Italien 1983. Der damals 40-jährige Giacomo Battiato dreht seinen ersten Kinofilm, nachdem er bis dahin ein halbes Dutzend solide Fernsehproduktionen abgeliefert hat: I paladini – Storia d’armi e d’amori, der international Hearts and Armour und in Deutschland Das Duell der Besten heißen wird.
Von Herzen und Rüstungen
Damals ahnte noch niemand, dass er 2019 die Remake-Serie Der Name der Rose mit guter Qualität abliefern würde und dazwischen auch einige respektable Werke, aber nie den großen Welterfolg. Aber geht Qualität nicht letztendlich doch über Erfolg?
Diese Qualität können manche auch mit wenig Geld erzeugen. Das Budget für Hearts and Armour ist nicht hoch, aber die Ausstattung vom Feinsten. Man konnte keine Burgen mieten, geschweige denn erbauen und auch große Heere mit hunderten von Statisten waren nicht drin. So spielt die Handlung im Wald und in einer kargen Landschaft, wobei man aber genau diese Orte zu Ausdrucksquellen genutzt hat.
Die fast vegetationslose Landschaft ist das Symbol für ein vom Krieg verheertes Land. Der Wald für die Kraft der Natur, welche die Kraft des Menschen einschließt.
Battiato arbeitet in diesem Werk extrem viel mit optischer Symbolik. Bilder von Reitern oder Kämpfern zu Fuß, die oft erhaben wie ein lange geplantes Foto wirken. Drei der vier Söldner reiten und die Art wie dieses Reiten in Szene gesetzt wird, sowie ihre Kleidung symbolisieren die apokalyptischen Reiter (Ritter, Tod und Teufel), aber gleichzeitig ist die Kleidung auch so gestaltet, dass man noch an typischen Formen erkennen kann aus welchem Land sie kommen: Ein Inder, ein Japaner, ein Schwarzafrikaner.
Eine Zweiklassengesellschaft in Perfektion
Ganz extrem die Symbolik zwischen Hohen und Niederen: Die Ritter, Damen und Helden sind dermaßen schön, dass viele Zuschauer damals vom Film der schönen Menschen sprachen – im krassen Gegensatz dazu sind die armen Bauern, Diebe, Wegelagerer so enorm hässlich visualisiert, dass dieser Gegensatz den Unterschied in Macht, Wohlstand, Versorgung zwischen einfachem Volk und hohen Herrschaften ausdrückt.
Man spürt geradezu wie ausgeliefert die Armen den Kämpfern sind. Die fast wortlose Szene, in der Held Orlando zu einem Gehöft kommt, wo bitterarme Bauern leben und man in ihren Augen und dem Zittern sieht, wie sie bereits einen Ritter fürchten, der sie ohne einen Grund zu haben sofort töten könnte, ist voller Ausdruckskraft.
Die Ausdruckskraft der Darsteller ist von den vielen Hauptrollen bis zur kleinsten Nebenrolle außergewöhnlich. Man kann das ganze Ensamble zu den besten Leistungen eines kompletten Filmteams aller Zeiten rechnen. Da gibt es einen ganzen Haufen Filme mit so einer vollständigen Leistung, aber die meisten anderen dieser Qualität sind bekannter.
Eine Legende von Wildheit, Zauberei und Leidenschaft, geschmiedet in einem Blitz aus Stahl
Ohne 100%ige Mimik würde der ganze Film nicht funktionieren, weil die guten Dialoge sehr sparsam eingesetzt werden und die Darsteller völlig darauf angewiesen sind mit Mimik und Bewegungen den Charakter ihrer Figur zu verdeutlichen – und es ist sensationell wie ihnen dies gelingt.
Man baut als Zuschauer zu jeder der 15 Haupt- und mittelgroßen Rollen eine Beziehung auf – und dies ist wichtig, da man am Ende in der Reihe von einem halben Dutzend Duellen seine Sympathien frei verteilen kann zwischen den Kämpfern. Diese Charakterisierungen sind sehr differenziert.
