Die Taschendiebin (2016) | Filmkritik

Die Taschendiebin

Regisseur Park Chan-wook, seines Zeichens bekannt für seine brutale Rachetrilogie bestehend aus den Werken Sympathy for Mr. Vengeance (2002), Oldboy (2003) und Lady Vengeance (2005), meldet sich zurück und abermals spielt die Zahl Drei eine tragende Rolle. Auch wenn sein Schaffen dieses Mal nicht gleich drei Filme umfasst, ist Die Taschendiebin (Internationaler Titel: The Handmaiden) in drei Akte gegliedert.

Korea in den 1930er Jahren. Die junge Gaunerin und Taschendiebin Sook-Hee (Kim Tae-ri) wird als Dienstmädchen bei der reichen Lady Hideko (Kim Min-hee) eingeschleust. Zusammen mit dem Grafen Fujiwara (Ha Jung-woo) plant sie die naive Frau über den Tisch zu ziehen und mittels eines Hochzeitsschwindels an das Vermögen zu kommen, um endlich ein neues Leben beginnen zu können.

Als sie jedoch das imposante Anwesen betritt, in welchem die Lady Hideko mit ihrem perversen Lustmolch von Onkel (Cho Jin-woong) lebt, entsteht zwischen den beiden jungen Frauen umgehend eine Verbindung. Fortan ist Sook-Hee hin-und hergerissen, ob sie ihre Zusammenarbeit mit dem Grafen fortsetzen kann oder sich doch ihren Gefühlen hingibt und die lustvolle Beziehung zu Lady Hideko zulässt.

Was jedoch Sook-Hee zunächst nicht ahnt: Lady Hideko ist keinesfalls so naiv wie sie sich nach außen gibt und auch der Graf spielt nicht mit offenen Karten. Jeder Mitspieler ist mit einem Ass im Ärmel in die Partie gegangen und es beginnt ein verdrehtes Spiel zwischen Lust, Liebe und Betrug. Doch wer hat am Ende das bessere Blatt in der Hand?

Wie schon in seinen vorherigen Werken schafft es Park Chan-wook umgehend seine Figuren in Szene zu setzen und Spannung aufzubauen, die durch den gesamten Film auf einem extrem hohen Niveau bleibt. Immer wieder führt er den Zuschauer auf einen sicheren Weg, nur um kurz danach diesen scheinbar sicheren Weg zu verlassen und eine weitere Abzweigung zu etablieren. In drei Akten baut der Regisseur ein ebenso fesselndes wie erotisches Verwirrspiel auf, welches den Zuschauer immer wieder mit neuen Denkansätzen gefangen nimmt. Jeder Charakter des Films scheint sein ganz eigenes Spiel zu führen, kann aber ohne Komplizen sein Ziel nicht erreichen.

Was die Schauspielkunst angeht müssen an dieser Stelle die beiden weiblichen Protagonistinnen äußerst lobend erwähnt werde. Die Chemie zwischen Kim Min-hee und Kim Tae-ri ist von der ersten Szene an spürbar und entwickelt sich im Laufe der 145 Minuten immer weiter, wird prickelnder und schafft den eleganten Spagat zwischen billiger Erotik und schüchternen Streicheleien.

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Wenn beide Frauen einen Moment auf der Leinwand für sich alleine haben, liegt Liebe in der Luft. Doch auch Verrat und Betrug mischen sich immer wieder dazwischen. Einzig die deutschen Synchronstimmen reißen einen ab und an aus dem Geschehen, wenn das Gekichere zu aufgesetzt wirkt.

Ha Jung-woo, in der Rolle des hinterhältigen Grafen Fujiwara, leistet ebenso seinen Dienst für den Film und unterstützt das Spiel um Macht und Geld durchweg positiv. Onkel Kouzuki, dargestellt durch Cho Jin-woong, der in seiner imposanten Bibliothek alles mögliche von Schmuddelbüchern bis hin zu riesigen Oktopoden besitzt, dient mehr als Sinnbild für das Aufwachsen der jungen Lady und die Geheimnisse des Hauses.

Besonders erwähnenswert ist zudem noch die Erzählstruktur des Films, die sich ausgiebig Zeit nimmt für die Entwicklung der Figuren sowie das Geduldspiel des Films. Als Zuschauer ist man eingeladen zum Mitraten und Mitfiebern. Gewinnt am Ende die Liebe oder der Verrat? Park Chan-wook weiß bei den Entscheidungen immer wieder auf spannende Weise zu überraschen.

Mit Die Taschendiebin liefert der meisterliche Regisseur zwar keinesfalls sein Glanzstück ab, schafft aber einen ebenso wendungsreichen wie erotischen Film mit wunderschönen Bildern, was nicht nur an den beiden weiblichen Hauptdarstellerinnen liegt.

Bewertung

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Informationen
Die Taschendiebin | 5. Januar 2017 (Deutschland) 8.1

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