The Purge – Die Säuberung (2013) | Filmkritik

The Purge - Die Säuberung

2022. Im Amerika einer nahen Zukunft ist die Verbrecher- und Mordrate so tief wie noch nie. Grund dafür ist eine radikale Maßnahme der Regierung: Mit dem sogenannten Purge-Day wird einmal im Jahr eine 12-Stunden-Frist eingeräumt, in der jedes Verbrechen, inklusive Diebstahl und Mord, legal und straffrei ist.

Innerhalb dieser zwölf Stunden kann die Polizei nicht erreicht werden und die Krankenhäuser verweigern jede Hilfe. Dies soll allen Menschen die Möglichkeit geben ihre angestauten Aggressionen zu lösen, um den Rest des Jahres friedlich zu leben.

James Sandin (Ethan Hawke) und seine Frau Mary (Lena Headey) führen mit ihren Kindern ein beschauliches Vorstadtleben. Ihr einziges Ziel in besagter Nacht ist unbeschadet zu bleiben. Sorgen mussten sie sich bisher auch nicht machen, denn James ist ein Spezialist für Sicherheitssysteme. Sein Haus ist demnach bestens gegen Eindringlinge gesichert.

Als die Stunde des Purge-Days beginnt scheint alles ruhig. Doch man sollte aufpassen mit wem man sich einschließt. Denn nicht nur der ungebetene Freund der Tochter Zoey (Adelaine Kane) stellt in den Augen der Eltern ein Ärgernis dar, sondern auch ein um Hilfe rufender Fremder, der von Sohn Charlie (Max Burkholder) ins Haus gelassen wird.

Von da an gerät die bedrohliche Situation außer Kontrolle: Eine Gruppe maskierter Männer und Frauen bedrohen James und seine Familie, denn sie wollen den Fremden unbedingt in ihre Gewalt bringen. Sie sind in ihrem Haus nicht mehr sicher und es scheint unmöglich zu sein, die Nacht zu überstehen ohne selbst zu Tätern zu werden…

Die Aussichten für das zukünftige Amerika sind in The Purge – Die Säuberung mehr als düster: Einmal im Jahr für eine Nacht lang bestimmen die Bürger ihre eigenen Regeln, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Der Low-Budget-Hit ist nach Das Ende – Assault on Precinct 13 die zweite Zusammenarbeit zwischen Regisseur James DeMonaco und Ethan Hawke. Produzent Jason Blum (Paranormal Activity) hat ebenfalls mit Ethan Hawke bereits den Horrorfilm Sinister produziert. Die Arbeiten verliefen demnach auf vertrauter Basis.

In der abstrusen Ausgangssituation schaut Amerika stolz auf eine geringe Arbeitslosenquote sowie enorm niedrige Zahlen an Morden und Verbrechen. Darüber, dass sich in einer Nacht die Straßen blutrot färben und regelrecht Massenmorde begangen werden, wird getrost ein Auge zugedrückt. Zuschauer mit der Erwartung, dass die Bürger den Jahrestag verabscheuen und Todesängste leiden, werden überrascht, denn das Ereignis wird regelrecht zelebriert. Munter diskutiert man im Radio darüber, an wem – ob Chef, Frau oder Nachbar – in diesem Jahr der Frust ausgelassen wird.

Alle Gräueltaten sind zu Gunsten von Wirtschaft und Staat für einen halben Tag legal. Denn bei der Säuberung werden nicht vorrangig die Reichen von den Armen beraubt und getötet, sondern Obdachlose, Kranke und Alte sind das Hauptziel der Gewalttaten – Menschen, die dem Staat zur Last fallen. Schrecklich makaber ist in dem Zusammenhang die Bezeichnung „Säuberung“.

Im Film können wir nun einen dieser Purge-Days mitverfolgen. Jeder, der es sich leisten kann, verschanzt sich mit Hilfe modernster Technik in seinen eigenen vier Wänden. Doch nicht einmal diese sind sicher…

Freunde von Home-Invasion-Horror wie The Strangers kommen mit The Purge voll auf ihre Kosten. Ethan Hawke und Lena Headey sitzen in ihrem eigenen Haus in der Falle. Regisseur und Drehbuchautor James DeMonaco inszeniert mit The Purge – Die Säuberung einen spannungsgeladenen und ausweglosen Survival-Thriller.

