Bühne frei für „The Four Horsemen“. Die Entfesselungskünstlerin Henley Reeves (Isla Fisher), Taschenspieler Jack Wilder (Dave Franco), Illusionist Michael Atlas (Jesse Eisenberg) und Mentalist Merritt Osbourne (Woody Harrelson) bieten eine Show, die sämtlichen physikalischen Gesetzen in den Hintern tritt und dazu an Dreistigkeit kaum zu überbieten ist: „Lasst uns eine Bank ausrauben!“ Aber nicht in Las Vegas, wo die vier auf der Bühne stehen, sondern in Paris, Frankreich.
Was zunächst nach einem gut geplanten Teleportationstrick aussieht, entpuppt sich als bitterer Ernst, als in dieser entsprechenden Bank tatsächlich eine große Summe Geld fehlt. Zu FBI-Agent Dylan Rhodes‘ (Marc Ruffalo) Unmut schickt Interpol eine Agentin, Alma Dray (Mélanie Laurent), die ihn bei der Untersuchung unterstützen soll.
Doch wie soll man vier Menschen, die die Showbühne zur Tatzeit vor fast tausenden Augenzeugen nachweislich nicht verlassen haben, einen Bankraub nachweisen? Wie verwertbar sind Zeugenaussagen, die die Illusion aus tiefstem Herzen als Wahrheit beschreiben?
Doch nicht nur die Umstände der blitzartigen Karriere der vier „Reiter“, die wie aus dem Nichts auftauchten, erscheinen mysteriös. Welche Rolle spielt der Multimillionär Arthur Tressler (Michael Caine) bei diesem abgekarteten Spiel? Auch der Skeptiker Thaddeus Bradley (Morgan Freeman), der auf die Enthüllung magischer Tricks und damit einhergehende Bloßstellung der Künstler spezialisiert ist, scheint mehr zu wissen, als er zugeben will.
Schauspielerisch hat der Trick funktioniert, was zweifelsohne auch auf die grandiose Einführung der Charakter zurückzuführen ist. Dazu aber später mehr. Jesse Eisenberg als frauenliebender, kontrollsüchtiger Illusionist mit Ehrgeiz scheint optisch wie verwandelt. Ob es einfach daran liegt, dass seine Lockenpracht gebändigt wurde oder ob er gefühlte 15 Kilo abgenommen hat, ich kann mich nicht festlegen.
Schauspielerin Isla Fisher ist einfach umwerfend, sprüht vor Charisma und spielt ihre Kollegen damit aber trotzdem nicht an die Wand. Der Spitzbubencharm von Dave Franco (der seinem berühmten Bruder James in nichts nachsteht) komplettiert und bereichert das Quartett von Die Unfassbaren – Now You See Me (Originaltitel: Now You See Me) ebenso wie Woody Harrelson. Dessen charmant-direktes Spiel lässt den Beruf des Schauspielers und darin die Rolle des Mentalisten so einfach aussehen, wie atmen und schlafen. Also eine Rolle, von der man behaupten möchte, sie sei ihm auf den Leib geschneidert.
Mélanie Laurent verdient großes Lob. Ihre Alma Dray ist seit langem eine der ersten weiblichen Nebenrollen in einem Ermittlerduo, die mir nicht völlig auf die Nerven geht. Sie versucht weder die taffe Kampfamazone zu markieren (Hallo, Michelle Rodriguez) noch übersexualisiert oder übertrieben kaltherzig das Bondgirl zu mimen, was ich nach dem ganzen Mist an weiblichen Karikaturen, die in letzten Jahren da teilweise über die Bildschirme flimmerten, wirklich erfrischend finde.
Hinter der Kamera standen Menschen deren Handschrift in diesem Film unübersehbar ist. Dass sich Regisseur Louis Leterrier hier auf sicherem und bekanntem Boden bewegte, wird besonders deutlich, wenn man an Transporter zurückdenkt. Auch die Optik wird vielen in kürzester Zeit vertraut erscheinen. Kein Wunder, so verliehen die Produzenten Alex Kurtzman und Roberto Orci auch schon den neuen Star Trek Verfilmungen diesen unverkennbaren, edel futuristischen Hochglanzlook.
Aber was ist nun über den Film an sich zu sagen?
