Logan: The Wolverine (2017) | Filmkritik

Logan: The Wolverine

Es ist das Jahr 2029, mehr als 50 Jahre nach den Events aus X-Men: Zukunft ist Vergangenheit (2014). Nahezu alle Mutanten sind verschwunden. In El Paso, nahe der mexikanischen Grenze, fristet der in die Jahre gekommene Logan (Hugh Jackman) sein Dasein. Seine einzige Gesellschaft sind der Mutantenaufspürer Caliban (Stephen Merchant) und der alternde und von starken Krampfanfällen geplagte Professor X (Patrick Stewart).

Abgeschnitten von der Außenwelt pflegt Logan seinen alten Mentor, dessen Wesen durch Krankheit und hochdosierte Medikamente stark gezeichnet ist. Mit der Ruhe ist es jedoch vorbei als plötzlich ein junges Mädchen namens Laura (Dafne Keen) in Logans Leben tritt. Schnell stellt sich heraus, dass auch sie eine Mutantin ist und ihre Fähigkeiten denen von Wolverine sehr ähnlich sind. Doch ihre Mutation bleibt nicht lange geheim und kurze Zeit später taucht der Mutantenjäger Donald Pierce (Boyd Holbrook) mit seinen Männern im Versteck der vier Mutanten auf. Es kommt zu einer Verfolgungsjagd auf Leben und Tod.

© 20th Century Fox

Mit Logan bringt Regisseur James Mangold (Wolverine: Weg des Kriegers) eine viel menschlichere, intime Seite des berühmten Mutanten ans Licht. Zwar bietet der Film gewohnt viele Kampf- und Actionszenen, legt aber genauso viel Wert auf die Charaktere und ihre persönlichen Geschichten. Bewusst ist die Handlung auch deshalb außerhalb des bekannten X-Men Kanons angesiedelt und konzentriert sich überwiegend auf Logan, Professor X und Laura. Mangold isoliert seine Charaktere, indem er sie in ein Auto setzt und quer durch die USA reisen lässt, auf der Suche nach einem mysteriösen Paradies. Es entsteht ein Roadmovie mit gelegentlichen Auftritten der Antagonisten. Trotz des Auftauchens der jungen Mutantin spielen Superkräfte in diesem Film eine kleinere Rolle als in der bisherigen X-Men Reihe.

Was dem Film mitunter fehlt sind starke Gegner. Keine kosmischen Wesen oder Jahrtausende alte Bedrohungen beherrschen den Film, sondern ein alter Helden, der seinen Lebenssinn verloren hat. Zwar treffen unsere Mutanten regelmäßig in blutigen Gefechten, welche das R-Rating in den USA durchweg rechtfertigen, auf Pierce und seine Truppen, aber einen richtigen übermächtigen oder vielleicht sogar übernatürlichen Bösewicht gibt es nicht. Das liegt wohl vor allem daran, dass Regisseur James Mangold ein realistischeres Setting für Logan haben wollte, als man es sonst in Comicverfilmungen findet. Große Angriffe und Gegenangriffe bleiben aus, vielmehr ziehen sich kleinere Kämpfe quer durch die Handlung. Mangold setzt bewusst auf eine der früheren stärken der X-Men-Filme, welche den Ablegern der letzten Jahre häufig fehlte: Spannende Charakterzeichnung.

© 20th Century Fox

Das Ziel unserer Helden ist es eine lange Zeit auch nicht einen Gegner zu besiegen, sondern schlichtweg ihnen zu entkommen. Damit ist die Motivation, die sie antreibt, eine ganz andere als für gewöhnlich in dem Genre. Würden Logan und Laura nicht ab und zu ihre Klingen blitzen lassen und Professor X telepathisch mit Pferden flüstern, könnte man fast vergessen, dass es sich um eine Comicverfilmung mit Mutanten handelt.

In Logan schlüpfen die “Altherren” des X-Men Universums, Patrick Stewart und Hugh Jackman, ein letztes Mal in ihre so markanten Rollen, die sie seit über 16 Jahren begleiten. Besonders für Jackman war der Dreh sehr emotional. “Jeder Tag, jede Szene war ein Kampf, um das beste aus dem Charakter, das Beste aus mir herauszuholen,” so der Schauspieler.

Doch während sich Stewart und Jackman von der X-Men Bühne verabschieden, feiert Dafne Keen als Laura ihr Spielfilmdebüt – und liefert gleich mal eine starke Leistung ab. Da ihre Figur einen Großteil des Films über nicht spricht, musste Keen ihr hauptsächlich durch Mimik und Gestik Leben einhauchen. Es ist beinahe unheimlich wie einfach sie dabei Lauras Wesen als dauerhaft schlechtgelaunte, wuterfüllte junge Mutantin einfängt. Manchmal vergisst man fast, dass Laura eigentlich noch ein Kind ist.

© 20th Century Fox

Vor allem in den Kampfszenen, in denen sie überwiegend selbst spielte, beweist Dafne Keen, dass sie auch physisch durchaus mit ihren gestandenen Co-Stars mithalten kann. Beispielsweise dann wenn Laura kaltblütig eine Reihe Angreifer umbringt, indem sie ihnen blitzschnell die Köpfe abschneidet oder munter Kehlen aufschlitzt.

Wenig verwunderlich ist angesichts dieser Szenen das genannte R-Rating (etwa FSK 18), mit dem Logan in die amerikanischen Kinos kommt. Die Einstufung ermöglicht es den Machern von vornherein ein erwachseneres Publikum anzusprechen und bestimmte Aspekte der Geschichte anders zu ergründen, als es mit einem jüngeren Publikum möglich wäre. Besonders die Kampfszenen sind sehr viel grafischer und brutaler als man es von den Vorgängern gewohnt ist. In Logan wird getötet, geflucht, zerfetzt und jede Menge Blut vergossen. Insgesamt avanciert das Spektakel ohne Zweifel zu einem der brutalsten Superhelden-Filme überhaupt.

© 20th Century Fox

Doch der düstere Ton, den der gesamte Film anschlägt, wird bereits in der ersten Szene etabliert, in der es zum nicht unblutigen Kampf zwischen Logan und einer kriminellen Gang kommt. Als Zuschauer schluckt man kurz, weiß dann aber sofort auf was man sich die restlichen 130 Minuten einstellen kann. Warum Deutschland im Gegensatz zu den USA nur eine USK ab 16 vergibt erscheint einem bei solchen Szenen durchaus fraglich.

Logan ist ein würdiger Abschluss für einen großen Charakter des Marvel Universums. Frei von Zensur durch die Jugendfreigabe zeigt der Film ungeschönt und brutal ehrlich Wolverines letzten Kampf und schafft es damit wahrscheinlich zum ersten Mal, der Vielschichtigkeit seiner Comicvorlage gerecht zu werden.

Bewertung

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Informationen
Logan: The Wolverine | 2. März 2017 (Deutschland) 8.1

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