Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Erscheinen des Romans Salz und sein Preis, den Patricia Highsmith unter dem Pseudonym Claire Morgan schrieb, fand das lesbische Liebesdrama Einzug in die Kinos.

Beim Kauf eines Geschenks lässt Carol mit Absicht ihre Handschuhe liegen, um mit Therese in Kontakt zu kommen. Und tatsächlich freunden sich die beiden so ungleichen Frauen schnell an und verlieben sich allmählich ineinander – sehr zum Unwillen von Carols Mann, der immer noch geschockt von einer früheren Affäre seiner Frau mit ihrer besten Freundin Abby (Sarah Paulson) ist. Zudem stellt er ihre Fähigkeiten als Mutter in Frage und will das alleinige Sorgerecht für die Tochter. Sind unter diesen Umständen die Hindernisse um Alter, Status, Vermögen und der gleichgeschlechtlichen Liebe überwindbar?
Patricia Highsmiths Roman aus dem Jahr 1952 gehört zu den frühesten und einflussreichsten Büchern lesbischer Literatur. Erst achtunddreißig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung gab sich die Schriftstellerin als Verfasserin des Buchs zu erkennen. In der prüden amerikanischen Gesellschaft der 50er Jahre ist die gleichgeschlechtliche Liebe ein Tabuthema.

Die Kamera von Ed Lachman, der bereits in I´m not there (2007) und Dem Himmel so fern (2002) mit Todd Haynes zusammenarbeitete, bleibt stets nah an Therese und zeigt die unnahbare und zugleich anziehende Carol allein aus ihrer Perspektive. Die Hauptfigur, die von Blanchett hervorragend inszeniert wird, beeindruckt von Beginn an durch ihre Eleganz, Reife und Attraktivität. Doch der Bann um die mysteriöse wie umwerfende Frau löst sich allmählich auf und die statuenhafte Gestalt von Carol beginnt mit der Zeit etwas zu ermüden. Als Zuschauer wartet man gespannt darauf, wie die angestauten Emotionen aus der so beherrschten Frau herausbrechen. Jedoch wirkt Carol selbst in ihren emotionalsten Momenten kontrolliert.

Dabei schafft die sexuelle Beziehung der beiden Frauen, die fast beiläufig wirkt, unüberwindbare Hürden. Diese zeigen sich in der Rolle von Kyle Chandler (Zero Dark Thirty), der als Noch-Ehemann seine Frau bespitzeln lässt, um ihr das Sorgerecht über die gemeinsame Tochter zu entziehen. Er vertritt die Ansichten der damaligen Gesellschaft mit Vorurteilen und Intoleranz. Die Rolle von Sarah Paulson, die schon in American Horror Story: Asylum eine lesbische Frau in den 60er Jahren verkörperte, kommt hier als ehemalige Geliebte von Carol etwas zu kurz und hätte durchaus mehr Potenzial gehabt.
Das lesbische Liebesdrama geht mit sechs Nominierungen als Anwärter auf den diesjährigen Oscar ins Rennen, darunter auch für das beste Kostümdesign. Dieses ist von der eleganten Pelzrobe und langen Handschuhen Carols zu Strickpullis und Weihnachtsmütze der schüchternen Therese bis ins letzte Detail abgestimmt. Die vorweihnachtliche Szenerie und winterliche Landschaft schafft eine stimmige Atmosphäre, in die sich das Mysterium Carol einfügt und die wunderbar zu den unterdrückten Gefühlen beider Frauen passt.
Todd Heynes schuf mit Carol eine hochkarätige und erstklassig gespielte Liebesromanze zwischen zwei Frauen, die sich den Konventionen ihrer Zeit widersetzen. Die Ausstattung, die darstellerische Leistung und die sehnsuchtsvolle Anziehung beider Protagonistinnen verstehen trotz gemächlichem Erzähltempo zu fesseln und den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen.



