Rambo (1982) | Filmkritik

Rambo - First Blood (1982)

Der Vietnamkrieg wütete von 1955 bis 1975 in und um Vietnam. Ab 1965 beteiligten sich auch die USA mit Bodentruppen an diesem Konflikt des Kalten Krieges, der als einer von zahlreichen Stellvertreterkriegen der Supermächte USA und UdSSR in die Geschichtsbücher einging. Mit dem Pariser Waffenstillstand von 1973 beendeten die USA ihre Beteiligung an diesem gescheiterten Krieg und zogen ihre gesamten Streitkräfte aus Vietnam ab, denn die Stimmung der Bevölkerung in den USA hatte sich aufgrund von massiver, medialer Berichterstattung über die Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung in Vietnam gegen den militärischen Einsatz gewandt.

Als Folge dieses abrupten Abzugs verfiel der von den USA unterstütze Süden in ein Chaos aus Arbeitslosigkeit, Fahnenflucht, Versorgungsengpässen, Inflation und Rezession, welches am 30. April 1975 mit der Kapitulation der Armee Südvietnams und der Regierung von Südvietnam vor den in der Frühjahrsoffensive einfallenden Truppen des Nordvietnam und Viet Cong endete.

© StudioCanal

Doch auch wenn der Krieg beendet schien, seine Auswirkungen auf Zivilbevölkerung und Militärs sind auch noch heute zu beobachten.

John Rambo (Sylvester Stallone), ein ehemaliger Militär der Green Beret-Spezialeinheit, wird vom übereifrigen Kleinstadt-Sheriff Will Teasle (Brian Dennehy) für einen Landstreicher gehalten und kurzerhand ins Gefängnis gesperrt. Dort behandeln ihn die Deputies wie den letzten Dreck – nichtsahnend, welche Konsequenzen ihr Handeln mit sich bringt. Denn Rambo ist ein hochdekorierter Vietnam-Veteran, eine perfekt ausgebildete Kampfmaschine, die zum Töten gedrillt wurde.

In einer dramatischen Aktion flieht er in die nahe gelegenen Berge und beginnt einen gnadenlosen Guerillakrieg gegen die örtliche Polizei. Dabei muss er all seine Cleverness, Kampftaktiken und Waffenkenntnisse einsetzen, um seine Verfolger zu überlisten und sein eigenes Leben zu retten.

Wer den Namen Sylvester Stallone hört, hat meist zwei Bilder vor Augen. Einmal Rocky mit hochgerissenen Armen vor dem Philadelphia Museum of Art und zum anderen einen oberkörperfreien, muskelbepackten Kriegsveteran mit Maschinengewehr und Bandana.

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Bevor Stallone 1982 mit Rocky III erneut einen riesigen Kinoerfolg verbuchen konnte, sprach man ihm in Hollywood keine große schauspielerische Bandbreite zu, denn abseits seines Rocky-Alter Egos, waren seine sämtlichen Filme absolute Kinoflops. Zu dieser Zeit jedoch unterbreite ihm Regisseur Ted Kotcheff das Angebot, die Hauptrolle in dem Film Rambo (Originaltitel: First Blood), nach dem Roman „First Blood“ von Autor David Morrell (1972), zu übernehmen.

Stallone stimmte, unter der Bedingung das Drehbuch überarbeiten zu dürfen, zu. Und gerade diese Überarbeitungen machen den Auftakt der Tetralogie um John J. Rambo zu einem ganz besonderen Werk, welches fast die Zukunft der Rambo-Filme und ihren Kultstatus in eine ganz eine Bahn geworfen hätte.

Anfang der 80er Jahre waren Filme über den Krieg in Vietnam noch rar gesät. Erst 1979 beispielsweise erschien der allseits gelobte, mit einem Fokus auf den Grausamkeiten des Krieges und der Verdeutlichung seiner Sinnlosigkeit, Antikriegsfilm Apocalypse Now von Regisseur Francis Ford Coppola.

Sylvester Stallone dagegen änderte bei Rambo die Fokussierung des Romans auf eine eiskalte „Tötungsmaschine“ und schrieb den Protagonisten in einen seelisch gebrochenen Exsoldaten, mit Schwierigkeiten beim Zurechtfinden im Zivilleben, um. Besonders die Krankheit PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) wird durch Stallone als Hauptaugenmerk des Films etabliert. Rambo ist also eher mit einem Taxi Driver (1976) zu vergleichen, als mit einem Das Phantom-Kommando (1985).