Orlando (Rick Edwards): der edle christliche Held, der sich im Zweifel befindet, ob Gewalt die richtige Lösung ist und der nur widerstrebend den Weg des Kriegers wählt. Der Konflikt zwischen ritterlichem Pflichtgefühl, Mut und Friedfertigkeit arbeitet sichtbar in ihm. Edwards hat sowohl die Erhabenheit einer Heldenstatue als auch eine sehr fein empfindende Mimik, die bei tragischen Momenten eine Erschütterung dieses Mannes bis ins Mark vermittelt.
Die Besetzung & Figuren des Films
Ruggero (Ron Moss): sein Gegenstück auf moslemischer Seite. Voller Ehrgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Auch er ist edel und großmütig, hat eine ganze Facette von Ausdrücken seine Gefühle zu zeigen.
Rinaldo (Leigh McCloskey): Orlandos sympathischer Freund, der optimistische Frische und reine Jugend verkörpert. Er strahlt und hat das offene, ehrliche Lachen eines guten Freundes.
Bradamante (Barbara de Rossi): will als Frau nicht schwach sein, sondern sich in einer brutalen Männerwelt durchsetzen – und dabei ihrer Liebe zu Ruggero folgen. Sie hat von Angst über Stolz bis zu Tränen viele gefühlsintensive Passagen.
Angelica (Tanya Roberts): die edle Schwester von Ruggero. Unerreichbar schön, erhaben und voller Gefühl. Auch ihr glaubt man jede Regung, die in vornehmer Zurückhaltung mimisch umgesetzt werden.
Ferrau (Tony Vogel): rauer Söldner, der ein gewalttätiges Leben gewohnt ist, aber starke Gefühle für Angelica hegt. Ein überzeugend mit guten und schlechten Eigenschaften ausgestatteter Charakter in der Grauzone und somit eine der interessanten Nebenrollen, die je in einem Film gezeigt wurden.
Seine derbe Mimik würde von Leute, die schnell mit einem falschen Pauschalurteil sind, leicht als Overacting ausgelegt, aber das ist Unsinn, denn so ein ungeschliffener und von seinem ursprünglichen Emotionen zerrissener Kämpfer hat seine Mimik eben nicht im Griff wie eine Dame der feinen Gesellschaft. Ich hätte ihn für einige Filmpreise nominiert.
Ganelon (Giovanni Visentin): der übereifrige Ritter, zerfressen von Ehrgeiz und Konkurrenzdenken gegen Orlando. Aber auch mutig und kampfstark. Eine Art Gegenspieler, aber trotzdem bringt er seine Motivation so herüber, daß man auch mit ihm mitempfinden kann. Seine Augen sprühen gerade zu vor Kampfeslust und christlichem Fanatismus. Für mich wäre er die ideale Wahl zum Oscar der besten Nebenrolle gewesen.
Aquilante (Lucien Bruchon): Eiskalter und einwandfreier Ritter. Unnahbar wie eine Statue. Perfektion ohne Emotion.
Samurai (Hal Yamanouchi): Gnadenlose japanische Härte. Traditionsreiche Kampfweise. Genießt fast zynisch den Kampf und ist ohne Erbarmen.
Die Kämpfe und Kleidung machen den Film zu etwas Besonderem unter den Ritterfilmen (neben seiner darstellerischen Ausdruckskraft, der Musik und der Optik). Die Ritter tragen spätmittelalterlichen Harnisch, d.h. aus Metallplatten gebauten Körperschutz fast am genzen Körper. Sowas haben wir selten in Filmen. Meistens sind Ritterfilme sonst im Hochmittelalter angesiedelt, wo die Ritter nur Kettenpanzer trugen und bunte Wappenröcke darüber (siehe Ivanhoe – Der schwarze Ritter von 1952).
Den Harnisch hatten wir 1981 in Excalibur, wobei John Boormans atmosphärisches Meisterwerk völlig falsch ausgestattet war, denn zur Zeit von König Arthus (um 500 n.Chr.) trug kein Mensch Harnisch, der war noch gar nicht erfunden und wurde erst 700 Jahre später entwickelt.
