Heartless (2009) | Filmkritik

Heartless

Eigentlich könnte Jamie Morgan (Jim Sturgess) ein Jugendlicher wie alle anderen sein, doch ein herzförmiges Feuermal in seinem Gesicht hat ihn als Außenseiter gebrandmarkt. Seine einzige Leidenschaft ist die Fotografie, welche er einst von seinem verstorbenen Vater erlernt hat. Daher arbeitet er auch zusammen mit seinem Bruder, einer der wenigen Personen, die ihm nahe stehen, in einem Fotostudio. Dort trifft er zum ersten Mal auf die bildschöne Tia (Clémence Poésy), welche er sich jedoch nicht traut anzusprechen.

Neben seinem Bruder hat Jamie nur seine Mutter als Bezugsperson. Mit dieser lebt der 25-jährige, zurückgezogene Junge in einer Wohnung im Londoner East End. Doch um ihn herum wächst die stetige Bedrohung durch jugendliche Banden, welche bei Nacht für Angst und Schrecken sorgen. Als Jamie eines Nachts auf die maskierten Jugendlichen stößt, entdeckt er jedoch ihr finsteres Geheimnis. Unter ihren schwarzen Kapuzen verbergen die Mitglieder der Straßenbanden ihr dämonisches Erscheinungswesen. Zunehmend berichten auch die Nachrichten über die brutalen Morde der Banden und als Jamies Mutter diesen ebenfalls zum Opfer fällt, sieht der gebrandmarkte Junge nur einen Ausweg – Rache. Um diese zu erreichen geht er einen verhängnisvollen Pakt ein. Doch mit dieser Entscheidung bricht Jaimis Welt immer weiter in sich zusammen.

Schon oft musste der Fürst der Finsternis persönlich als Antagonist in Filmen herhalten. Im Auftrag des Teufels, Die Neun Pforten und Constantine sind nur wenige Beispiele, in denen Beelzebub personifiziert die Leinwand betritt. Diesem Element bediente sich nun auch Regisseur Philip Ridley in seinem neusten Film Heartless. Doch wer auf einen leichten Horrorfilm hofft, wird schnell merken, dass der düstere Film viel mehr zu bieten hat. Ridley entführt uns in eine abstrakte Fantasiewelt, in welcher er uns durch versteckte Symbolik und überlegte Farben durch ein verworrenes Labyrinth schickt.

Diesen Irrgarten baut Regisseur Philip Ridley bewusst auf und reißt nicht nur etliche Handlungsstränge an, sondern lässt die meisten auch bewusst in eine Sackgasse laufen und präsentiert dem Zuschauer so immer wieder das Unerwartete. Im Hintergrund nimmt er dabei jedoch das Publikum an die Hand und zeigt diesem dutzende Hinweise auf die wahre Handlung. Ein wichtiger Faktor dabei sind die verwendeten Farben. Besonder die Farbe Rot, welche ein ständiger Begleiter von Jaimi ist und durch sein Feuermal und das Licht in der Dunkelkammer präsent bleibt, impliziert die Szenen, welche real sind. Ein weiteres Element sind die angesprochenen Symbole, wie ein Labyrinth, welches mehrmals auftaucht. Dies repräsentiert die Parallelwelt, die Jamie sich selbst geschaffen hat und in welcher er sich immer weiter verliert. Auffallend sind zudem die zahlreichen Märchenanspielungen. Dabei finden wir offensichtliche Anspielungen im Film wie Bilder zu Die Schöne und das Biest, welche das Verhältnis des Teufels und der jungen Belle darstellt, sowie zu Peter Pan, wobei erneut die selbsterschaffene Fantasiewelt im Vordergrund steht. Aber im Verlauf der Story begegnen wir auch einigen bekannten Schemen aus der Märchenwelt. Ein Beispiel dafür ist der Vorgang bei dem Jamie ein Herz herausschneiden – Schneewittchen – und dieses bis 12 Uhr Nachts – Cinderella – vor eine Kirche legen muss. Obendrein spielt der Soundtrack eine wichtige Rolle im Film. Die Lieder, welche zum großen Teil von Hauptdarsteller Jim Sturgess eingesungen wurden, unterstützen den Film durch ihre wohl gewählten Worte und Texte.

All diese Zeichen würden jedoch ohne einen glaubhaften Cast nicht funktionieren. Zum Glück für Philip Ridley hat er in der Person von Jim Sturgess einen qualifizierten Schauspieler gefunden, welcher den Zuschauer durch die verschiedenen Stationen des Films führt. Dabei kann man den Film in zwei große Abschnitte aufteilen. Die erste Hälfte des Films dreht sich überwiegend um Selbsthass und die Sehnsucht nach Akzeptanz, welche durch das Chaos der Londoner Jugendbanden zu einer Gesellschaftskritik wird. Ist man dann an dem Punkt angekommen, wenn Jamie zur Selbstjustiz greift und kurz davor steht Jagd auf die dämonischen Wesen zu machen, lässt der Regisseur das komplette Thema fallen und wechselt in einen religiösen Bereich, welcher von der Selbstfindung in einer selbsterschaffenen Fantasiewelt handelt. Beide Teile des Films verbindet jedoch das zentrale Thema – Gewalt.

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An der Seite des Hauptdarstellers beeindrucken ebenfalls die Charaktere des Teufels und der Gastauftritt des „Waffenmannes“ (Eddie Marsan), welcher zu dem sowieso schon zahlreichen Genremix noch schwarzen Humor hinzufügt, sowie die Cameo-Rolle von Timothy Spall als verstorbener Vater. Lediglich die weibliche Rolle von Clémence Poésy bleibt weitestgehend blass und unterstützt die ohnehin schwache Liebesgeschichte wenig. Ihr lieblicher Akzent ist dieses Mal leider das einzige Fesselnde an ihr.

Insgesamt ist Heartless ein vielschichtiges Werk, welches vielleicht einige Themen zu viel verarbeiten will. Zudem leidet der Film unter den Drehumständen, welche für neun Wochen im Winter ausgelegt waren und zu guter Letzt in sechs Wochen im Sommer ohne wirkliche Nachtzeit stattfanden. Trotzdem erschafft Philip Ridley ein nachdenkliches Werk über ein Schattendasein und den Kampf gegen die inneren Dämonen, welche jeder in sich trägt.

Regie: Philip Ridley
Drehbuch: Philip Ridley
Musik: David Julyan
Schauspieler: Jim Sturgess, Noel Clarke, Timothy Spall, Clémence Poésy

Handlung:

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