In the Middle of the River (2018) | Filmkritik

In the Middle of the River

Irgendwo im Südwesten der USA kehrt der Irak-Veteran Gabriel (Eric Hunter) zu seiner Familie zurück, welcher bei einem Attentat seinen rechten Unterschenkel verloren hat.

In der Heimat möchte er den Tod seiner Zwillingsschwester Naomi aufklären und hat für diese Tat seinen Großvater in Verdacht. Die alten Strukturen im Indianerreservat und die polizeilichen Befugnisse im Territorium sorgen für zunehmenden Sprengstoff. Zu allem Übermaß muss Gabriel sich seiner langjährigen Freundin stellen, die er vor Jahren Hals über Kopf verlassen hat.

Sein jüngerer Bruder ist kriminell, drogenabhängig und versucht Anschluss in einer Jugendgang zu finden. All diese Probleme erschweren Gabriel die Aufklärung von Naomis Tod, doch dabei muss er sich doch eigentlich seiner eigenen Vergangenheit stellen.

In the Middle of the River ist eine deutsch-amerikanische Koproduktion aus dem Jahre 2018. Für die Regie und das Drehbuch war Damian John Harper verantwortlich, der seit einigen Jahren in Deutschland als Filmschaffender tätig ist. Sein neues Werk wurde durch die Unterstützung von ZDF und Arte auf dem Münchener Filmfest vorgeführt.

In der durchaus interessanten Handlung wird der Zuschauer von der ersten Minute an direkt ins kalte Wasser geworfen. Es werden keine Figuren gemäß Filmlehrbuch gezeichnet, um später erst die Handlung zu starten. In the Middle of the River ist durchaus anders in seiner Machart und verschwendet keine Zeit für Gepflogenheiten.

Die Figur des Irak-Veterans Gabriel ist zudem wunderbar kaputt: ihm fehlt ein Unterschenkel, er ist am ganzen Körper tätowiert, hat eine Vergangenheit als Drogen-Junkie und ist einfach nur unfassbar wütend. Diese diversen Charaktereigenschaften wecken das erste Interesse des Zuschauers optimal. Des Weiteren bietet er genügend offene Fragen für ein zweistündiges, filmisches Experiment.

Das Besondere, neben dieser tollen Hauptfigur, ist das Setting in einer Wüstenlandschaft im Südwesten Amerikas sowie die stimmige Kameraarbeit. Die Wüstenlandschaft ist voll mit Wohnwagen und Dürre, die Menschen sind alle innerlich zerrissen von ihrer eigenen Vergangenheit oder einer kaum vorhandenen Zukunft. Die vielen Figuren im Film sind durch Wut und Erschütterung geprägt und die Prognose auf ein schönes Leben erscheint in weiter Ferne.

Diese schlechten Aussichten werden durch eine politische Botschaft von Regisseur und Drehbuchautor Harper ergänzt, der mit dem berühmten Zitat des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump Make America great again seine politische Provokation weiter fokussiert. Die Menschen werden durch diese Aussagen direkt einem politischen Lager zugeordnet.

Diese politische Note des Films ist nicht unbedingt notwendig, da er sowieso schon in vielerlei Hinsicht funktioniert. Jedoch werden durch diese Ausrichtung direkt spezielle Bevölkerungsgruppen vereinfacht klassifiziert.

Aber auch die karge Wüste und ihre Trostlosigkeit werden wunderbar in Szene gesetzt. Es ist ein atmosphärisch gut gewähltes Setting, welches durch die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zusätzlich gezeichnet wird. Die weißen Amerikaner leben mit indigenen Kulturen Nordamerikas und Mexikanern zusammen in einem Territorium, welches nichts mehr mit dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu tun hat.

Die besondere Machart wird durch eine wackelige Kamera und einer sehr nah an den Figuren geführten Fokussierung zusätzlich unterstrichen. Viele Kameraschwenks sorgen für eine mitfühlende Nervosität und Unruhe beim Zuschauer. In den ersten 15 Minuten ist es jedoch eine wahre Herausforderung dieser Machart Folge leisten zu können, da es sehr anstrengt der Handlung und den Dialogtexten die nötige Aufmerksamkeit zu schenken.

Auch die Schnelligkeit, in der Personen den Wohnwagen der Familie betreten und wieder verlassen, kann für einige Zuschauer problematisch sein. Hier ist es notwendig die erforderte Geduld zu bewahren und weiterhin am Protagonisten zu bleiben. Außerdem ist es kritisch zu bewerten, dass die Figuren scheinbar immer nahtlos zueinander Gabriel ansprechen, ohne ihm einen Moment der Ruhe zu geben.

Unmittelbar nach einem Dialog zwischen der Hauptfigur und einer Nebenfigur folgt die nächste Nebenfigur. Dieser Aspekt scheint bewusst gewählt worden zu sein, damit der Zuschauer die Schnelllebigkeit und Nervosität besser erfassen kann.

Ohne Ton und namhafte Schauspieler entsteht ein beachtliches Werk eines neuen Regisseurs. An einigen Stellen wirkt die Geschichte wie aus einem Videospiel oder dem Film Crank. In anderen Situationen versprüht er einen Hauch von Neo-Western. Insgesamt ist In the Middle of the River ein kreativer und besonderer Film, der durch seine gewählte Trostlosigkeit sehr zu empfehlen ist.

Handlung:

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