Soziale Netzwerke bestimmen unser Leben. Ob Facebook, Instagram, Snapchat; die Medien sind allgegenwärtig und dokumentieren unseren Lebensablauf öffentlich und für jedermann zu sehen. Heutzutage teilt auch jeder nur allzu gern seine eigentlich privaten Erlebnisse mit seinen Mitmenschen. Doch was ist wenn das Ganze zu weit geht und die Daten von geldgierigen Großkonzernen gegen uns genutzt werden?
Naja, dann sind wir in der aktuellen Realität angelangt. Aber was wäre, wenn das soziale Netzwerk der böse Großkonzern ist, das unsere Daten schluckt und weiter verkaufen will? Auch das ist sehr real. Wie schlägt man also über die Bresche und macht das ganze Thema noch mal aufdringlicher, extremer und erschreckender für die große Leinwand? Eigentlich gar nicht. Man schickt einfach Emma Watson mitten ins Geschehen und hofft, dass der Zuschauer etwas fühlt. Dass man dafür auch eine interessante Geschichte braucht hat das Team hinter The Circle dabei wohl leider vergessen.
Mae (Emma Watson) ist eigentlich eine ganz gewöhnliche Frau. Als Kundenbetreuerin muss sie in einem kleinen Unternehmen den Leuten an den Hals, die ihre Rechnung nicht korrekt bezahlt haben oder vielleicht anderweitig einen Anruf verdient haben. Mehr erfährt der Zuschauer auch gar nicht, bis auf, dass ihr der Job nicht gefällt. Auch zu Hause ist es aufgrund ihres schwer an MS erkrankten Vaters Vinnie (Bill Paxton, in seiner tragischen letzten Kinofilmrolle) alles andere als ruhig. Die Versicherung bezahlt für die Krankheit nicht und Maes Mutter Bonnie (Glenne Headly) hat mit dem kranken Vater quasi einen Vollzeitjob.
Doch alles scheint sich plötzlich zum Besseren zu wenden als Maes alte Freundin Annie (Karen Gillan) anruft, um die frohe Kunde zu überbringen: Sie hat es! Sie hat ein Vorstellungsgespräch!
Die junge Mae schafft es dank ihrer Freundin in eines der größten Unternehmen der Welt: The Circle! Angeführt von Visionär Bailey (Tom Hanks) und dem zwielichtigen Stenton (Patton Oswald) hat sich der Konzern als Global Player etabliert. Was diese Firma genau macht? Alles! Kameras, Tablets, Computer, soziale Medien, Gesichtserkennungssoftware, High-Tech Uhren, implantierte Computerchips, Drohnen und noch so viele weitere Dinge. Also die Vereinigung von Google, Apple und dem großen, bösen Überwachungsstaat aus dem düsteren Sci-Fi Thriller eurer Wahl. Doch was für Mae als ein Traumjob in ihrer Lieblingsfirma beginnt, enthüllt sich immer mehr zu einem Privatsphäre-verachtenden, regelbrechenden Unternehmen mit einer finsteren Seite.
Wer jetzt erwartet, dass sich die junge Emma Watson gegen den bösen Konzern stellt, hat falsch gedacht. Viel eher erkennt die junge Frau endlich ihre Möglichkeit berühmt und beliebt zu werden, ignoriert ihre Eltern (inklusive todkrankem Vater) und stürzt sich voll und ganz in die Sekte, die sich „Circle“ nennt. Dass sie mit dem Job eigentlich auch ihrer finanziell schwächeren Familie helfen wollte, fällt ihr erst nach einem Gespräch mit ihrer Freundin Annie wieder ein. Aber das kann man bei den ganzen Nachrichten und Statusupdates auch mal vergessen.
Erst als sie den ominösen Ty (John Boyega) trifft, der sie auf die finstere Seite des Circle hinweist, beschließt sie in dem Unternehmen weiter aufzusteigen und sich zum neuen Maskottchen der Firma zu machen! Nicht falsch gelesen, die junge Mae springt von Szene zu Szene so schnell zwischen Kritikerin des Circle und dem neuen Gesicht der Firma, dass der Film oft den Eindruck erwägt, die Szenen sein erst gefilmt und dann willkürlich angeordnet worden.
