Wir Menschen sind fehlbar und unvollkommen. Doch wenn Hollywood uns etwas gelehrt hat, dann dass wir nur einen kleinen Schritt von absoluter Perfektion entfernt sind. Die Drogen in Lucy, die Pillen in Limitless oder das Superserum in Captain America: The First Avenger helfen dem schwachen alten Körper rasch auf die Sprünge und machen uns zu einem besseren Wesen. Doch was, wenn das alles noch einfacher wäre? Was wäre, wenn wir nur sterben müssten um über uns hinauszuwachsen? Es wäre alles so viel einfacher!

Courtney (Ellen Page) ist Medizinstudentin. Mit ihren Kolleginnen Ray (Diego Luna), Marlo (Nina Dobrev), Jamie (James Norton) und Sophia (Kiersey Clemons) besucht sie das Universitätsklinikum XY in Stadt Z. Während der Spielort des Films (Drehort war Toronto) komplett irrelevant ist, bringt uns schon bald Dr. Barry Wolfson (Kiefer Sutherland – wohl eine Hommage an das Original aus dem Jahr 1990 – auf den Boden der Tatsachen. Dieses Krankenhaus will nicht Leute ausbilden, sondern in ihnen den Drang zu Experimenten und Forschung wecken.
Sie sollen keine Nerven und Knochen auswendig lernen. Sie sollen verstehen, sich entwickeln und die Welt verbessern. Wie gut es sich doch ergibt, dass mit Courtney eine äußerst ambitionierte Studentin in den Reihen sitzt, welche schon bald all die wichtigsten Studenten mit auf eine Reise nimmt, die sie nie vergessen werden. Denn während andere Studenten nur Menschenleben retten wollen, hat die junge Medizinerin das wichtigste schon längst erkannt. Das Jenseits muss erforscht werden. Und wer anders sollte das tun, wenn nicht sie selbst?
Also verabredet sie sich im Keller des Krankenhauses, um ihr eigenes Herz für ein paar Sekunden zu stoppen. Was kann schon schiefgehen?

Wenn sich die Gruppe nämlich findet, beginnt der Spaß erst richtig. Denn plötzlich scheint es, die junge Courtney habe bei ihrer kleinen Expedition nicht nur einen Blick in das Jenseits geworfen, sondern auch etwas mit sich zurückgebracht. Ihr Gedächtnis scheint besser als zuvor, sie denkt schneller und wirkt allgemein plötzlich euphorisch und aufgedreht. Nachdem auch schnell ihre Mitstudenten auf den Geschmack kommen und nur allzu gerne dieselben Kräfte wie Courtney erlangen wollen, eröffnet sich den jungen angehenden Doktoren jedoch, dass sie aus dem Jenseits nicht nur positives verfolgt. Mysteriöse Begebenheiten häufen sich und aus einem anfangs lustigen Spiel wird schon bald tödlicher ernst.

Nina Dobrev (xXx 3: The Return of Xander Cage) spielt die schüchterne Marlo, die sich immer wieder versucht als weibliche Medizinerin zu etablieren, sieht sich aber zu häufig übergangen und als hübsche Frau abgestempelt. James Norton (Grantchester) spielt als Jamie eine so unglaublich hohle und sinnlose Rolle, dass eben genau er dem Film hilft nie zu seriös zu wirken. Der reiche und stinkfaule Student arbeitet nicht auf einen Doktortitel hin um Menschen zu helfen, sondern sieht es vielmehr als ein Ticket nach Hollywood, um dort als Schönheitschirurg reich und berühmt zu werden. Diese herrlich oberflächliche Rolle verhilft dem Film zu einigen Lachern und hebt immer wieder die Stimmung, wenn sich Flatliners wieder zu ernst zu nehmen scheint.

Warum ist die erste Sequenz so schön, wenn man sich später immer wieder in einem Silent Hill Spiel vor der Jahrtausendwende wiederfindet. Ob es dem Budget, dem Desinteresse oder einem schlechten Team zuzusprechen ist, ist nicht nachvollziehbar. Fakt ist jedoch, dass eben diese Sequenzen den Zuschauer immer wieder aus dem Film reißen und weiter von der ursprünglich toll umgesetzten ersten Szene entfernt.
Flatliners ist simpelste Horrorkunst. Wer in Zeiten von unzähligen Fortsetzungen der Insidious– und Conjuring-Reihen mehr erwartet als schnelle, simple Kost mit dem ein oder anderen Jumpscare hier und da, sollte sich nicht in diesen Film setzen. Denn auch wenn der Trailer vielleicht eine tiefe und spannende Geschichte über die Erörterung des Jenseits verspricht, so verfällt der Film schon schnell in altbekannte Klischees.
Zu viele Fragen bleiben am Ende unbeantwortet. Zu häufig scheint die eigentliche Prämisse und Idee des Films vergessen. Der Film bleibt dabei einfacher Durchschnitt und hat mit Jamie sogar einen Charakter, der des Öfteren zur richtigen Zeit den richtigen dummen Spruch auf den Lippen hat, um den Film unterhaltsam zu machen. Würde der Film mit seinem Verlauf nicht immer mehr an visuellen Effekten sparen, wäre er sogar wirklich ein paar Punkte mehr wert. Leider gibt sich der Film mit seinem sonstigen Durchschnittsmaterial so selbst den Todesstoß.
Regie: Niels Arden Oplev
Drehbuch: Ben Ripley
Musik: Jacob Groth
Darsteller: Ellen Page, Diego Luna, Nina Dobrev, James Norton, Kiersey Clemons, Kiefer Sutherland