Das Problem im Verlauf sind hier wahrscheinlich die Vorbilder, im schlimmsten Fall auch nur in meinem Kopf. Stehen sich die Genres gegenseitig im Weg? Das Heist-Movie auf der einen Seite, bei dem zunächst eine akribische Planungsphase startet, woraufhin die meisterliche Durchführung samt kleiner Überraschungen für den Zuschauer folgt. Auf der anderen der Magierfilm, der sich durchgängig wie ein Zaubertrick präsentiert, unauffindbare Brotkrumen sät und am Ende den Verstand des Zuschauers brachial zerschreddert.
Ein Crossover also, das allein beim Handlungsaufbau enorme Herausforderungen birgt. Wenn dann bei den klassischen Magierelementen auf einmal die Herangehensweise eines Heist-Movies/ Ermittlungsfilms angewandt wird, ist es unerlässlich gleichzeitig spannungstechnische Gegenpole zu liefern. Bei antiklimaktischer Show und Effekthascherei muss inhaltlich proportional dagegengehalten werden.
Das passiert mir hier aber nicht stark genug. Ein ganz ähnliches Problem wie das, auf das ich hinaus will, hatte schon Sherlock Holmes – Spiel im Schatten mit seinem Moriarty. Ein geheimnisvoller und vor allem respekteinflössender Strippenzieher im Hintergrund funktioniert leider nicht gut, in dem man einfach einen mysteriösen dritten Mann einplant, kurz erwähnt und dann auf Eigendynamik hofft.
Gerade der Anfang der Films ist einer der stärksten, die ich je gesehen habe. Die Einführung der Charaktere, ist akzentuiert, effizient und zeigt in aller Deutlichkeit, dass ein intelligentes Konzept seine Figuren vorstellen kann ohne dabei in ein halbes Biopic auszuufern oder die Handlung zu verlangsamen. Auf eine Dynamik muss hier nicht gewartet werden. Die ist präsent, sobald sich der Vorhang hebt, kann aber nicht unbedingt kontinuierlich gehalten werden.
Das Zauberwort (Schenkelklopfer) heißt hier ganz unmissverständlich: Fokus. Nach diesem sehr stark Einstieg scheint die Energie abzuflauen, der Fokus verschiebt sich in eine Richtung, die zunächst irritiert und dem Spannungsaufbau enorm zu stören scheint. Doch…
Sehen sie genau hin?
Ein Kansas City Shuffle ist, wenn alle Welt nach rechts guckt, während du links rum gehst.
Zwei Zitate, die dem ein oder anderen bekannt sein dürften. Nicht nur, dass The Prestige und Lucky Number Slevin jeweils mindestens einen bedeutenden Darsteller mit Die Unfassbaren teilen. Diese Filme vereint vor allem die Eigenheit, dass man sie mindestens zweimal schauen sollte. Das erste Mal, um sie zu sehen. Das zweite Mal, um sie wirklich zu sehen. Das Verständnis dieser Filme steht selbst dann noch nicht immer zur Debatte, dazu benötigt es mehr als nur zwei Durchgänge.
Die Unfassbaren nach einmaliger Sichtung endgültig zu bewerten, wäre daher nicht nur voreilig, sondern auch schlicht und ergreifend töricht. Es sind Filme wie diese, die nicht einfach wie ein Shot Tequila mit Zitrone und Salz hinuntergekippt werden für ein schnelles Vergnügen und einen kurzzeitigen Höhepunkt. Sie leben davon, zu reifen, zu atmen. Wie ein Rotwein, der frisch aus der Flasche auch anders schmeckt und erst im Dekanter sein volles Aroma entfalten kann.
Zusammenfassend lässt sich also folgendes sagen: Es ist weder ein zweites Prestige – Die Meister der Magie noch ein vollwertiger Ocean’s Eleven. Das mittlere Kind nebst zwei charakterstarken Geschwistern, das seine Existenzberechtigung in einem fetzigen Mix zwischen den Stühlen findet. Stark, jung, dynamisch und umwerfend gutaussehend, nicht perfekt aber auch nicht anbiedernd nacheifernd, sondern (zum Wohle aller) am besten so distanziert wie möglich von diesen Geschwistern zu betrachten.
Kommen Sie ganz nah ran. Denn je mehr Sie zu sehen glauben, desto einfacher ist es, Sie zu täuschen.
Regie: Louis Leterrier
Drehbuch: Ed Solomon, Boaz Yakin, Edward Ricourt
Musik: Brian Tyler
Schauspieler: Jesse Eisenberg, Mark Ruffalo, Woody Harrelson, Mélanie Laurent, Isla Fisher, Dave Franco, Michael Caine, Morgan Freeman
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