Mae etabliert sich nie als wahre, interessante Protagonistin. Ihre Reaktionen auf das offensichtliche Missachten der eigenen Privatsphäre zu Beginn des Films passen einfach nicht zu der Handlung der Figur im späteren Verlauf der Geschichte. Doch kann auch nicht von einem Sinneswandel gesprochen werden. Mal liegt ihr die Familie, dann ihre Freundin, dann doch lieber ihre eigene Bekanntheit am Herzen. Von einem emotionalen Gespräch mit Annie springt der Film direkt in der nächsten Szene in ein Meeting, in welchem die Protagonistin ihre eigentlich beste Freundin vor ihren Vorgesetzten niedermacht und demütigt. Es ist kein roter Faden, keine wahre Intention des Hauptcharakters zu erkennen. Emma Watson wird lediglich von Szene zu Szene gereicht und mit Charakterzügen besetzt, die eher an Dr. Jackyl und Mr. Hyde erinnern.
The Circle ist ein Rundum-Paket an dem absolut nichts funktioniert. Die Geschichte verkauft sich als komplex sozialkritisch, ist aber dabei so naiv, simpel und dumm erzählt, dass man die kritische Seite einfach nicht ernst nehmen kann. Keiner nimmt Tom Hanks seine Rolle als bösen CEO oder als hippen Innovationsfrontmann ab. Auf der einen Seite wirkt er nicht zwielichtig oder interessant genug, auf der anderen auch nicht wirklich enthusiastisch für die Entwicklung, für die er angeblich steht. Er wirkt einfach wie ein alter Mann vor einer Menge hirnverbrannter Lemminge, die ihm in den Tod folgen würden.
Dabei kommt es aber einfach nicht glaubwürdig herüber, dass tausende von Angestellten keinerlei Empathie oder Menschenverstand besitzen. Alle wirken hypnotisiert, wie Marionetten die nur als kleine Minions das Werk des bösen Bailey erledigen. Diese blinde Sektenethik gipfelt im Verlauf des Films in lachhaften Szenen, in denen sogar Mae eine internationale Pressekonferenz leitet und von ihren Zuschauern haarsträubende Dinge erwartet.
Einzig und allein ein cooler Effekt sticht in dem Film heraus: Als die blauäugige Mae beschließt ihr komplettes Leben live im Internet zu streamen, wirken die andauernd aufpoppenden Nachrichten wirklich bedrängend, überwältigend aber gleichzeitig witzig. Dafür bekommt der Film sogar einen Bonuspunkt. Neben der recht schönen Kameraführung gibt es aber auch sonst nichts Positives über diesen Film zu verlieren. Die Schauspieler reißen nichts, die Sets sind langweilig, die Charaktere uninteressant und klischeebefleckt und der Film ist einfach viel, viel, viel zu lang.
Finchers The Social Network (2010) hat gezeigt, dass ein Film über ein soziales Netzwerk spannend und interessant sein kann. Der Film ist mit einem eigentlich flachen Thema in seinen zwei Stunden Laufzeit fesselnd und rasant. The Circle fühlt sich mit einer Laufzeit um die 110 Minuten hingegen an wie ein drei-stündiges Epos über eine Geschichte, die niemanden interessiert. Der Film kommt nie in Fahrt, seine Geschichte wird nie interessant oder auch nur annähernd spannend.
Seine soziale Kritik ist belächelnswert und alle Figuren sind so uninteressant und flach erzählt, dass einem bei dem Cast fast zum Weinen zumute ist. The Circle ist aber nicht eine Enttäuschung aufgrund der hohen Erwartungen mit dem Blick auf die Cast-Liste! The Circle ist ein schlechter Film! Und er ist nicht nur keinen Kinogang wert, sondern auch nicht die Zeit, die er sich anmaßt dem Zuschauer zu rauben!