Harte Kämpfe & schmerzhafte Schläge
Was nun die Sache auf die Spitze treibt ist, dass die Akteure bei Das Duell der Besten wirklich körperlich kämpfen in ihren Rüstungen und man sich den Umstand zu nutze machte, dass diese echten Metallpanzerungen ein wunderbarer Schutz sind. Die Schauspieler schlagen also wirklich mit voller Kraft auf einander ein, zerbeulen Rüstungen und Schilder, benutzen echte Waffen. Die Geräusche wurden live aufgenommen und klingen überragend.
Ich könnte allein an den Geräuschen welches Metall auf welches trifft bei diesem Film mit verbundenen Augen erkennen, aus welcher Szene es ist. Man kann auch wunderbar Bluteffekte unter den Rüstungen anbringen. Da wird dann auch mal durch einen Panzer gestochen und Blut quillt hervor. Realistisch ist, dass gezeigt wird wie EXTREM schwer es ist einen Harnisch zu durchdringen. Das gelingt nur mit speziellen Waffen und äußerster Kraft.
Also ein Unterschied zu lächerlichen Filmen wie Feuer und Schwert (1981) wo Pfeile einfacher Bogen leicht durch Harnisch-Panzerplatten drangen. Lancelot, Ritter der Königin (1972) brachte auch Kämpfe im Harnisch, aber er ist ein langweiliger, schleppender Film, der an den Anfang drei extrem blutige kurze Kämpfe stellt und sich danach langsam durch Ideenlosigkeit ödet.
Das ist bei Das Duell der Besten anders, denn durch die Bilder, die Ausdruckskraft und die Musik wird jeder Augenblick zum Genuss. Überraschend, denn die Musik ist sehr modern, so gar nicht mittelterlich und auch gänzlich anders als Filmmusik eigentlich zu sein hat. Fast futuristische Synthesizer-Klänge drängen sich massiv auf und das Wunder geschieht, dass diese rein technisch falsche Musik wundervoll zu den Bildern passt.
Die feine Führung von Dante Spinotti
Die erbarmungslose Kälte der Bilder, die glasklare Bildqualität und die karge Landschaft fügen sich mit der kalten und zugleich auf fremdartige Weise doch emotionalen Musik zu einem stimmigen Ganzen. Lässt sich so wahrscheinlich nie wiederholen, weil zu sehr gegen den Strich.
Damit sind wir bei der Kameraführung. Mir fiel schon damals auf, dass sowohl Bildschärfe (deutlich wie in den 90ern) als auch Positionen der Kamera extrem genial waren. Bilder, die so deutlich und direkt waren, dass man die ganze Zeit das Gefühl hatte selbst dort zu stehen. „Wer ist bloß dieser Dante Spinotti, der so eine vorher nie dagewesene Kameraarbeit ablieferte?“ dachte anscheinend nicht nur ich, sondern auch Hollywood, die ihn einige Jahre später in die USA holten, wo er eine blendende Karriere hatte und bei Der letzte Mohikaner die beste Kameraführung aller Zeiten abliefert.
22 Filmpreise und 29 Nominierungen (2 x Oscar) waren sein Lohn – für Das Duell der Besten war er natürlich auch nominiert. Die Regieleistung von Giacomo Battiato erhielt ebenfalls eine Nominierung für den italienischen Filmpreis und diesen gewannen die Kostüme.
Der Film ist streckenweise recht blutig, immerhin so, dass er meine Familie und mich bei der Erstsichtung noch anekelte. Ich hätte nicht geahnt, dass ich ihn nach etlichen Sichtungen zum Meisterwerk erklären würde. Man darf sich keinen reinen Blutexzess vorstellen, sondern eher einen punktuell harten Film, der auch dadurch so schonungslos wirkt, dass die Optik eben extrem deutlich ist und jeden Blutstropfen erkennt. Der Film hat auch viel Ästhetik und Schönheit. Das Edle, Schöne und Strahlende steht ruckartig neben Scheußlichkeiten wie Vergewaltigern, dreckigen Wegelagerern und Tötungen, bei denen jede Verkrampfung der Gesichtsmuskeln im Todeskampf aus nächster Nähe gezeigt wird.
