Filmfest München. Mein erster offizieller Screening-Tag ging spät und regnerisch zu Ende und startete gleich mit zwei wirklich sehenswerten Filmen.
Als erstes schaute ich mir eher zufällig das kanadische Coming-Of-Age-Drama Rhymes for Young Ghouls an. Regisseur Jeff Barnaby zeigt in all seinen Filmen ein krasses und vernichtendes Bild des post-kolonialen Lebens der Indianer. Dieser erste Langfilm von ihm präsentiert eine ernüchternde düstere Atmosphäre des kanadischen Indianerreservats Red Cow der 70er, indem sich die Mi’gMaq-Indianer durchschlagen müssen. Gewalt, Trunkenheit und Drogen, Erniedrigung durch die zuständigen Sherifs und Trostlosigkeit sind an der Tagesordnung. Doch die Bewohner, allen voran die 15-jährige Aila, neben diese widrigen Umstände nicht so einfach hin…
Hauptdarstellerin Devery Jacobs war anwesend und schilderte die Besonderheiten des Drehs. So erfuhr ich, dass der Film in beachtlichen 25 Tagen abgedreht wurde und die Darsteller größtenteils selbst in Indianerreservaten zur Welt kamen. Durch die übertrieben dargestellten Gewaltszenen, die Einbringung von phantastischen Elementen und der auf sich gestellten Protagonistin, die früh erwachsen werden musste, könnte man das Drama nicht besser als eine Mischung aus Pans Labyrinth (2006) und Winters Bone (2010) beschreiben. Schockierend, aber fesselnd und absolut sehenswert.
Um 20 Uhr zog es mich in den Carl-Orff-Saal des Münchener Gasteig-Geländes, in welchem eine Gala zu Ehren von Willy Bogner veranstaltet wurde. In einem Rahmenprogramm bestehend aus Moderation, Filmausschnitten und Interviews erhielt ich in gut zwei Stunden einen umfassenden Einblick in die Arbeit des mir bis dato unbekannten Künstlers.
50 Jahre ist es her, dass Bogner seinen ersten professionellen Kurzfilm Skifaszination auf die Leinwand brachte. Das besondere an allen weiteren: Sie spielen zu 90% im Eis. Denn Bogner ist nicht nur Filmliebhaber, sondern auch Profiskifahrer und nahm die Zuschauer in seinen Filmen direkt mit auf die Piste.
Im Laufe der Jahre entstanden zahlreiche Produktionen, wie z.B. Benjamin (1972) und Feuer und Eis (1986) und in allen zeigte er Action vom Feinsten in Form von Pistenstunts, Choreographien und bunten Skianzügen. Bald drehte er Stunts in vier James Bond-Filmen, u.a. A View to kill (1985).
Zu Gast waren ehemalige Protagonisten, Partner und Mitglieder der Crew, darunter Otto Waalkes, Markus „Wasi“ Wasmeier, Fuzzy Garhammer sowie Jochen Schweizer und gratulierten ihm zum 50. Jubiläum.
In Venedig leider verpasst, unternahm ich nun die Gelegenheit mir The Zero Theorem anzuschauen, der schon am Wettbewerb um den goldenen Löwen teilnahm. Christoph Waltz mit Glatze, ein herrlich skurriler Matt Damon als Machtinhaber und eine rappende Tilda Swinton machen den Film ohnehin sehenswert.
Aber auch der Plot ist nicht ohne: Computergenie Quohen Letz lebt zurückgezogen in einer ausgebrannten Kirche und arbeitet für eine anonyme Firma fieberhaft daran, das Zero Theorem zu lösen: eine mathematische Formel, die die Frage nach dem Sinn des Lebens beantwortet. Da dies den Machtinhabern der dystopischen Zukunftswelt missfällt, schicken sie ihm immer wieder Ablenkung, vor allem in Form von der verführerischen Bainsley (Melanie Thierry).
Wer die Logik einmal ganz beiseite lässt, wird an Terry Gilliams (Brazil, Twelve Monkeys) Inszenierung Gefallen finden und sich an einer schrägen Idee nach der anderen erfreuen. Schrille Outfits und eine ausgefallene Kulisse machen den Film zum absoluten Must-See.
Für Sonntag stehen gleich fünf Filme auf dem Plan, darunter Le Meravigle, der in Cannes dieses Jahr mit dem großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde. Ich darf also gespannt sein. Gute Nacht & bis morgen :) Zum Abschluss noch ein paar Impressionen.