American Ultra (2015) | Filmkritik

American Ultra

Mike Howell (Jesse Eisenberg) verbringt den Großteil seiner Zeit mit Kiffen, seinem Job als Kassierer im Supermarkt „Cash & Carry“ und an einer Graphic Novel über einen Affensuperhelden, die wohl niemals publiziert wird. Irgendwann einmal will er seine Freundin Phoebe (Kristen Stewart) auf eine Reise nach Hawaii mitnehmen – vorausgesetzt er überwindet endlich seine unerklärlichen Panik-Attacken, die ihn jedes Mal unweigerlich überfallen, sobald er versucht die Stadt zu verlassen.

Was Mike selbst nicht weiß: Eigentlich ist er ein hochqualifizierter von der CIA zum Töten ausgebildeter Schläfer-Agent – der nun eliminiert werden soll. Einige der tödlichsten Auftragskiller des Geheimdienstes werden jetzt auf seine Kleinstadt losgelassen, doch Mikes mitfühlende ehemalige Vorgesetzte Victoria Lasseter (Connie Britton) aktiviert Mikes schlafende Fähigkeiten und verwandelt den sanftmütigen Faulenzer in eine übermenschliche Killermaschine.

Mikes bis dato so einfaches Leben wird zu einer Adrenalin-geladenen Verfolgungsjagd. Dabei überrascht es Mike selbst am meisten wie die harmlosesten Alltagsgegenstände in seinen Händen plötzlich zu Massenvernichtungswaffen werden. Sein ohnehin schon aus den Fugen geratenes Leben wird jetzt außerdem von dem karrieregeilen Agenten Adrian Yates (Topher Grace) erschwert, der sich an seine Fersen heftet und versucht den frisch wiederauferstandenen Super-Killer von der Bildfläche zu schießen. Mike ist gezwungen seinen inneren Action-Helden zum Leben zu erwecken, um sich selbst und die Liebe seines Lebens vor der vollständigen Auslöschung zu retten.

Zu Beginn der Arbeit von Drehbuchautor Max Landis stand die Frage: „Was wird wohl passieren wenn ein ganz gewöhnlicher Durchschnittstyp plötzlich unerwartete und vor allem tödliche Kräfte entwickelt?“ American Ultra ist ein cineastisches Potpourri aus verschiedenen Genres, das mit Freude aus jeder Schublade springt in die man es gern stecken möchte und sich selbst dabei oft nicht allzu ernst nimmt. Genau wie sein Hauptcharakter Mike Howell sich über den Handlungsverlauf entwickelt, so durchläuft auch der Film eine Wandlung vom Look eines charmanten kleinen Independent-Streifens zum spektakulären Action-Film.

Landis gefällt es dabei Elemente zu nutzen, die das Kinopublikum kennt, diese aber komplett neu umzusetzen. Bekannte Konventionen der Genres bricht er auf und sorgt damit für Spannung. So stellt man sich als Zuschauer bereits vor dem Kinosaal die Frage, was man von diesem Film eigentlich erwartet soll. Kiffer-Komödie? Action-Parodie? Was wir bekommen ist von allem ein bisschen: eine Liebesgeschichte zwischen Mike und Phoebe – die mit zunehmender Dynamik des Films zwar immer mehr in den Hintergrund gerät, jedoch nie ganz verschwindet – und allerhand Action mit Explosionen, Schießereien, Schlägereien und eigentlich allem was man sich unter dem Genre so vorstellt.

Von Cast und Crew in höchsten Tönen gelobt wurde Max Landis‘ Drehbuch. Die Kombination aus Humor und extremer Gewalt bildet einen schmalen Grad von dem man schnell in die eine oder andere Richtung abstürzen kann, aber Landis versteht es ihn sicher zu begehen. Die Dialoge haben gerade so viel Witz, dass sie noch realistisch und nicht parodierend wirken. Hinzu kommen eine Hand voll liebenswerter Charaktere, verkörpert von einem durchweg überzeugenden Cast.

Allen voran stehen Jesse Eisenberg (The Social Network) und Kristen Stewart (Still Alice), die nach Adventureland (2009) schon als neues Leindwandtraumpaar gehandelt wurden. Über fünf Jahre sollte es dauern bis beide wieder zusammen vor der Kamera stehen. Die Chemie scheint noch immer zu stimmen, denn auch Regisseur Nima Nourizadeh schwärmt von der Arbeit der beiden vor der Kamera.

Jesse Eisenberg war für die Filmemacher sofort die erste Wahl. Eisenberg kann sowohl komisch als auch dramatisch spielen, eine Mischung die ihn zur Idealbesetzung machte. Kristen Stewart stellt dabei seinen ebenbürtigen Gegenpart. Sie ist nicht die Freundin des Helden, die vor den bösen Feinden gerettet werden muss, sondern steht mit dem männlichen Hauptcharakter auf einer Ebene. Für Stewart ist Phoebe, die Landis als „entspannten Wildfang“ beschreibt, sicherlich ein Charakter, der ihr ähnlicher ist als frühere Figuren. Dass sie sich in ihrer Rolle wohlfühlt zeigt sich auch in ihrer Arbeit.

Das Duell des guten und des bösen CIA-Agenten wird derweil zwischen Connie Britton (Chaos City) und Tropher Grace (Die wilden Siebziger) ausgetragen. Obwohl sich beide mit ihrer Leistung mitnichten verstecken müssen, schwärmen sie von ihren Schauspielkollegen. „Ich wirke wie ein besserer Schauspieler, allein dadurch, dass ich Teil dieser Besetzung bin,“ so Grace. Ob es nun an der Besetzung liegt oder an seiner guten Arbeit, als Antagonist macht Grace jede Menge Spaß und den spitzzüngigen Bösewicht Adrian Yates kann man einfach wunderbar hassen.

Ganz perfekt ist American Ultra trotz eines tollen Drehbuchs und eines starken Casts leider nicht geworden. Das Genre Mash-Up ist eine gute Idee und weitgehend auch gelungen umgesetzt, trotzdem fehlt etwas. Die 100% werden nie erreicht. Bis zum Ende fühlt es sich an als ob die Macher sich nicht sicher sind was genau sie nun eigentlich mit diesem Mix machen wollen. Eine Parodie auf bekannte Actionfilme? Oder doch einen ernstzunehmenden Film für das Genre? Viel Witz und Slapstick? Oder lieber doch nicht? Der Film fährt mit angezogener Handbremse. Und dabei muss er das gar nicht. Die Voraussetzungen waren gut: ein vielversprechendes Drehbuch, eine unkonventionelle Idee und ein talentierter Cast.

Gerade das Finale – ein Action-geladener Showdown im Supermarkt – hätte einen Hauch weniger Ernsthaftigkeit vertragen. Als Zuschauer war man bereit zum Lachen, bekam jedoch oft nicht die Chance dazu. Schade, denn damit verlässt man den Kinosaal mit einem nagenden Gefühl der Unzufriedenheit.

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