In Europa tobt der 2. Weltkrieg und mit jedem Tag wächst die Zahl der Opfer. Inmitten der Kriegswirren landet ein kleiner Stoßtrupp der alliierten Truppen an der Küste der Normandie.
Bereits kurze Zeit nach ihrer Ankunft geraten sie in einen Schusswechsel mit einer deutschen Einheit und einzig der geistliche Dolmetscher Jones überlebt die Attacke, da sich dieser im Angesicht des Todes auf feige Weise tot stellt und seinen Trupp im Stich lässt.
Verfolgt von den Gesichtern seiner Kameraden und zermürbt vom elenden Krieg zieht er sich in die trügerische Sicherheit der französischen Wälder zurück, wo er jedoch langsam von seinen Schuldgefühlen aufgefressen wird.
Auch abseits der Schlachtfelder wird Jones nicht von den Folgen des Krieges verschont. Immer wieder kreuzen Soldaten sein Exil und erinnern ihn an den herrschenden Schrecken. Diese Begegnungen bringen ihn an den Rande der Verzweiflung und an den Abgrund seines Lebens.
Mit dem 2.Weltkriegs Kurzfilm Cruelty aus dem Jahr 2013 gab der Filmschaffende Tim Gerrit Augurzke sein Regiedebüt. Sein 32-minütiges Werk erzählt von dem einzelnen Schicksal eines gestrandeten Soldaten, der in den Wirren des Krieges mit Verlust, Trauer und Hass zu kämpfen hat.
In der Hauptrolle des Dolmetschers Jones begegnet uns dabei Schauspieler Chris Nachtigall, der einen vom Krieg gezeichneten Dolmetscher der alliierten Truppen darstellt, welcher schweigsam sein Dasein fristet und langsam im Chaos Europas seinen Lebenswillen verliert. In Episoden verfolgen wir als Zuschauer seine Taten und Entscheidungen in den Wirren des Krieges und erhalten düstere Einblick in seine kalte Isolation, welche von Zeit zu Zeit durch feindliche Störenfriede zerstört wird.
In weiteren Rollen treffen wir unter anderem auf Marc Bluhm, Joachim Assfalg, Martin Geuer, Tobias Bamborschke und Mandy Neukirchner, welche jedoch lediglich als Beiwerk dienen und der Geschichte von Jones den nötigen Rahmen bilden.
Durch die Einsamkeit abseits der Schlachtfelder hüllt sich Cruelty überwiegend in Schweigen und nur selten wird die nachdenkliche Stimmung durch Dialoge unterbrochen. Ebenso marginal ist der Einsatz von Musik im Film, welche nur wirklich in emotionalen Wendepunkten aufgegriffen wird. Auch wenn durch diese Ruhe die Verlorenheit des Protagonisten zum Ausdruck gebracht wird, fühlt man sich als Zuschauer immer wieder etwas im Stich gelassen und wartet mit jedem Atemzug auf ein Wort des einsamen Soldaten.
Bei der Handlung verlässt sich Cruelty auf ein in deutschen Filmen oft genutztes Thema: Der 2. Weltkrieg. Glücklicherweise stehen dieses Mal nicht die zahlreichen Verbrechen im Vordergrund, sondern man fokussiert sich gekonnt auf ein Einzelschicksal.
Wir begleitet Jones über einen längeren Zeitraum und bekommen immer wieder einen Einblick in seine selbstauferlegte Verbannung. Durch die einzelnen Episoden, in welchen die zeitlich unterschiedlichen Geschichten fortgeführt werden, bringt man leider immer wieder etwas die Zusammenhänge durcheinander. Eine zweite Ansicht des Werks ist also zu empfehlen, um auch wirklich die kompletten Zusammenhänge verstehen zu können. Auf jeden Fall verdeutlichen diese unregelmäßigen Zeitsprünge die Separation des Protagonisten, welcher durch den tiefen Schnee stapft und durch die gründe Landschaft, immer wieder durch seine blutigen Erinnerungen unterbrochen, zieht.
Wie der Titel Cruelty schon verrät, gibt es im Film keine Gefangenen. Realistisch und ohne Ausnahme zeigt das Werk die kalte Brutalität des Krieges und den Verfall eines Menschen. Die Auswirkungen des Krieges reichen selbst bis ins Dickicht der französischen Wälder und der Überlebenswille ist stärker als menschliches Mitgefühl.
Optisch ist der Film durchgehend überzeugend. Neben den aufwendigen Kostümen und Requisiten sind es vor allem die schönen Bilder von Kameramann John Bauer, welche immer wieder die Aufmerksamkeit des Publikums einfangen können.
Trotz einiger Schwächen in der Geschichte und einem doch etwas offensichtlichem Ende ist Cruelty ein gelungener Erstling von Regisseur Tim Gerrit Augurzke. Mit ruhigen und emotionalen Bildern wird dem Zuschauer ein zwischenmenschliches Werk präsentiert, das in den Wirren des Krieges die Hoffnung und den Niedergang eines Individuums einfängt. Ein Einzelschicksal, welches nur symbolhaft für all das Leiden im 2. Weltkrieg steht.