Das von Generationen mittlerweile als Synonym verwendete Wort für einen brutalen männlichen Kraftprotz konventionalisierte sich erst durch die Fortsetzungen Rambo II (1985) und Rambo III (1988) und durch die Tatsache, dass 1982 nur wenige Zuschauer die politische Raffinesse des Films erkannten. Immerhin zerstört Rambo im Film eine komplette Kleinstadt. Gerade diese ausufernde Action des ersten Films ist auch sein größter Kritikpunkt.

Während die Fortsetzungen immer neue Rekorde im Body Count Index (Anzahl der getöteten Personen im Film) aufstellten, stirbt im ersten Teil der Kultreihe gerade einmal eine Person, und das auch noch durch Selbstverschuldung. Der Actionheld John Rambo wird in seiner ersten Leinwandaufführung bewusst als zerbrechlicher Mann dargestellt, welcher nur seinen Platz in der Welt zu finden versucht.

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Diese Suche wird immer wieder durch den Horror des Krieges unterbrochen, welcher sich in großartig inszenierten Rückblenden manifestiert. Gerade diese kurzen Sekunden über die Kriegserlebnisse in Vietnam geben dem Zuschauer einen gewaltigen Einblick in die unaussprechlichen Schrecken des Krieges.

Sylvester Stallone wollte mit seiner Darstellung des Vietnam-Veteranen John Rambo polarisieren. Ein Mann, welcher nur Respekt erfahren möchte, nach seiner Rückkehr aus dem Krieg jedoch von den zivilen Massen mit negativen und abscheulichen Reaktionen überhäuft wird. Ein Mann, welcher nur den Krieg kennt und dem nichts geblieben ist außer seinen fürchterlich Erinnerungen.

Mit ihrer ganz eigenen Interpretation und Aufarbeitung des Vietnamkriegs ist Kotcheff und Stallone ein großartiger Film gelungen, welcher heutzutage wahrscheinlich viel mehr Aufmerksamkeit für seine Idee erhalten würde, als es ihm bei seiner Veröffentlichung vergönnt war. Nichtsdestotrotz war Rambo 1982 einer der erfolgreichen Filme an den Kinokassen. Aber Stallone hätte sich wohl gewünscht, eher für seine schauspielerische Kunst, als für seinen stählernen Körper Beachtung zu finden.

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Immerhin konnte er mit seinem Pochen auf ein alternatives Ende der Geschichte – das originale Ende aus dem Roman wurde vom Testpublikum überhaupt nicht angenommen – die wohl erinnerungswürdigste Szene des gesamten Films schaffen. Ein Mann, welcher einen kompletten seelischen Zusammenbruch erleidet und weinend in sich zusammenfällt, war im Action-Genre eine absolute Seltenheit, wenn nicht Einmaligkeit zu dieser Zeit.

Doch auch diese Katharsis rief seinerzeit einige Kritik hervor, da John Rambo in seinem Schluchzten mit dem Finger die Anti-Kriegs-Demonstranten als verantwortlich für seine Situation deklariert und damit die Bildgewalt der Szene überspielt. Manchmal ist weniger eben mehr und hätte Rambo Stille bewahrt, wäre diese Szene wohl noch deutlicher in ihrer Aussagekraft gewesen.

Rambo verfolgt, in bester Sergio Leone Manier, einen Mann ohne Namen, welcher auf der Suche nach seinem ganz eigenen Platz in dieser Welt ist. Besonders Sylvester Stallone ist die Humanisierung des Vietnam-Veteranen zuzusprechen, auch wenn der Film leider durch seine teils übertrieben Action den Fokus verliert.

Letztendlich ist Rambo daher nur ein, dank der von Ted Kotcheff grandios eingefangen Paranoia und Angst, perfekt inszenierter Actionfilm, welcher zwar aufschlussreiche Einblicke in die Aufarbeitung des Vietnamkrieges bietet, sich aber mit seiner schwankenden Fokussierung selbst schadet und gerade durch seine Fortsetzungen heute als Sinnbild des grobschlächtigen Mannes für Gerechtigkeit dient. Der Idolisierung Sylvester Stallones kam dies besonders zu Gute.

Seit dem 8. November 2018 gibt es Rambo als restaurierte Fassung auf DVD, Blu-ray und 4K UHD mit zahlreichen Extras wie einer interessanten Dokumentation über den Vietnamkrieg oder dem Kult um Rambo. Aber besonders die entfernten Bildfehler und das schärfere Bilderlebnis lassen die Herzen der Heimkino-Zuschauer höher schlagen.

Bewertung

Trailer

Informationen
Rambo | 6. Januar 1983 (Westdeutschland) 7.7

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Bildrechte: StudioCanal

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