Die verschüchterte Schneiderin Montse (Macarena Gómez) fristet ein Leben, das von ständiger Angst bestimmt ist. Angst davor, dass ihre kleine Schwester (Nadia de Santiago), die mit ihr zusammenwohnt, auf einen Mann hereinfällt. Angst davor, dass ihre Medizin zur Neige geht und Angst davor, ihr Heim zu verlassen. Seit Jahren hat sie das nämlich nicht mehr getan. Bereits die Türschwelle zum Hausflur erscheint ihr wie eine unüberwindbare Schlucht.

Sie beginnt Carlos in ihrem Zimmer zu pflegen. Doch der gut aussehende Charmeur ist nicht gekommen, um zu bleiben. Inzwischen ist er für Montse allerdings schon längst zu einer Obsession geworden. Eine neue Angst gesellt sich zu denen, die sie ohnehin schon beherrschen: Die Angst davor, dass Carlos mithilfe ihrer Schwester ein düsteres Geheimnis aufdeckt, das schon so lange im Verborgenen schwelt.

Filmisch bieten die 91 Minuten Laufzeit nur äußerst wenig Substanz. Die Atmosphäre eines Kammerspiels ist dabei lediglich die Ausgangssituation des Plots, wird aber weder kameratechnisch noch musikalisch in irgendeiner Weise eingefangen. Klaustrophobisch ist hier kaum etwas. Das noch junge österreichische Meisterwerk Ich seh, ich seh erzeugt mit einem Landhaus genau wie Kubricks The Shining sogar mit einem ganzen Hotel wesentlich mehr Enge und Beklemmung als Shrew’s Nest. An einer Stelle sagt unsere Protagonistin Montse zwar: „Ich habe diese Wohnung in einen riesigen Sarg verwandelt“, nur leider ist davon nie etwas zu spüren.

Für ein Drama handeln die Figuren außerdem viel zu oft genauso, wie ein echter Mensch wohl niemals reagiert hätte. Carlos ist z.B. nicht im Geringsten darüber erschrocken neben einer wildfremden und offensichtlich psychisch labilen Frau zu erwachen. Ihre Lüge, dass der Arzt bereits zur Untersuchung erschienen sei, schluckt er einfach so herunter, obwohl sein gebrochenes Bein mit einem Wanderstock geschient ist. Stattdessen führt er einen Dialog, der so nur in einem Film vorkommen kann und keinen Hauch von Realität versprüht. Nadia de Santiagos Charakter wirkt neben Montse beinahe durchsichtig. Sie darf nichts weiter sein als ein erstauntes Gesicht ohne jeglichen Tiefgang. Mission Drama ist also gescheitert!

Wenn man dennoch etwas loben will, bleibt da noch Macarena Gómez Schauspielleistung. Sie verkörpert Montses Neurosen in detailverliebter Manier und transportiert sie in jeder Geste und jedem Blick. Da allerdings sonst nur wenig in diesem Film stimmt, geht einem das ewige Tränenvergießen und Schreien schon ziemlich bald auf die Nerven.
Da ich weder mit den Charakteren mitfühlen, noch die Atmosphäre oder künstlerischen Schauwerte bestaunen konnte und nicht einmal einen besonders mitreißenden Plot serviert bekam, gibt es nur ein Gefühl, das mein Filmerlebnis treffend beschreibt. Langeweile und das ist in keinem Genre angebracht.
Es bleibt festzuhalten, dass Spanien bereits deutlich bessere Horrordramen gesehen hat. Da wäre zum Beispiel Das Waisenhaus (2007), um nur einen gelungenen Streifen zu nennen. Shrew’s Nest hingegen mag zwar der Gewinner des „Fresh Blood Audience Awards“ auf dem „Fantasy Film Fest 2015“ gewesen sein, bekommt aber von mir keinen Blumentopf.
Regie: Juan Fernando Andrés, Esteban Roel
Drehbuch: Juan Fernando Andrés, Sofía Cuenca
Musik: Joan Valent
Darsteller: Macarena Gómez, Nadia de Santiago, Hugo Silva, Luis Tosar

Bildrechte: Edel Media & Entertainment


