Der Hobbit – Smaugs Einöde (2013) | Filmkritik

Der Hobbit – Smaugs Einöde

Nachdem sie die ersten Gefahren überstanden haben, sind der Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman), der große Zauberer Gandalf (Ian McKellen) und die 13-köpfige Zwergengruppe um Anführer Thorin Eichenschild (Richard Armitage) nicht mehr weit von der ehemaligen Heimat der Zwerge, dem einsamen Berg Erebor, entfernt.

Doch neue Gefahren warten auf die illustre Schar. Während Gandalf die Gruppe verlässt, um das Geheimnis des mysteriösen Nekromanten aufzudecken, werden die Abenteurer noch immer vom hasserfüllten Orkkönig Azog (Manu Bennett) verfolgt, dem Thorin in der großen Schlacht der Zwerge einst den Arm abtrennte. Auf der Flucht gelangen sie in die dunklen Gefilde des Düsterwalds, in dem sie sich gegen Riesenspinnen zur Wehr setzen müssen.

Doch als wäre dieses Übel nicht genug, gelangt die Gruppe zudem in die Gefangenschaft des Elbenkönigs Thranduil (Lee Pace), seines Sohnes Legolas (Orando Boom) und der Anführerin der Wache, Tauriel (Evangeline Lilly), welche ein tiefes Misstrauen und eine herzhafte Abneigung gegenüber den Zwergen hegen.

Die größte Gefahr jedoch wartet noch auf Bilbo und seine Freunde, denn im Innern der Festung Erebor ist der Feuerdrache Smaug (Stimme: Benedict Cumberbatch) aus seinem Schlaf erwacht und bedroht die Menschen der nahen Seestadt Thal.

Mit Der Hobbit – Smaugs Einöde (Originaltitel: The Hobbit: The Desolation of Smaug) wird die Geschichte von Bilbo Beutlin (Martin Freeman) und seiner Zwergengruppe fortgesetzt. Mit seinem finalen Spruch aus Teil 1 „Das Schlimmste liegt hinter uns, würde ich sagen“ liegt Bilbo natürlich mehr als daneben. Für die kleinen Helden gilt es auch im zweiten Teil der Saga jede Menge Abenteuer zu überstehen.

Regisseur Peter Jackson nimmt sich wie gewohnt stattliche 160 Minuten Zeit, um die Fortsetzung der Hobbit-Verfilmung zu erzählen. Die ein oder andere Kampfszene wird dabei schon einmal sehr in die Länge gezogen, sei es bei einer ungemütlichen Flussreise in Weinfässern oder im Streit gegen die blutrünstigen Orks. Mit Gefahren und Action in jeglicher Form wird nicht gegeizt. Doch die Zwerge beweisen durch ihren Teamgeist stets, dass sie genauso tapfere und erfinderische Kämpfer sind wie die bedrohlichen Kreaturen.

Die Actionszenen sind trotz ihrer Längen abwechslungsreich und unterhaltsam gelungen und enthalten eine Reihe kreativer Stunts. Über Logiklücken blickt man getrost hinweg und ist gefesselt von den Kampftechniken, die man den Zwergen oder dem Hobbit gar nicht zugetraut hätte. Die Kunst, den Zuschauer entgegen einiger Längen, dauerhaft zu unterhalten ist zweifelsfrei gelungen.

Trotz der Filmlänge sind den Protagonisten kaum Atempausen gegönnt. Haben diese sich von einer Kampfszene erholt, so folgt schon die Nächste. Die Schar an hungrigen Orks, die den kleinen Helden den Garaus machen wollen, wird ab und an schon zu viel. Die grenzenlose Dummheit der Orks sorgt zwar immer noch für einige Schmunzler, langweilt mit der Zeit jedoch ein wenig und auch die plump eingebauten Slapstick-Einlagen sorgen für mehr Unmut als den gewollt frischen Wind in den Actionszenen.

Als Gegenpole beeindrucken die eleganten Elben durch ihr kühles Wesen und ihren galanten Kampfstil mit Bogen und Kurzschwert. Was viele Herr der Ringe-Fans freuen wird ist das Wiedersehen mit dem smarten Legolas. Neu im Cast ist auch Lost-Star Evangeline Lilly als Elbenkämpferin Tauriel, die zwar nicht in den originalen Tolkien Romanen vorkam, aber als erfundene Figur frischen Wind in die von Männern dominierte Truppe bringt. Schön anzusehen ist es in der Tat, wie ein weibliches Geschöpf den Bogen schwingt und ihren männlichen Kollegen dabei in nichts nachsteht. Hier erlebt man auch den reservierten Legolas von einer ganz neuen Seite, da er für Tauriel schwärmt und Eifersucht entwickelt.

Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Tauriel und Zwerg Kili (Aidan Turner) wirkt jedoch leicht überspitzt und der Geschichte aufgezwungen. Freunde von träumerischen Dialogen und aufkeimenden Sehnsüchten werden ihren Spaß daran haben, jedoch treibt dies die Story nicht voran und bietet nur eine kurze unnötige Verschnaufpause vor dem nächsten großen Überlebenskampf.

Ein weiteres neues Gesicht ist der raue Bogenschütze Bord (Luke Evans), der den Gefährten den Weg zur Seestadt Thal ermöglicht und in seinem Wesen stark dem Charakter des Aragon aus der Der Herr der Ringe-Trilogie ähnelt. Dass dem Grauen Zauberer Gandalf in diesem Teil nur eine kleine Nebenrolle zukommt, da er die Gruppe schon sehr früh verlässt, wird viele Fans wahrscheinlich enttäuschen, ist aber im dem originalen Romane geschuldet. Zudem sah Peter Jackson seine Chance, die Geschichte um Gandalf für eine interessante Verknüpfung zwischen den Verfilmungen Der Hobbit und Der Herr der Ringe aufzubauen.

