 Promille auf die Welt gekommen.

Eine Schnapsidee auf der Kinoleinwand

Nach einer durchzechten Nacht beschließt Martin mit seinen drei Lehrer-Kollegen diese Theorie in einem Selbstexperiment zu überprüfen. Dafür müssen die vier Männer einen stetigen Promille-Wert von 0,5 erreichen – auch im Unterricht.

Was sich im ersten Moment nach einem schlechten Scherz anhört, entpuppt sich im Laufe des Films als äußerst gefährliches Experiment.

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Denn nach einer anfänglichen Leistungssteigerung und viel besserem Unterricht, folgt eine Eskapade auf die nächste. Teilweise mit lebensbedrohlichen Konsequenzen. Auch das Umfeld der vier Lehrer leidet an dem Experiment. Jedoch scheint ein Ende des Projekts nicht in Sicht zu sein, denn die Lehrer beschließen ihren Promillewert weiter zu steigern – bis zum bitteren Ende.

Ein Experiment mit Alkohol

Zuerst einmal sind Filme über Alkoholismus sicher keine ganz neue Idee. Die Liste reicht von Leaving Las Vegas (1995) und Hangover (2009) über Flight (2012) und zuletzt auch Out of Play (2020). Mit Der Rausch bekommt diese Reihe von Filmen jedoch eine sehr starke Konkurrenz.

Denn es gibt kaum einen Film über Alkoholsucht, in denen jede Figur wirklich der eigene Nachbar sein könnte. Meistens sind Figuren in Suchtfilmen mit zu vielen Problemen ausgestattet, sodass sie nicht greifbar sind. Tod, Trauer und Frust stecken bei vielen Figuren hinter der Trinkerei.

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Anders ist es jedoch in Der Rausch. Hier steckt nämlich ganz einfach ein ungezwungenes Experiment hinter dem Ganzen. Authentisch und glaubwürdig inszeniert der dänische Regisseur Thomas Vinterberg (Kursk) diese leicht absurde Geschichte. Zusammen mit seinem langjährigen Weggefährten Tobias Lindholm (Hijacking) hat er auch das Drehbuch geschrieben.

Nach dem Hoch folgt der Kater

Und neben einer sehr gelungenen Figurenzeichnung setzt Vinterberg vor allem auf eine stimmige Mischung zwischen Comedy und Tragik. Dieser Balanceakt gelingt ihm mit Bravour. Es gibt mehrere Sequenzen, in denen die alkoholisierten Lehrer eine Menge Spaß machen. Unter anderem beim Einkaufen im Supermarkt.

Auch der Absturz und das Gefühl von einer gewissen Freiheit werden wunderbar gezeigt.

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So ist Der Rausch ein spürbarer Genuss für den Zuschauer. Dies ist auch der schauspielerischen Leistung von Mads Mikkelsen zu verdanken, der bereits in Vinterbergs Die Jagd die Hauptrolle bekleidete.

Zurück zu den dänischen Wurzeln

Für Mikkelsen standen in den vergangenen Jahren große Hollywood-Produktionen wie Doctor Strange (2016) oder Star Wars: Rogue One (2016) an.

Mit Der Rausch kehrt Mikkelsen – wie schon häufiger in seiner Karriere – zurück zu seinen Wurzeln. Und diese Rückkehr hat sich gelohnt. Ohne zu übertreiben spielt er den Geschichtslehrer Martin. Mikkelsen bleibt stets in seiner Rolle und zeigt in normalen Alltagsszenen – wie beim Abendessen mit seiner Frau – warum er zu einen der besten dänischen Schauspielern gehört.

Jede Szene mit ihm gewinnt noch einmal an Wertigkeit. Vollkommen zurecht wurde der Däne deshalb mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet. Auch seine Schauspielkollegen Thomas Bo Larsen, Magnus Millang, Lars Ranthe und Maria Bonnevie überzeugen in Der Rausch. Der gesamte Cast liefert hier eine starke Performance ab.

Außerdem überzeugt die dänische Bodenständigkeit des Films. Das heikle Thema Alkoholismus wird nicht mit erhobenem Zeigefinger kritisiert, sondern realistisch und selbstreflektierend. Dadurch wirkt das Drama zwar leicht unterkühlt, aber trotzdem nicht weniger überragend. Gerade in den ruhigen Momenten zeigt sich die wahre Stärke des Films.

Der innere Zerfall und die Gefahr des Alkoholismus werden in diesen Szenen besonders deutlich. Und dann wäre da noch das Ende. Dazu ist nur – vollkommen spoilerfrei – zu sagen: Herrlich unterhaltsam mit Gänsehaut. Auf den großen Erfolg des Filmes Der Rausch sollten alle Beteiligten mit einem Glas Champagner anstoßen. Oder vielleicht besser nicht.

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