Alfonso Cuaróns Film Roma aus dem Jahr 2018 hatte seinen Start im vergangenen Dezember auf Netflix und ist nun dennoch für zehn Oscars nominiert worden, unter anderem für den besten Film.

Sicher ist, dass der Film sich ohne seine Veröffentlichung auf Netflix wohl höchstens Chancen auf den Auslandsoscar hätte machen dürfen. Er ist nur im spanischen Original mit Untertitel verfügbar und zählt auch ansonsten nicht zu den Filmen, die einer breiten Masse in Cine- und Multiplexen zugänglich gemacht werden.
Anfang der 70er Jahre arbeitet das Haus- und Kindermädchen Cleo (Yalitza Aparicio) bei einer Familie in Mexico City, die sich ihre großbürgerliche Lebenswelt nur noch mit Mühe und Not aufrecht erhalten kann. Die Ehe der Dienstherren kriselt und schon bald wird der Vater der Familie seine Frau und die Kinder verlassen.
Während die verlassene Ehefrau mit der Umstellung nicht zurecht kommt, ändert sich für Cleo nichts. Sie geht weiterhin der Hauswirtschaft nach und kümmert sich um die Kinder: Sie ist und bleibt Dienerin. Die individuelle Krise der Familie geht mit der sozialen und politischen Krise Mexikos in den 70er Jahren einher. Paramilitärs knüppeln Studentenbewegungen nieder und als dabei einer der Studenten stirbt, eskaliert die Gewalt in der Stadt.

Wir erleben das alles aus der unterprivilegierten Sicht Cleos, auch wenn die Kameraperspektive nicht immer ihren Blick einnimmt. Während draußen auf den Straßen Mexico Citys das Chaos tobt und sich Protestierende nach der Ablösung der alten politischen Ordnung sehnen, scheint genau diese sich im Kosmos des Diener und Herren Verhältnissen im großbürgerlichen Viertel Roma aufrechtzuerhalten. Dort scheint weiterhin alles ruhig. Die Dinge gehen eben ihren Gang. Und das ist es, was uns der Film so großartig aufzeigt.
Es gibt keine durchgehende Handlung, kein wirkliches Narrativ. Der Film beginnt einfach und endet irgendwann. Das ist alles.

Roma ist durch die Wahl des 65 mm Formats nicht nur eine Reminiszenz Cuaróns an die eigene Kindheit in Mexico City, sondern auch an das klassische Kino. Obwohl wahrscheinlich fast niemand den Film im Kino gesehen haben oder sehen wird. Viele Hoolywood-Klassiker wie Lawrence von Arabien (1962) oder Ben Hur (1959) wurden in 65 mm Format analog gedreht, das heute als ausgestorben gilt.
Cuarón erinner mit dieser Aufnahmetechnik daran, was Kino möglich machen kann: Das Alltägliche in seiner Schönheit einzufangen, die ungefilmt sonst zum Verschwinden verdammt wäre.

Bildrechte: Netflix


