Zwischen Himmel und Eis (2015) | Filmkritik

Das Schmelzen der Polkappen gilt in den letzten 30 Jahren als bahnbrechende Entdeckung der Wissenschaft. Mit Zwischen Himmel und Eis kommt nun eine wichtige Naturdokumentation zum Klimawandel in die Kinos, die das Lebenswerk von Claude Lorius skizziert. Der französische Glaziologe machte als erster auf die resultierende Gefahr für die Menschheit und unseren Planeten aufmerksam. Nun blickt Regisseur Luc Jacquet (Die Reise der Pinguine) gemeinsam mit dem Polarforscher zurück auf die ersten wissenschaftlichen Forschungsreisen am Ende der Welt.

1955 begab sich Claude Lorius als damals 23-Jähriger auf eine Anzeige hin an den südlichsten Punkt der Erde und verbrachte dort ein ganzes Jahr mit seinen Kollegen in einer Polarstation. Seit diesem Zeitpunkt war er von der dortigen Eislandschaft fasziniert und ging in den folgenden Jahren den Geheimnissen des ewigen Eises in 21 weiteren Südpol-Expeditionen auf den Grund. Er erkannte, dass jede Luftblase in den Eisschichten der Antarktis eine Probe der Atmosphäre vergangener Zeiten ist. Durch immer tiefere Eisbohrungen ließen sich Rückschlüsse auf den damaligen Verschmutzungsgrad der Erde feststellen.

So gelang es Lorius im Laufe der Jahre mehr als 800.000 Jahre der Klimageschichte ans Tageslicht zu holen und somit den zerstörerischen menschlichen Einfluss zu bestätigen. Bereits im Jahre 1984 sprach er eindringliche Warnungen für die Zukunft der Erde aus. Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Wirbelstürme werden Teil der klimatischen Veränderungen sein und die Zukunft der Menschheit gefährden. Er selbst meint: „Heute bin ich ein alter Mann, der feststellt, dass die Geschichte ihm Recht gegeben hat.“

Zwischen Himmel und Eis lief als Abschlussfilm auf dem Cannes Festival 2015 in der Kategorie „Out of Competition“. Dokumentarfilmregisseur Luc Jacquet ist bereits für Die Reise der Pinguine in die Antarktis gereist und gewann für diesen Film im Jahr 2006 den Oscar für den Besten Dokumentarfilm. Er begleitete den 82-jährigen Forscher auf seiner vermutlich letzten Expedition und hält die Schönheit der Antarktis in atemberaubenden Bildern fest. Eine Schönheit, die schon bald dem Untergang geweiht ist, wenn der Mensch den Raubbau an der Natur nicht stoppt.

Die Kamerafahrten über die beeindruckende Eislandschaft, unberührter antarktischer Weiten sind die größten Stärken des Films. Aus der Vogelperspektive ist Lorius, der nach knapp 60 Jahren an den Ort seiner ersten Antarktisreise zurückkehrt, nur ein kleiner bunter Punkt inmitten der weiten majestätischen Eiswüste, deren Existenz bedroht ist. Neben den opulenten Bildern besteht Zwischen Himmel und Eis zu einem großen Teil aus Archivaufnahmen von Expeditionen aus den 50er und 60er Jahren, die das Leben des französischen Polarforschers Claude Lorius im Eis und dessen Forschungsfortschritte festhalten.

Die Geschichte um den Gletscherforscher ist von Beginn an fesselnd und die Leidenschaft für seine Arbeit spürbar. In einem Off-Kommentar resümiert der Forscher die Erkenntnisse seiner langjährigen Arbeit, dessen wichtigste Erkenntnis der Beweis dafür war, dass Menschen die Beschleunigung der Erderwärmung verursachen.

Doch statt dem Zuschauer noch mehr über den Protagonisten selbst, die wissenschaftlichen Hintergründe oder die Hürden der Forschungsstation in der Antarktis in bitterer Kälte zu erzählen, konzentriert sich Luc Jacquet etwas zu sehr auf die Stilistik und umkreist mit seiner Kamera immer wieder den nachdenklich im Eis stehenden Lorius. Der ernste und eindringliche Off-Kommentar von Max Moor schafft außerdem etwas zu viel Distanz zum Forscher. Überzeugender wäre es gewesen, wenn der Protagonist selbst gesprochen hätte. Der Streicher betonte Soundtrack fügt sich wieder in die Umgebung und Emotionen des Protagonisten ein und schafft atmosphärische Spannung.

Luc Jacquet, der ebenso mit Der Fuchs und das Mädchen (2007) und Das Geheimnis der Bäume (2013) beeindruckte, wird mit Zwischen Himmel und Eis seinem Ruf als exzellenter Dokumentarfilmer erneut gerecht. Wenn auch inhaltlich nicht ganz ausgeschöpft, schafft er eine visuell beeindruckende Dokumentation über den Glaziologen und Klimaforscher Claude Lorius, für den das ewige Eis zu einer lebenslangen Leidenschaft geworden ist.

Zwischen Himmel und Eis ist ein hochaktuelles Filmdokument und ein Aufruf zu Umwelt- und Naturschutzbewusstsein, das eindrucksvoll in die Klimageschichte unseres Planeten eintaucht.

Regie: Luc Jacquet
Drehbuch: Luc Jacquet
Musik: Cyrille Aufort
Erzähler: Claude Lorius, Max Moor (deutsche Erzählstimme)

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