Eigentlich ist Clary (Lily Collins) ein ganz normales Mädchen, das mit ihrer Mutter (Leyna Headey) in einer ganz normalen Großstadt lebt. Eines Abends, unterwegs mit ihrem besten Freund Simon (Robert Sheehan), geschieht direkt vor ihren Augen ein eiskalter Mord – den allerdings scheinbar nur sie sehen kann.
Der geheimnisvolle Täter, dessen Körper mit seltsamen Zeichen bedeckt ist, findet sie und stellt sie zur Rede. Als sei dies nicht merkwürdig genug, erhält sie einen panischen Anruf ihrer Mutter: Sie darf auf keinen Fall nach Hause kommen.
Sie schlägt die Warnung in den Wind und findet eine verwüstete, verlassene Wohnung vor. Von ihrer Mutter keine Spur. Von dem tätowierten Fremden (Jamie Campbell Bower), der sich als Jace vorstellt, erfährt sie, dass ihre Mutter, wie auch er, zu der Gesellschaft der Schattenjäger gehört. Ein Geheimbund, der sich der Jagd auf Dämonen verschworen hat. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Clarys Mutter und nach Antworten auf die vielen Geheimnisse, die dabei ans Licht kommen.
Chroniken der Unterwelt – City of Bones (Originaltitel: The Mortal Instruments: City of Bones) folgt dem aktuellen Trend der Fantasyjugendfilme. Regie führte Harald Zwart (Karate Kid), das Drehbuch stammt vom Neuling Jessica Postigo und als Produzenten sind Robert Kulzer (Resident Evil, Die drei Musketiere) und Don Carmody (Lucky # Slevin, The Orphan) zu nennen. Die Buchverfilmung, basierend auf dem Werk von Cassandra Clare, umfasst den ersten Band der Chroniken der Unterwelt.
Ob dieses wachsende Untergenre des Fantasy nun ein Fluch oder ein Segen ist, sei einfach mal ignoriert. Viel wichtiger ist, dass dabei eine Vergleichbarkeit entsteht, die am Anfang bei Twilight einfach so noch nicht gegeben war. So oder so scheint diese Sparte aber eine sehr lukrative zu sein. Schon Beautiful Creatures konnte mit Namen wie Jeremy Irons oder Emma Thompson beeindrucken. Die Tribute von Panem haben Namen wie Woody Harrelson, Donald Sutherland, Stanley Tucci und Philip Seymor Hoffman.
Nicht weniger namenhaft ist City of Bones besetzt. Lily Colins, Jamie Campbell Bower, Lena Headey, Jared Harris, Jonathan Rhys Meyers, Kevin Zegers – Und Elyas M’Barek, wie ich dann im Abspann lesen durfte.
Lily Collins spielt angenehm unaufdringlich, wenn auch nicht herausragend. Jamie Campbell Bower scheint Punkte zu sammeln. Seinen hochnotpeinlichen Auftritt in der Twilight-Saga kann er damit annehmbar wieder gut machen, auch seinen schwerst nervigen Part aus Sweeney Todd („Joaaaaaaannaaaaa“) kann ich ihm verzeihen. Er überzeugt mich aber nicht restlos, denn zwar sind seine „direkten Momente“ überzeugend, doch für den starken und selbstbewussten Krieger reicht es an einigen Stellen dann doch nicht.
Lena Headey. Seit Cersei Lannister (Game of Thrones) spaltet diese Frau die Nationen. Diejenigen, denen Game of Thrones nur ungefähr etwas sagt, die damit vielleicht auch rein gar nichts anfangen können, werden sie einfach nur sehen und wahrnehmen. Da mir Game of Thrones aber sehr wohl bekannt ist – und ich nicht in der Lage bin, richtig zu differenzieren – ist Lena Headey auf der Leinwand eine wirkliche Herausforderung geworden. Da kann sie die beste Mutter der Welt verkörpern, doch diese Stimme aus dem Hinterkopf ist schwer zum Schweigen zu bringen: „SIE LÜGT!“ oder auch „JA! Zeig’s der [weibliche Beschimpfung einsetzen], sie hat es verdient!“
Nicht sonderlich gelungen ist die deutsche Synchronisation. Vor allem bei den jungen Männern fällt auf, dass der Nachwuchs in den Tonstudios zunehmend talentfreier wird. Das wird besonders deutlich, wenn die Figuren Jace und Alec sich unterhalten. Oder vielleicht sollte man eher sagen: Sich gegenseitig anbellen. Denn man hat schon Jungspunde auf dem Fußballplatz gehört, die nach dem Match stimmlich eleganter klangen als das, was für diesen Film abgemischt wurde. Schon allein des britischen Akzentes wegen, klingt Jamie Campbell Bower im englischen Original wesentlich angenehmer.
Nun zu dem wichtigsten Teil, der Story. Es ist eine Frage der Erwartungshaltung und der Voraussetzungen, die man bei diesem Genre mitbringt. Wo liegen die Schwerpunkte? Kenne ich die Bücher?
Tempo und Action wird bei diesem Film vermutlich keiner vermissen. Die Ereignisse knallen nacheinander wie eine Raketenbatterie zu Silvester, eine Verschnaufpause gibt es kaum. Gezeigt werden sehr viele, verschiedene Sets, sehr viele Kreaturen, Aspekte, Charaktere. Dadurch ist der Film recht kurzweilig, denn die zwei Stunden und 10 Minuten sind prall gefüllt.
Durch diesen actionlastigen Schwerpunkt entstehen aber an anderer Stelle Defizite. Wird eine Geschichte in einer Welt platziert, die anders funktioniert als unsere, dann muss ab und an eine Erklärung folgen. Ob nun vor oder nach einzelnen Geschehnissen ist unwichtig, aber sie muss erfolgen, damit die Zusammenhänge und Entwicklungen logisch bleiben.
An diesem Punkt entscheidet sich gerade bei Buchverfilmung, ob die Adaption funktioniert oder nicht. Leider geizt Chroniken der Unterwelt – City Of Bones mit Erklärungen. Für den Leser des Buches werden viele Zusammenhänge klarer sein, als für den „ahnungslosen“ Kinobesucher. Gerade bei einer Story, die so viel Hintergrundgeschichte durchscheinen lässt, ist der Mangel an Aufklärung enttäuschend. Dabei ist es nicht einmal schlimm, dass die Haupthandlung nicht völlig abgeschlossen ist, denn immerhin ist auch die Vorlage ein Mehrteiler.
Es sind die „innerpolitischen“ Verbindungen, die im Dunkeln verweilen. Welche Beziehung pflegen die Schattenjäger zu welcher Art von Wesen und warum? Underworld zum Beispiel nimmt sich am Anfang des Filmes die Zeit, diese Aspekte zu beleuchten. Was sind das für Waffen, mit denen Jace da kämpft? Was bedeuten nun welche Runen genau, warum bereitet es Schmerzen, sich mit Runen zu schmücken und was sind das überhaupt für Werkzeuge, mit denen man diese Runen erstellt?
Wem solche kausalen Verbindungen egal sind, der wird mit diesem Film garantiert seinen Spaß haben. Ansonsten ist Chroniken der Unterwelt – City Of Bones ohne Kenntnis des Buches eine sehr „unrunde“ Geschichte. Unterhaltsam zwar, aber doch irgendwie wie eine Party, auf der man niemanden kennt und sich alle nur Insiderwitze erzählen.
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