American Horror Story S02 | Serienkritik

Nach dem klassischen Geisterhaus, heimgesucht von den Vorbewohnern und Leidensgenossen der Inhaber, schickt uns Ryan Murphy in eine wohl noch düstere Ecke unserer Gesellschaft. Fernab von der Heimatfront und unseren Ängsten in den eigenen vier Wänden spielt die zweite Staffel der Erfolgsserie American Horror Story in einer Irrenanstalt zu Zeiten der 60er Jahre. Die Staffel zeichnet ein perverses Bild von Geistesgestörten und einer sadistischen Leitung, welche die Insassen der Anstalt ihrer Gesundheit kein Stück näher zubringen scheint. So schlägt die zweite Instanz der Reihe in eine ganz neue Kerbe von Angst und Ekel, die aber erneut zu unterhalten weiß.

Lana Winters (Sarah Paulson) ist eine junge Journalistin mit Hoffnungen auf die große Karriere. Auf der Suche nach einer neuen Story verfolgt sie die Geschichte des Serienmörders „Bloody Face“, der nach dem Mord an seiner eigenen Frau als Kit Walker (Evan Peters) entblößt scheint. Als dieser in das Briarcliff-Institut in Neuengland eingewiesen wird, versucht die Journalistin als erste Person ein Interview mit dem Mörder zu ergattern, doch scheitert an Schwester Jude (Jessica Lange), die den Ruf ihrer Anstalt zu wahren versucht.

Unter dem Vorwand, einen positiven Artikel über das ‚Asylum‘ verfassen zu wollen, gelangt Winters jedoch in die Mauern der Anstalt und versucht ihr Interview zu ergattern. Schnell stellt sich aber heraus, dass die Mauern des Briarcliff-Instituts einiges mehr verschweigen, als sich die junge Reporterin auszumalen vermochte und ehe sie sich versieht, ist sie bereits in der Falle des menschenverachtenden Instituts gefangen und sieht sich dem wahren Gesicht der Irrenanstalt gegenüber.

Nach der einführenden Geschichte der ersten Staffel etabliert American Horror Story mit der zweiten Staffel den Pfad, auf welchen die folgenden Staffeln wandern. Weg von den üblichen, bekannten Horrorgeschichten, bildet die Serie ein Universum, in welchem alles Vor- und Unvorstellbare möglich ist. Eines, in dem unser Verständnis von Realität irrelevant, und unser Wissen obsolet ist. Surreale, paranormale Geschehnisse fallen zusammen mit den altbekannten Geschichten von Serienmördern, wie ein Horrorfan sie kennt.

Genau das macht die Serie besonders und hebt sie von dem Vergleichsmaterial des Genres ab. Die zweite Storyline der Erfolgsserie zeigt eine Handlung mit vielen Gesichtern und Charakteren, die alle zu dem Gesamtbild beitragen und eine durchgehende Geschichte kreieren, die von Wendungen, Enthüllungen und Überraschungen durchdrungen ist. Die schiere Menge an unvorhersehbaren Twists sucht auch innerhalb der Serie in den folgenden Staffeln ihresgleichen.

Wie auch die erste Staffel Mörderhaus spielt die zweite in mehreren Epochen parallel und erzählt so die Geschichten einiger Charaktere über die Jahre hinweg, bietet mehr Hintergrundwissen zu einer Person oder erzählt gar die Geschichte der Nachkommen. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch weiterhin in den 60er Jahren und nicht wie in dem Vorgänger in der Gegenwart, wenn auch diese Geschichten aus anderen Zeiträumen durchaus interessant erzählt werden, sowie wichtige Teile der Gesamthandlung enthüllen.

Doch das Umfeld, welches die zweite Staffel zu großen Teilen umringt, führt auch zu makaberen, grausamen Geschichten, welche vielleicht für Fans der ersten Serienauskopplung hart zu verdauen sein mögen. Hauptsächlich durch mehrere Andeutungen auf den zweiten Weltkrieg und Menschenversuche aus deren Zeit wird es zuweilen schwer, den Überblick zu behalten, was surreal und was absolut realitätsnah ist.

