Höhere Gewalt (2014) | Filmkritik

Höhere Gewalt (2014)

Eine schwedische Familie reist nach Frankreich, um dort in einem äußerst luxuriösen Ferienort Ski zu fahren und abends einfach mal etwas vom Alltag zu entspannen. An jedem Morgen knallt es jedoch laut in der sonst ruhigen Gegend, da das dortige Personal kontrolliert Lawinen herablässt, um eine sichere Fahrt für Klein und Groß auf den Pisten zu ermöglichen.

Eines Morgens sitzen die Eltern mit ihren beiden Kindern am Tisch und es ertönt ein extrem lauter Knall. Der Familienvater Tomas (Johannes Kuhnke) erklärt seinen Kindern, dass es wieder nur eine kontrollierte Sprengung sei. Allerdings rast die Schneemasse unaufhörlich auf die Terrasse des Hotels zu. Seine Frau Ebba (Lisa Loven Kongsli) wird unruhig und schaut ihren Mann sorgenvoll an. Kurz bevor die Lawine das Hotel der Familie unaufhaltbar erreicht, schnappt sich Tomas sein Handy und rennt weg, ohne auf seine Frau und die Kinder zu achten.

Die Schneemasse stoppt jedoch kurz vor dem Hotel, sodass sich die Aufregung wieder legt. Als die Sicht wieder klar wird, kommt Tomas zurück zu seiner Familie und beruhigt alle. Es scheint wohl so, als ob die Katastrophe noch einmal verhindert werden konnte, oder doch nicht? Das Familiengefüge beginnt zu bröckeln.

Höhere Gewalt (Originaltitel: Turist) ist ein schwedisches Drama des Regisseurs Ruben Östlund aus dem Jahr 2014. Um das Wichtigste vorweg zu nehmen: Der Film ist ein absoluter Geheimtipp und in jederlei Hinsicht zu empfehlen. Der Anfang ist sehr ruhig und vor allem dazu gedacht die traumhafte, winterliche Kulisse vorzustellen, und um einen Einstieg in die ganz normale schwedische Familie zu bekommen.

Die Kamera setzt hierbei betont auf Bilder und Momente, bei denen wenig Interessantes präsentieren. Der Tagesablauf wird vorgestellt und es entsteht eine gewisse Situationskomik. Regisseur Östlund konzentriert sich auf eine starke Bildsprache und eine musikalisch erhellende Untermalung. Als die Lawine kurz vor dem Hotel stoppt und sich der Ehekrieg zwischen Tomas und Ebba entfaltet, bleibt die Kamera eng bei den beiden Protagonisten.

Die Reaktionen und charakterlichen Eigenschaften kommen so gut zum Vorschein. Tomas, der seine Familie in einer potenziellen Extremsituation alleine gelassen hat, bestreitet zunächst, dass er weggelaufen sei. Ebba beharrt jedoch darauf, dass er sie enttäuscht habe, und dass auf ihn in solchen Situationen kein Verlass sei.

In einem kurzen Augenblick hat sich das gesamte Familienbild verändert und Tomas ist nun angezählt. Die Darsteller überzeugen in ihren Rollen und jede Interpretation wird glaubwürdig dargestellt. Selbst die Nebenrollen, unter anderem der Norweger Kristofer Hivju, sind gut besetzt.

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Ein großer Pluspunkt des Films ist auch die nachvollziehbare Handlung und der Verlauf der Geschichte. Es gibt kaum Momente, die überflüssig oder nicht wichtig für den weiteren Ablauf des Films sind. Außerdem wurden die Sympathien gut verteilt, sodass der Zuschauer jeder Figur seine Aufmerksamkeit schenken kann und gespannt auf das jeweilige Schicksal ist. Die Ähnlichkeiten zu einem Kammerspiel sind zu erkennen, dennoch gibt es einen entscheidenden Unterschied: Fast jedes Kammerspiel hat die ein oder andere Länge, die Höhere Gewalt nicht aufweist. Der Film ist gut geschnitten und überraschend witzig. Der Humor geht teilweise schon in die Richtung schwarzen Humors und wirkt dank der winterlichen Kulisse besonders intensiv.

Regisseur Östlund spielt mit den männlichen und weiblichen Egos, indem er sich die klischeehaften Figuren zur Brust nimmt und eine Geschichte von Tapferkeit, Mut und Zerbrechlichkeit inszeniert. Die gegenseitigen Schwächen und Stärken beider Geschlechter kommen gut zur Geltung und kein Akteur bleibt außen vor. Es ist ein unerwartet witziges Familiendrama aus einem verschneiten französischen Ski-Resort. Zu Zeiten von großem Hollywood-Blockbuster-Kino ist dieser schwedische Film abwechslungsreich, sympathisch und zauberhaft inszeniert.

Eine Fokussierung auf kleinere Geschichten wäre auch mal in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten einige Millionen Dollar Produktionskosten wert. Der Trend geht immer mehr zu großen Filmproduktionen, so dass kleinere Film in Zukunft kaum noch gesehen werden. Schließlich ist Höhere Gewalt ein wunderbarer Film, der ebenso Mann wie Frau gefallen wird.

Regie: Ruben Östlund
Drehbuch: Ruben Östlund
Musik: Ola Fløttum
Darsteller: Johannes Bah Kuhnke, Lisa Loven Kongsli, Clara Wettergren, Vincent Wettergren, Kristofer Hivju, Fanni Metelius

Handlung:

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