Hänsel und Gretel: Hexenjäger (2013) | Filmkritik

Hänsel und Gretel: Hexenjäger

Zu Beginn der Geschichte sehen wir wie die Geschwister Hänsel und Gretel von ihrem Vater im tiefen Wald ausgesetzt werden und am berüchtigten Pfefferkuchenhaus ankommen. Kurzum werden sie von einer Bösen Hexe gefangen genommen, welche die Kinder mästet und zu verspeisen plant. Gretel gelingt es gerade rechtzeitig, die Alte ins Feuer zu schubsen und sich und ihren Bruder zu retten. An dieser Stelle enden die Gemeinsamkeiten mit der Vorlage.

Einige Jahre später haben sich Hänsel (Jeremy Renner) und Gretel (Gemma Arterton) zu rachsüchtigen und weit bekannten Hexenjägern entwickelt. Sie ziehen durch die Lande, um den bösen Magierinnen mit allerlei splatterhaften Methoden den Garaus zu machen. In Augsburg wird das Geschwisterpaar schließlich vom Bürgermeister angeheuert, um elf Kinder ausfindig zu machen, die von Hexen verschleppt wurden.

Ihre Suche beginnt gegen den Willen des fiesen Amtsrichters (Peter Stormare), der meint die beiden wären für die Hexenplage in Augsburg verantwortlich. Schnell stellt sich heraus, dass hinter den ganzen Kindesentführungen ein grausiger Plan steht. Unter der Führung von Hexe Muriel (Famke Janssen) versucht eine ganze Hexengruppe unbeschreibliche Mächte zu erlangen. Zudem scheinen Hänsel und Gretel endlich Klarheit über ihre Vergangenheit zu erlangen.

Doch als Gretel dann von der grausamen Hexenbande entführt wird, liegt es an Hänsel, seine Schwester zu retten…

Die anhaltende Bedeutung der Grimmschen Märchen zeigt sich heute besonders in dem Trend, die Vorlagen radikal zu modernisieren. Zu sehen ist dies beispielsweise in den konkurrierenden Neuverfilmungen von Schneewittchen in Spieglein Spieglein und Snow White And The Huntsman sowie Red Riding Hood als Rotkäppchen-Abwandlung.

Von Erfolg gekrönt waren diese aufpeppenden Streifen bisher nicht. Doch Regisseur Tommy Wirkola haucht dem berüchtigten Märchen Hänsel und Gretel nun in einer 3D-Action-Metzelei neues Leben ein. Angesetzt wird dort, wo die Grimm-Geschichte endet: Nach einer knackigen Einführung in die Vorgeschichte geht es gleich ans Eingemachte.

Bewaffnet mit Kettensäge, Armbrust und Handfeuerwaffe machen sie ihre Legende zum Beruf. Frei nach dem Motto „Nur eine tote Hexe ist eine gute Hexe“ metzeln die Geschwister eine Furie nach der anderen auf brutale Weise nieder, wobei sie selber einiges abbekommen. Jeremy Renner (Das Bourne Vermächtnis, The Hurt Locker) und Ex-Bond-Girl Gemma Aterton (Prince of Persia) sind als Hänsel und Gretel bestens besetzt. Beide sind bereits actionerprobt und daher mit Stunt- und Kampfszenen vertraut. Während Hänsel seinem Job meist stoisch und mit grimmiger Miene nachgeht, hat Gretel als lederne Kriegerin die aktivere und auch verletzlichere Rolle.

Famke Janssen als böse Oberhexe und Peter Stormare als hinterhältiger Amtsrichter verleihen ihren Rollen die erforderliche Finsternis. Die kampfgepackten Szenen, die die Darsteller spielen und die platten Dialoge, die sie führen, lassen indes kaum Raum für die Entwicklung großer emotionaler Tiefe. Denn mit ausgereiften Charakterisierungen hält sich Wirkola nicht auf, ihm geht es eher um einprägsame Äußerlichkeiten als um ausgefeilte Psychologie. So sind die meisten Figuren rein funktional angelegt. Selbst die Protagonisten sind alles andere als komplex und die Rolle des Hexenjagd-Fans Ben wirkt gar überflüssig.

Der norwegische Regisseur drehte seinen Märchenfilm der etwas härteren Art in den Babelsberg-Studios nahe Berlin und schafft einen schrägen und schwarzhumorigen Abmurks-Spaß mit ordentlichem Blutzoll. Die zackig aufeinander folgenden Actionsequenzen bilden das Zentrum des Filmes. Da hier Körperteile genüsslich zerlegt oder zerquetscht werden, erreicht die Gewalt mühelos Splatterniveau. Die 3D-Effekte sind hervorragend und es gibt massenweise Pop-Outs. Neben martialischen Kampfszenen blitzen an manchen Stellen ab und an skurrile Humorelemente auf. Dadurch scheint bei aller Härte immer wieder ein ironisches Augenzwinkern durch und die Brutalität trifft in ihrer slapstick-haften Überspitzung nie ganz in die Magengegend.

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Zwischen soviel Kampfelementen verschaffen die romantischen Szenen zwischen Rotschopf Mina und Hänsel dem Zuschauer überdies etwas Zeit zum Luftholen vor dem nächsten Blutbad und der von Körperteilen übersäten Kulisse. Visuell bietet der Streifen neben seinen Actionszenen ansonsten zwar nicht viel Neues, liebevolle Details wie zum Beispiel in der Stadt Augsburg fallen jedoch ins Auge.

Wirkola ließ bereits in Dead Snow die Kettensägen kreisen um mürrische Zombies ins Jenseits zu befördern. Für Hänsel und Gretel: Hexenjäger nutzt er das stolze Budget von 60 Millionen Dollar, um alle Möglichkeiten von Stunts und harter Action in vergleichsweise kurzen 88 Minuten auszuschöpfen. Angelehnt ist das raue Märchen-Spektakel nur lose an die grimmsche Vorlage. Um den Anschluss an die Ursprungsstory nicht zu verfehlen, streuen die Drehbuchautoren im Schlussteil aber noch eine Storyvariation ein, die dem Film etwas von seiner durchaus genretypischen Klischeelastigkeit nimmt.

Allen Zweiflern zum Trotz legte der Film bei seiner Veröffentlichung einen ausgezeichneten Start hin. Dass die Figuren im Laufe der Geschichte nie zur vollen Entfaltung kommen, ist letztendlich ebenso nebensächlich wie die teilweise gewaltigen Logiklücken. Wer sich auf Hänsel und Gretel: Hexenjäger einlässt, kann einen actionreichen, witzigen, nicht um brutale Szenen verlegenen und gut besetzten Film erwarten. Für die einen ist er ein hirnloser Splatter-Quatsch, für die anderen ein grimmiger Spaß mit 3D-Daueraction. Alles in allem sollte man Hänsel und Gretel so betrachten, wie seine Macher: mit einem Augenzwinkern.

Regie: Tommy Wirkola
Drehbuch: Tommy Wirkola, Dante Harper
Musik: Atli Örvarsson
Schauspieler: Gemma Arterton, Jeremy Renner, Peter Stormare, Rainer Bock, Famke Janssen, Thomas Mann, Cedric Eich, Alea Sophia Boudodimos, Monique Ganderton

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