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Wer sich rein an der filmischen Darstellung orientiert muss selbst entscheiden, ob er an dem blutigen Kampf ums Überleben Spaß hat. Natürlich werden altbewährte Logiklücken und unsinnige Dialoge dem Kinobesucher nicht erspart bleiben. Und auch die Masken der Darsteller sind mehr überflüssig als furchterregend. Raffiniert eingesetzte Schockmomente, eine spannende Kameraführung durch Jacques Jouffret (Wo die wilden Kerle wohnen) und die ironisch angehauchte musikalische Untermalung schaffen jedoch schweißtreibende Momente. Hier scheuen sich auch weibliche Protagonisten nicht davor die Pistole abzudrücken oder das Messer zu schwingen, wenn der Eindringling damit zur Strecke gebracht werden kann. Warum auch – Mord und Totschlag gehören in dieser Gesellschaft ja zur Normalität.

Wer sich gedanklich aber mehr mit den Hintergründen zum Purge-Day auseinandersetzt, den wird der Film unbefriedigt lassen. Im Zentrum der Story steht die Familie Sandin, welche selbst nicht das Bedürfnis nach Mord verspürt, sondern die Nacht nur unbeschadet überstehen möchte. Ihr gegenüber steht eine Gruppe maskierter Menschen, die Spaß am Töten haben und keine Kompromisse kennen. Die Story hätte durchaus – wenn nicht sogar besser – auch ohne den Hintergrund der Säuberung funktioniert. Der Film bräuchte keinen Purge-Day als Anlass, dass eine Gruppe gruselig aussehender Menschen das Leben einer wohlhabenden Familie in ihrem eigenen Haus bedroht. Da die Nacht ohne Regeln aber nunmal Ausgangspunkt der Story ist, ergeben sich den ganzen Film lang Fragen über Fragen, welche den Zuschauer von den eigentlichen Schockmomenten ablenken.

Einige TV Spots zu Beginn beleuchten die Beweggründe der Regierung für die Maßnahme zwar kritisch, doch über den Tag der Einführung, mögliche Widerstandsgruppen oder den bloßen Willen den Purge-Day wieder abzuschaffen, erfährt man nichts. Erschreckend ist zudem, wie der Staat zur Teilnahme animiert und das Abschlachten von Menschen als Wohl von Bevölkerung und Staat betrachtet. Bürger wie die Sandins werden so manipuliert, dass sie versuchen das Positive an der Sache zu sehen.

Die Idee an sich hat großes Potential, welches in diesen 85 Minuten aber nicht ansatzweise ausgeschöpft wird, sondern in einer mittelmäßigen Umsetzung verwirklicht wird. Wo verstecken sich Menschen, die sich kein Schutzsystem leisten können? Wie wertet die Regierung den Purge-Day aus? Wie verändert sich die Akzeptanz der Maßnahme, sofern Menschen einen Nahestehenden verlieren? Dies sind drei von zahlreichen Fragen, die der Film unbeantwortet lässt.

In James DeMonacos The Purge wird eine Familie in düsterer Atmosphäre vor die Wahl gestellt, was richtig oder falsch ist. Die abgedrehte und interessante Story gibt Impulse für weitere Verfilmungen, die den Zustand der Anarchie aus anderen Perspektiven darstellt und genannte Fragen fokussiert.

Die beängstigende Zukunftsvision auf Grundlage unserer verdorbenen Gesellschaft schockt, beeindruckt und verstört zugleich. Auf Entfaltung über die Häuserwände hinaus wartet man jedoch vergebens.

Regie: James DeMonaco
Drehbuch: James DeMonaco
Musik: Nathan Whitehead
Darsteller: Ethan Hawke, Lena Headey, Adelaide Kane, Max Burkholder, Edwin Hodge, Tony Oller

Handlung:

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