Als Peter Jackson nach Guillermo del Toros Ausscheiden doch wieder die Regie übernahm, kündigte er an, dem Stil seiner Herr der Ringe-Filme treu zu bleiben. Sein bisheriger Erfolg gibt ihm dazu natürlich Recht. So besticht die Der Hobbit-Reihe wieder mit wunderschönen Landschaftsaufnahmen von Bergkulissen, düsteren Wäldern und weiten Feldern. Detailverliebt, verspielt und verschnörkelt mit vielen Brücken und Wasserfällen wie das Bruchtal aus Teil 1 sind die Wohnstätten der Elben gestaltet. Besonders fällt als Kulisse die venedigartige Seestadt Thal ins Auge. Dies alles hat man auf der Kinoleinwand zwar schon einmal gesehen, beeindruckend ist es jedoch allemal. Leider geht aber auch Peter Jackson mit der Zeit und nutzt so natürlich die vielseitigen Möglichkeiten des CGI, welche manchmal jedoch eher billig und plump wirken und ein wenig Atmosphäre kosten.

Was die Der Hobbit-Filme nicht schaffen, und wohl auch gar nicht versuchen, ist es aus der bekannten Storyline auszubrechen. Die Gruppe wandert erneut, kämpft, wird gefangen genommen, muss ausbrechen, abermals kämpfen und weitere Strecken wandern – ein unendlichen Kreislauf wie es scheint. Ihren Humor verlieren die kleinen Helden trotz aller Gefahren jedoch nicht. Vor allem die grimmigen Mimiken und derben Sprüchen der Zwerge, die an Gimli aus Der Herr der Ringe erinnern, sorgen für viele Schmunzler. Darsteller Martin Freeman ist nach wie vor herzallerliebst in der Rolle des mutigen Bilbo. Seine Entwicklung vom verängstigten Hobbit zum entschlossenen und besessenen Ringverfächter, welcher immer mehr der Macht des einen Ringes verfällt wie einst Gollum, welchen man in Teil 2 ebenfalls vermisst, wird überragend gespielt.

Etwas störend ist die Tatsache, dass die Monster aus Mittelerde durchweg sprechen können. So passend und originalgetreu es auch ist, dass Sherlock-Star Benedict Cumberbatch dem Drachen Smaug seine geniale Stimme leiht, nimmt dies dem Monster das Furchtbare und Gruselige seines Wesens. Dass der Drache gefühlte Ewigkeiten redet, anstatt den kleinen Hobbit gleich zu fressen, ist schlichtweg überflüssig und unrealistisch, ebenso die sprechenden Spinnen, welche durch ihre Dialoge ihre Chance auf ein saftiges Mahl verlieren.

Das Ende von Smaugs Einöde fällt diesmal sehr abrupt aus und lässt die wohl einjährige Wartezeit bis zum dritten und letzten Teil weniger erträglich erscheinen als noch zwischen den ersten Teilen. Für viele Romanfans ist die Dreiteilung der vergleichsweise kurzen Vorlage Der kleine Hobbit für die Kinoleinwand unnötig, doch Peter Jackson verfolgt eine vollständige Realisierung seiner Vision der tolkinschen Welt. Und so freut es, dass auch die eingebauten Zeitfüller überzeugen und Fans von Herr der Ringe und Der Hobbit – Eine unerwartete Reise werden nicht enttäuscht und können den neuen Teil gebannt verfolgen.

Natürlich sind auch Peter Jacksons Kapazitäten irgendwann erschöpft. Er bietet den Zuschauern Story- und Filmtechnisch nichts Neues, auch kann er sich nicht annähernd mit den großartigen Der Herr der Ringe-Filmen messen. Dennoch zeigt er mit dieser Fortsetzung wieder einmal sein Können und seinen Enthusiasmus für die Werke von J. R. R. Tolkien und zudem, dass seine Der Herr der Ringe-Trilogie einst nicht grundlos zahlreiche Oscars gewann. Die Der Hobbit-Reihe knüpft an bekannte und erfolgreiche Raster an und nimmt die Kinobesucher zwar nicht mehr mit auf eine unerwartete, aber weiterhin beeindruckende Reise.

Cast & Crew

Regie: Peter Jackson
Drehbuch: Philippa Boyens, Fran Walsh, Peter Jackson
Musik: Howard Shore
Darsteller: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage, Luke Evans, Evangeline Lilly, Orlando Bloom, Stephen Fry, Lee Pace, Aidan Turner

Bewertung

Trailer

Informationen
Der Hobbit - Smaugs Einöde | 12. Dezember 2013 (Deutschland) 7.8

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1 Kommentar(e)

Lars B. 6. Februar 2014 - 01:08
Sehr gut geschrieben und ich gebe dir in allen Punkten natürlich Recht! Die CGI Effekte sind manchmal schon störend, besonders wenn Legolas im Kampfe umherspringt und er wie ein Gummimann äußerst unnatürlich aussieht. Zuletzt habe ich sowas im zweiten Matrox Film mit Keanu Reeves gesehen, dessen CGI Stuntdouble hatte eine ähnliche Befremdlichkeit.
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