Aufgrund der vielen Wendungen und Entblößungen über die Hintergründe der Hauptakteure in der Geschichte rund um das Irrenhaus, ist es schwer viel über die Story zu verlieren, ohne wichtige Enthüllungen vorwegzunehmen. Lediglich kann gesagt werden, dass die Handlung Charakterentwicklungen bietet, die häufig aus dem Nichts kommen und auch erfahrene Horrorfans überraschen sollten. Speziell die Geschichte rund um den sadistischen Arzt Arthur Arden (James Cromwell) ist so tiefgründig und wendungsreich erzählt, dass der Zuschauer oftmals nicht weiß wem er nun vertrauen kann und was wirklich der Wahrheit entspricht.

Nach der relativ simplen Erzählung der ersten Staffel präsentiert das Team um Show-Creator Ryan Murphy in der zweiten Staffel American Horror Story eine überragend verworrene Geschichte, die in diesem Genre ihresgleichen sucht. Von den Abgründen und Perversionen, welche die Gedanken eines Serienmörders umgehen, bis hin zu den kranken Praktiken, die den gestörten Insassen der Anstalt Briarcliff mehr schaden als helfen; die zweite Staffel der Serie setzt dem Horror der ersten noch ein weiteres Mal kräftig nach und mag so manchen unerfahrenen oder feinfühligen Zuschauer an seine Grenzen treiben. Geschichten rund um Vergewaltigung, Verstümmelung, Nazi-Experimente und vieles mehr zeichnen das Schema der zweiten Serienauskopplung.

Auch in den 60er Jahren kann der Cast mehr als überzeugen und speziell Jessica Lange (Big Fish) rückt, nach der verhältnismäßig kleinen Rolle in der ersten Staffel, in den Vordergrund der Handlung und lässt den Zuschauer rätseln, was er von Schwester Jude letztendlich halten soll. Auch Evan Peters (X-Men: Zukunft ist Vergangenheit) und Sarah Paulson (Mud) überzeugen in ihren Rollen. Doch speziell James Cromwell (Ein Schweinchen namens Babe) und Lily Rabe (All Beauty Must Die) spielen ihre Rollen herausragend! Die Entwicklung rund um Schwester Mary Eunice ist erschreckend und Arthur Arden könnte als skrupelloser Arzt nicht furchteinflößender sein. Grandiose Gastauftritte haben auch die deutsche Schauspielerin Franka Potente (Lola rennt) als Anstaltsinsassin, sowie Adam Levine (Frontmann der Band Maroon 5) als neugieriger Erforscher der Ruinen rund um Briarcliff.

Auch wenn der Schrecken uns nicht mehr in unseren eigenen vier Wänden heimsucht, so birgt American Horror Story: Asylum doch eine erschreckende, makabere Story, die den Beobachter immer wieder überrascht. Da sich alle Staffeln laut den kreativen Köpfen hinter der Serie im selben Universum befinden, macht auch diese Geschichte keinen Halt vor übernatürlichen Kräften. Zwar wirken diese zu Teilen etwas überzogen oder erscheinen einfach aus dem Nichts, doch ist dies häufig auf die, ansonsten vorhandene, Realitätsnähe der Handlung zurückführen. Wie in den meisten Horrorfilmen und –serien tut der Zuschauer also gut, die surrealen Vorkommnisse nicht zu hinterfragen und sich stattdessen einfach auf die wilde Fahrt einzulassen.

Episodenübersicht zu American Horror Story

Idee: Ryan Murphy, Brad Falchuk
Darsteller: Zachary Quinto, Joseph Fiennes, Sarah Paulson, Evan Peters, Lily Rabe, Lizzie Brocheré, James Cromwell, Jessica Lange
Länge pro Episode: ca. 38–53 Minuten

Bilder: © Netflix

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