Das Böse unter der Sonne (1982) | Filmkritik

Das Böse unter der Sonne (1982)

Der Mord im Zug mitten im Nirgendwo wäre geklärt und auch der Fall auf dem Schiff in Ägypten ist gelöst. Doch was passiert, wenn der beste Detektiv der Welt, Hercule Poirot, Urlaub am Mittelmeer machen will? Mord und Totschlag! Und diesmal treibt es uns an den Strand.

Die nächste brutale Tat steht an. Dieses Mal muss die reiche Arlena Marshall (Diana Rigg) dran glauben und erneut ist der Belgier umzingelt von Verdächtigen, alle gefangen auf einer Insel. Abermals findet sich Poirot unter Adeligen, Neureichen und allerlei hochnäsiger Gesellen, die ihm zu keiner Sekunde über den Weg trauen.

© StudioCanal

Denn je mehr über den Fall ans Licht kommt, desto mehr Fragen stellen sich: Kann der jungen Linda Marshall (Emily Hone) mit ihrem Hass auf ihren Stiefvater Rex Brewster (Roddy McDowall) wirklich vertraut werden? Wieso sieht es der arrogante Odell Gardener (James Mason) nicht mal als notwendig, ein Alibi für den Zeitraum zu bieten? Wem kann auf der isolierten Insel überhaupt noch über den Weg getraut werden? Und wo zur Hölle sind die Angestellten des Hotels?

Um direkt mit einem Kritikpunkt des Films anzufangen ist genau dies, eine der großen Fragen in Das Böse unter der Sonne (Originaltitel: Evil Under the Sun). Zwar befindet sich der Belgier auf einer verhältnismäßig kleinen, wenig besiedelten Insel, doch ist er keinesfalls allein, sondern in einem großen, luxuriösen Hotel untergebracht. Wo also der relativ kleine Cast für Mord im Orient Express und Tod auf dem Nil einen Sinn ergeben hat, wirkt es hier häufig so, dass man sich das Geld für die Statisten einfach sparen wollte.

Freilich werden alle schlimmen Gräueltaten ausschließlich von Adeligen begangen, zumindest in der Welt von Agatha Christie. Dass der Meisterdetektiv aber völlig über alle Personen auf der Insel hinwegsieht, die nicht reich, adelig oder gar beides sind, wirkt irgendwie verwirrend.

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Über das durch die Location gegebene Fauxpas kann man aber eigentlich getrost hinwegsehen. Denn wie schon in den beiden vorhergehenden Filmen ist der bunte Cast aus zwielichtigen, undurchsichtigen Charakteren witzig anzusehen und wer sich bis jetzt unterhalten gefühlt hat in der Reihe kommt auch hier nicht zu kurz. Overacting hin oder her, hier erfüllen die einzelnen Schauspieler ihren Zweck.

Keiner der Darsteller/-innen sticht heraus oder zeigt sich als besonders erwähnenswert, aber wo in Tod auf dem Nil bei Zeiten der ein oder andere Charakter extrem überzogen dargestellt wurde, versteht hier jeder seinen Platz in der Geschichte ohne sich mit seinen Acting-Skills in den Mittelpunkt drängen zu müssen.

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Wo der Film schließlich seinen Zusammenhang verliert, ist leider die Handlung. Bereits die Aktstruktur in Das Böse unter der Sonne wirkt etwas verzogen durch die lange Vorgeschichte und der im Vergleich sehr kurzen Auseinandersetzung mit dem Fall an sich. Klar sind die Charaktere nicht unwichtig, aber die Konzentration auf Gespräche und extensive Dialoge mit allen Mitspielern, statt der doch eigentlich interessanteren Spurensuche wirkt etwas konfus. Der eigentliche Dreh- und Angelpunkt ist selbstverständlich die Lösung des Falles, das große Finale!

Leider ist eben genau hier einfach nichts nachvollziehbar und verständlich. Zu weit hergeholt wirken die Geistesblitze von Poirot, zu ungenau die Zusammenhänge. Der Zuschauer hat zu keiner Zeit das Gefühl, er hätte bei dem Fall miträtseln können, sondern wird einfach nur mit einer Geschichte präsentiert, die so zu akzeptieren ist ohne die Logik oder das Verständnis des Meisterdetektivs zu hinterfragen.

Dass dieser deutlich intelligenter als jeder andere Akteur in der großen Farce sein soll, sei mal dahingestellt. Genau das was den Vorgänger Mord im Orient Express so spannend macht, die Wendungen, die Beweise, das Rätselraten. All das wird hier ignoriert für eine lange Geschichte mit einem Twist am Ende, der nicht viel mehr ist als ein ‚Aha‘-Moment. Und selbst wenn man sich von den knapp zwei Stunden doch recht unterhalten fühlt, bleibt am Ende dieses flaue Gefühl im Magen.

Vielleicht muss man selbst ein Meisterdetektiv sein, um die ganze Erzählung in einem anderen Licht zu erkennen. Für alle anderen bleibt der Abstecher ans Mittelmeer leider nur schwacher Durchschnitt.

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