Der Geschmack von Apfelkernen (2013) | Filmkritik

Der Geschmack von Apfelkernen

Als die Großmutter der 28-jährigen Iris (Hannah Herzsprung) stirbt, erbt diese das Haus der Familie. Doch Iris ist sich nicht sicher, ob sie das Erbe antreten soll: zu viele schmerzliche Erinnerungen wohnen in dem Domizil, in dem sie einst ihre Kindheit verbrachte. Sie bleibt zunächst eine Woche, streift von Zimmer zu Zimmer, auf der Suche nach Erinnerungen. Sie durchwandert den verwunschenen, inzwischen verwilderten Garten, in dem rote Johannisbeeren über Nacht weiß geworden sind und in dem ein Apfelbaum in einem Jahr zweimal blühte.

Während ihrem einwöchigen Aufenthalt in dem Haus trifft Iris auf alte Bekannte und Freunde aus ihrer Kindheit, die sie daran erinnern, wie glücklich und unglücklich sie war. Sie erfährt nie geglaubte Begebenheiten, die über Jahrzehnte verborgen blieben und nun Rätsel um die gesamte Familie bündeln.

Ihre Großmutter Bertha (Hildegard Schmahl) erkannte am Ende nicht einmal mehr ihre drei Töchter wieder: Die bildschöne Inga (Marie Bäumer), die als Fotografin arbeitet und niemals geheiratet hat, Iris‘ Mutter Christa (Oda Thormeyer), die als einzige die Welt im Norden für die im Süden eintauschte, und Harriet (Meret Becker), die den frühen Tod ihrer Tochter Rosmarie nie überwunden hat.

Auch die neu aufkeimende Beziehung zu ihrem Kinderfreund Max (Florian Stetter) erschwert ihre Entscheidung, das Haus zu behalten oder zu verkaufen. Je enger Iris‘ Beziehung zu ihm wird, umso mehr traut sie sich an ihre eigenen, verdrängten Erinnerungen heran. Schließlich gelangt sie zu jener traumatischen Nacht, in der ihre Cousine Rosmarie einen tödlichen Unfall hatte. Und mehr und mehr stellt sie sich die Frage: „Werden nur Menschen vergesslich, die etwas zu vergessen haben?“

Der Geschmack von Apfelkernen erzählt die bewegende Geschichte von starken Frauen über drei Generationen hinweg. Das Leben von Iris Familienmitgliedern ist geprägt von schicksalshaften Wendungen aber auch zahlreichen Wundern.

Während Protagonistin Iris durch das Haus von Großmutter Bertha streift, kommen die vielen miteinander verknüpften und teilweise sehr schmerzvollen Erinnerungen zum Vorschein. Mosaikartig und nicht chronologisch wird die Geschichte erzählt, denn ihre Erinnerungen gehen in verschiedene Zeitepochen zurück. Immer wieder werden die Schicksale der Generationen miteinander verknüpft, Szenen von Heute gehen in Erinnerungen an Schlüsselmomente der Vergangenheit über und eröffnen so die verschiedenen Perspektiven der einzelnen Frauen. Die Erzählweise versteht es den Zuschauer zu fesseln und gespannt ein Puzzleteil ans andere zu setzen ohne dabei zu verwirren.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Romandebüt von Katharina Hagenas, das bislang 1,25 Millionen Mal verkauft wurde und nach seinem Erscheinen 2008 monatelang auf den Bestsellerlisten stand. Die Wahl der Regisseurin fiel auf Vivian Naefe (Die wilden Hühner), die den Film mit atmosphärisch stimmigen Bildern schmückt. Fast schon magisch wirken einzelne Aufnahmen, wie die des Johannisbeerstrauchs, dessen Früchte sich vor Trauer weiß verfärben.

Aber was wären magische Bilder ohne Romantik. Gleich mehrere Liebesgeschichten erzählt der Film über alle Generationen hinweg. Natürlich kommen da Intrigen, Eifersucht und Herzschmerz nicht zu kurz. Im Zentrum steht die Liebesgeschichte von Iris und Max, die jedoch zeitweise etwas hölzern wirkt und den Zuschauer relativ unberührt lässt. Die drei Töchter von Bertha bieten dazu einen erfrischenden Kontrast: Die bodenständige Christa hat Mann und Kind (Iris), die unabhängige Inga ist ewiger Single und verliebt sich in einen jüngeren Mann und die nachdenkliche Harriet trauert auch 13 Jahre später um ihre verlorene Tochter Rosmarie.

Die hochkarätigen Darsteller hauchen den Romanfiguren Leben ein. Ob Marie Bäumer, Meret Becker oder eine umwerfende Paula Beer als Rosmarie – sie alle sind Teil eines starken Familienepos und erzählen eine außergewöhnliche Familiengeschichte. Für Hannah Herzsprung (Hell) scheint die Rolle auf dem Leib geschneidert zu sein, wunderbar mimt sie die leicht naive Iris auf der Suche nach sich und dem Verborgenen.

Mit den mehr als zwei Stunden hat Der Geschmack von Apfelkernen jedoch einige Längen zu viel. Gespannt fiebert man als Zuschauer dem dramatischen Höhepunkt der Geschichte entgegen, der einen mitunter etwas unbefriedigt zurücklässt. Wenn auch einige Rätsel ungelöst bleiben werden, an opulenten Bildern und magischer Stimmung fehlt es dieser Romanverfilmung nicht.

Regie: Vivian Naefe
Drehbuch: Rochus Hahn, Uschi Reich
Musik: Sebastian Pille
Darsteller: Hannah Herzsprung, Florian Stetter, Marie Bäumer, Meret Becker, Hildegard Schmahl, Matthias Habich, Oda Thormeyer

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1 Kommentar(e)

Dori 21. Oktober 2013 - 16:56
Ich habe das Buch gelesen und war total begeistert. Ich bin auf die Verfilmung gespannt. Danke fürs erinnern :) Kennst Du eigentlich den neuen Blogger-System Anbieter qwer com ? Ich würde mich sehr übereine Antwort auch per Email von Dir freuen und viel Erfolg mit Deinem Blog.
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