Die Entdeckung der Unendlichkeit (2014) | Filmkritik

Die Entdeckung der Unendlichkeit

Die Entdeckung der Unendlichkeit beginnt Anfang der 1960er: Der junge Stephen Hawking (Eddie Redmayne) studiert Physik an der Universität von Oxford. Auf einer Feier lernt er seine zukünftige Ehefrau Jane Wilde (Felicity Jones) kennen. Die beiden verlieben sich, doch das Schicksal stellt diese Liebe auf eine harte Probe.

Nachdem er zunehmend die motorische Kontrolle über seinen Körper verliert, bekommt er im Alter von 21 Jahren die niederschmetternde Diagnose: Stephen leidet an der Nervenkrankheit Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), einer degenerative Krankheit, die die Nervenzellen schädigt, die für die Steuerung der Muskeln zuständig sind. Ihm wird eine Lebenserwartung von nur noch zwei Jahren gegeben.

Doch statt in Selbstmitleid zu versinken treibt Hawkings seine Forschungen voran. Es stellt sich heraus, dass er an der sogenannten chronisch juvenilen ALS leidet, einer Variation der Krankheit, die einen extrem langen Krankheitsverlauf nimmt und den Körper und die Muskelfunktionen nach und nach schädigt.

Trotz seiner fortschreitenden Erkrankung heiraten er und Jane 1965 und gründen eine Familie. Bald darauf steht der brillante Physiker vor dem Durchbruch, der sein Leben verändert. Durch die Erforschung der Zeit gelingt es Hawking, neue und revolutionäre Erkenntnisse über den Beginn des Universums und des Lebens zu gewinnen. Gemeinsam mit Jane, die nicht von seiner Seite weicht und ihn durch ihre Liebe und Unterstützung stark macht, beschreitet der nun auf den Rollstuhl angewiesene Hawking neue und bahnbrechende Wege in Physik und Astrophysik.

Stephen Hawking forscht nach dem Anfang der Zeit und das, obwohl ungewiss ist, wie viel Zeit ihm selbst bleibt.

Diesen Sommer stellten sich jede Menge Promis der „Ice Bucket Challenge“, um auf die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufmerksam zu machen. Was ALS eigentlich für die Menschen bedeutet, die daran erkrankt sind, zeigt dieser faszinierende Film über Hawking.

Der geniale Physiker ist heute weltbekannt und erfreut sich großer Popularität. Bereits 2004 wurde ein Teil seines Lebens in Hawking – Die Suche nach dem Anfang der Zeit von Philip Martin verfilmt, hier wurde er durch Benedict Cumberbatch verkörpert.

Grundlage für das von Anthony McCarten verfasste Drehbuch von Die Entdeckung der Unendlichkeit war Jane Hawkings Autobiographie „Travelling to Infinity: My life with Stephen“. Auf dieser Grundlage legt Regisseur James Marsh, der 2008 einen Oscar für den besten Dokumentarfilm Man on Wire erhielt, den Filmschwerpunkt auf die Beziehung Hawkings zu seiner ersten Frau Jane.

Das biografische Drama feierte seine Premiere beim Toronto International Film Festival 2014 und gilt schon jetzt als heißbegehrter Oscar-Anwärter. Felicity Jones und Eddie Redmayne sind in der Kategorie „Beste Hauptdarsteller – Drama“ für den Golden Globe Award nominiert. Es wäre sehr verwunderlich, sollten keine Oscar-Nominierungen folgen. Mit viel Courage und Einfühlungsvermögen versetzen sich die beiden Darsteller in die Charaktere von Jane und Stephen. Vor allem für Redmayne muss es eine enorme Anstrengung gewesen sein, einen muskelkranken Menschen zu verkörpern und die Mimik und Hawkings körperliche Eingeschränktheit konstant aufrechtzuerhalten.

Eddie Redmayne, der lange Zeit im Dolmar Warehouse Theatre als Shakespeare-Darsteller arbeitete, konnte man schon in der Musicalverfilmung Les Misérables (2012) bewundern, in der er erstmals auch sang. Beeindruckend repräsentiert er nun den körperlichen Verfall Hawkings, der sich jedoch in keiner Weise auf seine innere Stärke und Entschlossenheit legt.

