Donnie Brasco (1997) | Filmkritik

Donnie Brasco

Denkt man an Mafiafilme, so denkt man selbstverständlich zuerst einmal an die ikonischen Der Pate–Filme oder Martin Scorseses vielleicht besten Film Goodfellas (1990). Regisseur Mike Newell (Harry Potter und der Feuerkelch, Prince of Persia) leistete 1997 seinen Beitrag zum Genre und schlug dabei eine durchaus andere Richtung ein als die bekannten Genre-Legenden.

Geht es in den großen, berühmten Mafia–Epen zumeist um die mächtigen Männer an der Spitze und ihre Seite des Gesetzes, so zeigt der auf wahren Ereignissen beruhende Donnie Brasco einen Eindruck vom Leben der eher kleineren Ganoven am unteren Ende der Mafia. Vor allem aber beleuchtet der zweistündige Film das Leben eines Undercover–Agenten innerhalb des Mobs und seinem hin- und hergerissenen Leben zwischen Mafia-Alltag und Polizei-Arbeit.

Johnny Depp spielt den FBI-Agenten Joseph Pistone, der samt lückenlos gefälschtem Lebenslauf in die Mafia von Brooklyn eingeschleust werden soll. Hierbei erschleicht er sich zunächst als Diamanten-Experte Donnie Brasco das Vertrauen des Kleinmafiosi „Lefty“ Ruggiero (Al Pacino), der Teil einer Gruppe von Auftragskillern und Kleinganoven ist. Dieser nimmt ihn mit in die Gruppe, stellt ihn als seinen Protegé vor und bürgt gegenüber den anderen Mitgliedern für ihn.

Donnie gewinnt immer mehr das Vertrauen der Gangster und ihres Anführers „Sonny Black“ (Michael Madsen). Während er bei diversen kriminellen Aktionen sein Geschick beweist, beginnt sein Privatleben zunehmend unter dem psychischen Druck, den das Undercover-Dasein ihm bereitet, zu leiden. Seine Frau Maggie bekommt aufgrund der Abstinenz ihres Ehemanns und Vaters ihrer Töchter immer stärkere Zweifel an der gemeinsamen Ehe. Auch seine anfangs noch rein professionelle Einstellung gegenüber Lefty beginnt sich zu wandeln und zwischen den beiden Männern entwickelt sich immer mehr eine Freundschaft, nachdem Donnie mehr und mehr realisiert, was Lefty für ihn tut und wie sehr er mit seinem Doppelleben nicht nur sich und seine Familie, sondern auch Lefty gefährdet. Als Donnie immer tiefer in die eskalierende Spirale aus Verbrechen und Verpflichtungen gerät, muss er eine Entscheidung treffen, bevor die Grenzen zwischen Gut und Böse gänzlich zu verschwimmen drohen.

Newell erzählt die Geschichte dabei ohne das romantiesierende Pathos und die epischen Ausmaße von Coppolas Pate-Trilogie oder der inszenatorischen Virtuosität eines Martin Scorsese, sondern mit einem weitesgehend nüchternen Inszenierungsstil. Er kann sich bei seiner Milieustudie jedoch auf seine starken Hauptdarsteller verlassen. Beide spielen hier entgegen ihrer heutigen Klischees. Al Pacino spielt weniger den mächtigen Mobster aus Scarface oder dem Paten. Johnny Depp dagegen ist hier erfreulicherweise noch in einer Zeit zu sehen, in der er nicht völlig in die Jack-Sparrow-Verschnitte-Ecke gerutscht ist und eine gute, weil ernste Performance abliefert.

Ist es zu Beginn etwas schwerfällig in die Geschichte einzutauchen, so entwickelt der Zuschauer im Laufe des Films immer mehr Sympathien für Donnie und Lefty. Insbesondere Al Pacinos Figur macht dabei einen großen Reiz des Films aus. Kommt er zunächst als anmaßender Mafiosi daher, der sich vor Donnie als hohes Tier in der örtlichen Szene geriert und stolz damit prahlt, jeder würde ihn kennen und fürchten, wird schnell klar, dass er doch nur ein kleiner Handlanger der wirklich großen Bosse ist. Er fühlt sich nach 30 Jahren Drecksarbeit ständig übergangen und ist zu einem gebrochenen Mann geworden. Die großartige Darstellung des Pate-Darstellers Al Pacinos macht Lefty neben Donnie zu einem emotionalen Anker der Story. Zusammen mit dem ebenfalls starken Depp weiß der Leinwand-Routinier die Zuschauer auf seine Seite zu ziehen und die Freundschaft der beiden Ganoven spürbar und glaubhaft wirken zu lassen. Gerade die freundschaftlichen Bande zwischen Donnie und Lefty ermöglichen dem Film gegen Ende seine stärksten Momente.

Wenn Donnie klar wird, dass bei seiner Enttarnung nicht nur ihm und seiner Familie, sondern auch Lefty der Tod droht und die Lage sich immer weiter zuspitzt, bekommt Donnie Brasco eine emotionale Tiefe, die ihm vorher abging. So ist der private Konflikt zwischen Donnie und seiner Frau zwar durchaus interessant und wichtig, kommt jedoch nie über die Bedeutung eines Nebenschauplatzes hinaus. Die von Anne Heche verkörperte Maggie taucht erst wirklich in der Story auf, als es bereits mit dem Eheleben bergab geht und bekommt so nur als wütende und weinende Ehefrau Leinwandzeit.

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Als größtes Problem stellt sich die Dramaturgie des Films dar. Ein echter Spannungsbogen macht sich erst ganz zum Ende hin bemerkbar, als es um Leben und Tod der beiden Protagonisten geht. Bis dahin plätschert der Film etwas dahin und erzählt scheibchenweise den Werdegang innerhalb der kleinen Mafiosi-Gruppe. Dass es hierbei erkennbar an echten Höhepunkten mangelt, kann der nüchterne Stil der Inszenierung nicht auffangen, sondern unterstützt es eher. Auch die anderen Charaktere der Gruppe bleiben weitestgehend eindimensional. Einzig der mit Michael Madsen sehr passend besetzte Sonny Black weiß durch seine körperliche Erscheinung hier und da Akzente zu setzen.

Donnie Brasco ist aufgrund seiner überschaubaren Figurenkonstellation und der kleinen Handlungsspannweite ein vergleichsweise kleiner Mafiafilm. Insgesamt hat er einige dramaturgische Schwächen und es fehlt stellenweise an spannenden Höhepunkten, ist dennoch aufgrund des interessanten Ansatzes, der starken Hauptcharaktere und der Leistungen von Depp und Pacino sehenswert und eine Empfehlung für Freunde des Gansgter– und Cop-Genres.

Regie: Mike Newell
Drehbuch: Paul Attanasio
Musik: Patrick Doyle
Darsteller: Al Pacino, Johnny Depp, Michael Madsen, Bruno Kirby, Anne Heche, James Russo, Željko Ivanek

Handlung:

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