Königreiche werden durch einen einzigen Kuss bedroht
Bei der Gewalt, welche realistisch eine wirklich gewalttätige Zeit beschreibt, ist der Friedensapell zwischen Christen und Moslems dann letztendlich erstaunlich stark rausgebracht und es wird vermittelt, wie sehr unsere Helden angewidert sind von den Massakern um sie herum. Welche Symbolkraft liegt darin, wenn einer der überlebenden Ritter am Ende seine Rüstung ablegt und somit zeigt, dass er vom Töten endgültig die Nase voll hat.
In den Namen bedient sich der Film ein wenig bei Karl dem Großen. Zwar spielt er im Italien des späten Mittelalters im Kampf Christen gegen Mauren, aber die damit in keiner Verbindung stehende Zeit Karls (500 Jahre früher) lieh die Namen Ronaldo (bei uns Orlando), der für Karls Lieblingspaladin Roland steht. Dessen Gegenspieler war (bereits in Könige sterben einsam) Graf Ganelon und auch in diesem Film ist ein Ganelon der Konkurrent. Aber dies soll nicht heißen, man hätte sich bei der Karl-Geschichte bedient. Das ist eher eine Hommage.
Bei all dem Lob muss ich jetzt doch mal negative Kritik anbringen. Was bei diesem Film absolut stört ist die unpassende Mystik. Zu den realistischen Kampfhandlungen und Charkterisierungen passen diese Sachen gar nicht. Also weder die idiotische Weissagung einer Zauberin am Anfang, noch die kleinen Zaubereien des Waldscharts Atlante. Zum Glück machen diese albernen Dinge (die wohl der Verehrung für Excalibur geschuldet sind – aber dort passte es hin, hier nicht) nur wenige Prozent der Handlung aus. Also verzeihlich.
Leigh McCloskey kannten wir übrigens aus Dallas. Tanya Roberts war einer der 3 Engel für Charlie und Sheena ebenfalls sehr apart in Beastmaster 1. Bei Duell der Besten ist sie am schönsten.
Das Mittelalter… Eine Zeit der Magie und der Geheimnisse… der Helden und Schurken… der Liebe und des Todes… der Herzen und der Rüstungen.
Barbara de Rossi ist eine der erfolgreichsten Darstellerinnen Italiens und auch hier wieder mit einigen Nacktszenen, auch wenn Nacktheit in diesem Film nur wenige Szenen ausmacht, also nicht billig. Ron Moss wurde 4 Jahre später gut versorgt durch sein 25 Jahre dauerndes Engagement in der Serie Reich und Schön. Das Duell der Besten war sein erster Film und er sagte vor etlichen Jahren, dass er sein ganzes Leben davon geträumt hätte noch mal so einen Film zu spielen mit so viel schauspielerischer Herausforderung, Kampf, Emotionen und historischem Flair. Dieser Traum wurde ihm leider nie erfüllt.
…und uns auch nicht, denn jahrelang habe ich gehofft, dass man mehr Filme dieser Art drehen würde und erkennen, wie toll sich Harnisch-Rüstungen für die Darstellung realistischen Kampfes eigenen, den man darin nicht lasch vortäuschen, sondern volle Pulle ausführen kann. Aber man dreht stattdessen heute lieber verrücktes Herumspringen übermenschlich schneller Phantasiehelden und Menschen, die sich unglaubwürdiger Weise so schnell wie der Blitz bewegen können. Das Bodenständige, Ernsthafte und Reale eines i Paladini ist weitgehend verlorengegangen in der heutigen Superhelden- und Kung-Fu-Zeit.
Eine Schande, dass dieser ungewöhnliche und spannende Filme noch keine DVD-Veröffentlichung hat. Die Bildqualität wäre Blu-ray würdig – würdiger als hunderte von zu dunklen und unscharfen Filmen aus der Zeit von 2005 bis 2015. Fazit: er gehört für mich zu den 30 besten Filmen aller Zeiten.
Fotos
alle Bilder >>
Bildrechte: Warner Home Video