Felicity Jones (The Invisible Woman) ist die zierliche Ehefrau an seiner Seite, der man anfangs zutraut, sie würde an den Schicksalsschlägen zerbrechen. Doch sie ist es, die ihm den notwendigen Halt gibt und sich aufopferungsvoll um die Familie kümmert. Selbstverständlich sind auch ihre Kapazitäten irgendwann erschöpft und es naht Hilfe durch den charmanten Witwer Jonathan Jones (Charlie Cox), der Hawkings Familie unterstützt. Sein Auftauchen und die aufkeimenden Gefühle zwischen ihm und Jane wirken etwas dramatisiert, sind jedoch ebenfalls aus der Biografie Janes gegriffen.

Die Entdeckung der Unendlichkeit (Originaltitel: The Theory of Everything)) versucht das Leben von Hawking in einen Film zu packen. Ein Leben, das von wissenschaftlichen Glanzleistungen und körperlichen Rückschlägen geprägt ist. Bewundernswert ist, wie die beiden Schauerspieler Anfang 30 eine Zeitspanne von 25 Jahren spielen und sich sowohl äußerlich als auch charakterlich verändern. Der Zeitraum wird zwar auf zwei Filmstunden komprimiert, jedoch hat man als Zuschauer nicht das Gefühl, dass etwas Wichtiges ausgelassen wurde. Der Regisseur griff sich die wichtigsten und bewegendsten Momente heraus und nahm sich für die Szenen genug Zeit, den Charakteren und den Momenten Tiefe zu verleihen.

Der isländische Komponist Jóhann Jóhannsson (Prisoners) komponierte passend zur Story die bewegende, aber nicht aufdringliche Filmmusik. Der Film ist jedoch nicht nur ein Beitrag über Schicksalsschläge, sondern wie ein Paar das ihnen auferlegte Leben meistert. Hawking ist ein Mensch, der auf seine Weise in vielfacher Hinsicht Geschichte schrieb. Der Physiker war 30 Jahre lang Inhaber des Lucasischen Lehrstuhls für Mathematik an der Universität Cambridge, den einst Sir Isaac Newton und Paul Dirac innehatten.

Während sein Ruhm im Laufe der Jahre wächst, verlassen ihn seine physischen Kräfte immer mehr: Hawking ist seit 1968 an einen Rollstuhl gefesselt. Letztlich kann er nur noch mittels eines Sprachcomputers mit seiner Umwelt kommunizieren den er durch Augenbewegungen steuert, was wieder grandios von Redmayne umgesetzt wurde.

Nichts von alledem hindert Hawkings an seinen Forschungen. Trotz aller Hürden und Schwierigkeiten wird er von seiner Frau nie allein gelassen, gründet sogar eine Familie mit ihr und wird als einer der größten Physiker unserer Zeit anerkannt. So, wie er sich es immer erträumt hatte. Stephen Hawking lieferte bedeutende Arbeiten zur Kosmologie, allgemeinen Relativitätstheorie und der Physik der Schwarzen Löcher. Durch populärwissenschaftliche Bücher über moderne Physik ist er auch einem breiten Publikum außerhalb der Fachwelt bekannt geworden. Während er eine Honorierung nach der anderen erfährt, leidet seine Beziehung zu Jane.??da fehlt was??

Stephen Hawking lebt noch immer und ist mit heute 72 Jahren der älteste ALS-Patient überhaupt. „Ice Bucket Challenge“ war gestern, dieses Weihnachten kommt sein berührendes Porträt als eine Hommage an das Leben in die Kinos. Wer bei der spaßigen Promi-Inszenierung schon immer die Schicksale dahinter vermisste, sollte sich diese Lebensgeschichte unbedingt anschauen.

Der Film zeigt nicht, wie man nach einem schweren Schicksalsschlag langsam wieder zurück ins Leben findet, sondern wie ein Mann allen düsteren Prognosen trotzt und sofort weiter an seinem Lebenswerk arbeitet. Die Entdeckung der Unendlichkeit ist ein Film über die Liebe zu seiner Frau, zur Wissenschaft und trotz aller Hindernisse zum Leben selbst, in dem man als Zuschauer selbst eine ganz neue Einstellung zur Zeit gewinnt.

Regie: James Marsh
Drehbuch: Anthony McCarten
Musik: Jóhann Jóhannsson
Darsteller: Eddie Redmayne, Felicity Jones, Charlie Cox, Emily Watson, Simon McBurney, David Thewlis, Christian McKay

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